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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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RAUCHZEICHEN ODER BUSCHTROMMEL
     
    TWELVE SLEEP COUNTY –
JAHRTAUSENDWENDE?
WELCHE JAHRTAUSENDWENDE?
     
    TWELVE SLEEP COUNTY –
ZEHN JAHRE HINTER WYOMING,
DAS ZEHN JAHRE HINTER ALLEM LIEGT
    Joe war von den Vorfällen des Vormittags noch mitgenommen. Das Wort »Sorgerecht« hing in der Luft und wollte nicht weichen. Er hoffte sehr, dass Brockius sich täuschte. Und wo war Jeannie Keeley?
    Melinda Stricklands Geschimpfe hatte ihn zusätzlich verärgert und verwirrt. Sie hatte verstört geklungen, ja hysterisch. Wann würde sie endlich verschwinden?
    Und dann auch noch Nate Romanowski.
    Nachdem er das Gespräch mit Strickland abgebrochen hatte, hatte er beschlossen, Nate im Bezirksgefängnis zu besuchen. Er war neugierig, warum er ihn angerufen hatte. Auch hoffte er, ein Gespräch mit ihm würde die verbliebenen Zweifel zerstreuen, die er an Romanowskis Schuld hegte. Und er spekulierte darauf, diese Unterhaltung werde Strickland gründlich ärgern. An der neu installierten Sicherheitsschleuse mit Metalldetektor saß ein Hilfssheriff in Altersteilzeit, dessen Namensschild ihn als »Stovepipe« auswies. Diesen Spitznamen hatte man ihm vor Jahren in einem Jagdlager verpasst, als er im Zelt über den Ofen gestolpert und das Ofenrohr auf ihn niedergebrochen war. Joe hatte ihn im Sommer beim Überprüfen seines Angelscheins kennengelernt. Stovepipe war am Flussufer eingeschlafen und hatte, als man ihn weckte, entrüstet festgestellt, dass eine Forelle ihm nicht nur den Köder stibitzt, sondern auch die Angelrute ins Wasser gezerrt hatte.
    Diesmal war er wach, wenn auch nur gerade so.
    »Haben Sie Ihre Angel damals eigentlich wiedergefunden?«, fragte Joe, während er seinen Pistolengurt abschnallte und über den Tresen schob.
    Stovepipe schüttelte traurig den Kopf. »Die hat mich hundert Dollar gekostet, und eine teure Angelrolle war auch dran. Der Fisch war sicher über drei Kilo schwer.«

    »Gut möglich«, meinte Joe und klopfte seine Taschen nach Metallgegenständen ab.
    »Keine Sorge«, sagte Stovepipe verschwörerisch und beugte sich über den Tresen, um sich zu vergewissern, dass niemand in der Nähe war. »Das Gerät ist sowieso kaputt. Schon seit Juli.«

    Sheriffbüro und Bezirksgefängnis lagen im ersten Stock. Joe erklomm die Stufen und stieß Milchglastüren auf. Barnums Tür war geschlossen und sein Büro finster, doch die Hilfssheriffs Reed und McLanahan saßen am Schreibtisch und starrten auf ihre Computermonitore.
    »Wer von Ihnen hat Melinda Strickland erzählt, dass Nate Romanowski mich angerufen hat?«, fragte Joe.
    Reed war über die Frage offensichtlich verblüfft. Also blieb nur McLanahan. Als der Hilfssheriff aufsah, bemerkte Joe zweierlei: erst einen kaum verhüllten Hass – einen kaltäugigen, schmallippigen Gesichtsausdruck, der ihn an ein Pferd denken ließ, das gleich beißt; dann die Stiche, mit denen McLanahans Nase ans Gesicht genäht schien.
    »Womit kann ich Ihnen dienen, Mr. Pickett?«, wollte McLanahan wissen, und was als Frage daherkam, war nur eine enorm gelangweilte Feststellung.
    »Was ist denn mit Ihnen passiert?«, erkundigte sich Joe, zog seine Jacke aus und hängte sie an einen Haken. Den Cowboyhut behielt er auf.
    »Nate Romanowski ist ihm passiert«, tönte Reed durchs Büro. Wütend starrte McLanahan seinen Kollegen an.
    »Wann hat er das getan?«
    »Vor zwei Tagen«, meldete sich Reed erneut zu Wort, ohne sich um McLanahans Zorn zu kümmern.

    »Bist du mein Sprachrohr oder was?«, fragte McLanahan, stand auf und wandte sich Joe zu.
    »Ich hab in Romanowskis Zelle geschaut. Er lag auf dem Bett und versuchte, sich zu ersticken. Er hatte die Hand im Mund, und ich sagte ihm, er soll aufhören«, erklärte McLanahan und klang aufgrund seiner Verletzung, als hätte er Schnupfen. »Das tat er nicht. Also bin ich in die Zelle.«
    »Und Romanowski hat ihn niedergeschlagen«, sagte Reed und wies auf McLanahan. »Er hat ihm eine richtige Abreibung verpasst, ihn anschließend aus der Zelle getreten und sich eingeschlossen. Er mag den Hilfssheriff nicht besonders.«
    »Schnauze!«, schäumte McLanahan. Reed wandte sich ab und verbarg ein Lächeln.
    Joe musterte erst Reed, dann McLanahan. Dessen Gesicht war purpurrot, und die Wut hatte kleine Blutströpfchen durch seine Stiche dringen lassen.
    »Er wollte nicht fliehen?«, fragte Joe. »Obwohl Sie am Boden lagen und er hätte verschwinden können?«
    McLanahan schüttelte den Kopf. »Womöglich weiß er, was ich ihm antäte, wenn er

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