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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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nicht gerade nützte. Denn Lamar Gardiner war sicher eine solche »Autorität« gewesen.
    Romanowski schien seine Gedanken zu lesen, denn er senkte die Stimme, beugte sich vor, bis er nur noch einen halben Meter von Joe entfernt war, und sagte: »Vergessen Sie Lamar Gardiner. Er war ein Insekt und keinen Schlag mit der Fliegenklatsche wert. Aber vor Melinda Strickland müssen Sie sich hüten.«
    Joe neigte überrascht den Kopf zur Seite.
    »Warum?«

    »Sie ist wahnsinnig. Sie bedeutet echte Probleme.«
    »Kennen Sie sie denn?«, fragte Joe.
    Nate schüttelte den Kopf. »Das hab ich gespürt, als sie kam. Sie hat es geradezu ausgestrahlt. Und sie hat mich stark an meine frühere Vorgesetzte erinnert.«
    Joe seufzte. Einen Moment lang hatte Romanowskis Darstellung ihn gebannt.
    Nate hob die Hand. »Ich sage nicht, sie war meine frühere Vorgesetzte. Sie erinnert mich nur an sie. Sie brauchen ihr nur in die Augen zu schauen, um zu erkennen, dass diese Frau gewaltigen Ärger bedeutet. Und damit kenne ich mich aus«, fuhr Romanowski fort. Keine Spur von Lächeln lag mehr in seiner Miene. »Darum bin ich in Wyoming gelandet. Möglichst weit weg von dem ganzen Regierungsscheiß. Wie hätte ich ahnen sollen, dass ich schon wieder an jemanden von ihrer Kragenweite gerate?«
    »Wovon reden Sie da?«, fragte Joe und lehnte sich zurück, um wieder Abstand zu bekommen.
    Nates Blick wurde hart. »Täuschen Sie sich nicht, Joe – Melinda Strickland ist eine grausame Frau, die sich kein bisschen für andere interessiert, nur für sich. Mir war sofort klar, dass sie böse ist. Obwohl der schwachköpfige Hilfssheriff mir die Zähne eingeschlagen hat, ist er für mich nur ein Prolet. Er hat zwar was Fieses, aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was von Strickland ausgeht. Als sie mich ansah, wurde mir ganz anders.«
    »Wissen Sie, wer Gardiner umgebracht hat?«, unterbrach Joe Nates Monolog unvermittelt. Er merkte plötzlich, dass er sich bereits auf die Seite seines Gegenübers geschlagen hatte und Romanowski glaubte, obwohl er sich nicht sicher war, ob er ihm glauben wollte.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Aber den Details zufolge,
die ich gehört habe, war es wohl eine lokale Sache – vielleicht etwas Geschäftliches oder sogar Familiäres«, sagte Nate.
    Joe versuchte, darauf nicht zu reagieren, also nicht zuzugeben, dass Romanowski nur aussprach, was auch er schon gedacht hatte.
    »Der Mistkerl, der ihn umgebracht hat, ist noch immer da draußen«, sagte Nate. »Vielleicht kennen Sie ihn sogar.«
    Joe spürte, wie sich ihm der Magen zusammenzog. Erneut hatte er genau das Gleiche gedacht.
    »Kann Melinda Strickland wirklich so böse sein, wie Sie sagen?«
    Nate hielt seinem Blick lange stand. »Vielleicht ist sie noch schlimmer. Sie würde über die Leiche ihrer Mutter gehen, um zu bekommen, was sie will.«
    Joe musterte Romanowski nachdenklich und wusste nicht, was er von diesem ebenso gefährlichen wie faszinierenden Mann halten sollte.
    »Ich glaube daran, dass es richtig und falsch gibt, und ich glaube an Gerechtigkeit«, fuhr Romanowski fort. »Und an mein Land glaube ich auch. Es sind die Bürokraten, die Anwälte und das juristische Prozedere, mit denen ich ein Problem habe.«
    »Also gut«, sagte Joe, schlug sich auf die Knie und erhob sich. »Ich denke, wir sind fertig.« Er gestand sich ein, dass er innerlich zerrissen war. Er hatte diese Zelle nicht in der Erwartung betreten, von Romanowskis Unschuld überzeugt zu werden.
    Noch einmal versuchte er sich vorzustellen, der Mann sei schuldig. Er forschte nach dem nervösen Zucken, dem ausweichenden Blick oder den lauernden Augen des Lügners oder danach, dass Romanowski sich auf die Unterlippe biss, doch Nate strahlte Ruhe aus und sogar eine Spur von Rechtschaffenheit.
Oder von Überheblichkeit. Oder von Selbsttäuschung.
    »Und um welchen anderen Gefallen wollten Sie mich bitten? «, fragte Joe.
    »Da geht’s um meine Vögel. Ich habe einen Wanderfalken und einen Rotschwanzbussard. Die hab ich recht plötzlich verlassen, wie Sie wissen. Vermutlich kreisen sie in der Nähe meines Hauses und warten. Ich hatte sie kurz vor der Verhaftung noch gefüttert, und am Fluss gibt es Kaninchen und Enten, aber ich mache mir dennoch Sorgen um die beiden. Ich hatte gehofft, Sie könnten hinfahren und sie füttern.«
    »Das kann ich tun«, sagte Joe. »Aber nicht, weil ich Ihnen glaube, sondern damit die Vögel nicht hungern.«
    »Die Wanderfalkin ist ein argwöhnisches

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