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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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dabei.
    Erneut bezwang sie ihre Wut und antwortete freundlich.
    »Jeannie, ich weiß, wie es ist, jemanden zu verlieren. Ich habe vor vier Jahren mein ungeborenes Kind verloren. Haben Sie das gewusst? Erinnern Sie sich noch daran, dass wir uns zufällig beim Arzt trafen, als wir schwanger waren? Ich habe mein Kind verloren, als ein Mann mich niederschoss – der Mann, der Ihren Ote umgebracht hat.« Marybeth suchte nach einem Zeichen der Verbundenheit oder des Mitgefühls, konnte aber nichts dergleichen entdecken. »Nachdem ich aus dem Krankenhaus gekommen war, haben wir von April erfahren und sie wie unser Kind aufgenommen. Sie ist inzwischen Teil unserer Familie. Sie hat wunderbare Schwestern, die sie sehr mögen. Joe und ich kümmern uns um sie. Begreifen Sie denn nicht, dass …« Marybeth musste hier aufpassen und setzte neu an. »Begreifen Sie denn nicht, dass April glücklich
ist und sich eingelebt hat? Und dass eine Mutter ihrem Kind kein größeres Geschenk machen kann, als dafür zu sorgen, dass es geliebt und beschützt wird?«
    Jeannie Keeley schlug die Augen nieder und schien im Schnee etwas zu suchen. Geistesabwesend grub sie in der Jackentasche nach einer neuen Zigarette und steckte sie sich unangezündet zwischen die Lippen.
    Marybeth bemerkte, dass der Fahrer des Pick-ups ihr nun doch den Kopf zugewandt hatte. Er wirkte streng und war älter als Jeannie, hatte einen ungepflegten Vollbart und trug eine schmutzige Baseballkappe. Seine dunklen Augen lagen tief in den Höhlen, und seine Pupillen glichen scharf umrissenen Punkten.
    Ein Streichholz flammte auf, und Marybeth konzentrierte sich erneut auf Jeannie. Ob sie ihren Standpunkt überdachte? Ob Marybeths Worte sie berührt hatten?
    Keeley ließ den Rauch aus der Nase streichen. »Leck mich, Prinzessin«, zischte sie dann. »Ich will meine April zurück.«
    Marybeth biss die Zähne zusammen, und ihre Lider zuckten. Mit vier Schritten kann ich bei dieser furchtbaren Frau sein, dachte sie, und ihr mit der Heugabel, die in Griffweite an der Stalltür hängt, eins überziehen.
    Der Mann hinterm Lenkrad schien ihre Gedanken gelesen zu haben, denn er öffnete rasch die Tür, kam um die Schnauze des Pick-ups herum, blieb stehen und öffnete lässig seine Jacke, damit Marybeth den aus Perlmuttimitat gefertigten Griff einer schweren Pistole aus Edelstahl sehen konnte, die in seiner schmierigen Jeans steckte.
    »Wir gehen besser, Schatz«, sagte er zu Jeannie.
    Keeley schnaubte und starrte Marybeth hasserfüllt in die Augen. Der Mann legte ihr die Hand auf die Schulter, doch sie schüttelte sie ab.

    »Wir gehen besser.«
    »Schau dir das Miststück an«, sagte Jeannie so leise, dass sie kaum zu hören war. »Schau dir an, wie sie dasteht – wie eine verdammte Prinzessin. Sie verliert ihr Baby und denkt, sie kann mir zum Ausgleich mein Kind stehlen.«
    Das zerrte an Marybeth, doch sie rührte sich nicht. Vier Schritte, dachte sie.
    Der Mann trat hinter Keeley, legte die Arme um sie, drückte sie an sich und beugte sich an ihr Ohr. »Lass uns verschwinden, hab ich gesagt. Wir bekommen April zurück. Das hat der Richter uns doch versichert.«
    Jeannie wollte sich zur Wehr setzen, doch er war offensichtlich stärker. Also gab sie klein bei, und er löste seinen Griff. Die ganze Zeit hatte sie Marybeth weiter zornig gemustert.
    »Was haben Sie da über einen Richter gesagt?«, fragte Marybeth. Diesmal konnte sie nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte.
    Jeannie lächelte kopfschüttelnd. »Vergessen Sie’s.« Ohne den Blick von Marybeth zu nehmen, ging sie rückwärts an dem Mann vorbei, bis sie mit dem Hintern gegen die Tür des Pick-ups stieß. »Packen Sie besser Aprils Sachen, damit sie fertig ist, wenn wir sie nach Hause holen.«
    Sie drehte sich um, stieg in den Wagen und warf die Tür zu.
    Der Mann sah Marybeth mit leerem Blick an. Seine Miene verriet nicht die leiseste Regung. Dann tätschelte er den Griff seiner Pistole, wandte sich ab und setzte sich wieder ans Steuer. Ohne sich nochmal umzublicken, fuhren die beiden davon.

    Marybeth taumelte in den Stall zurück und schob die Tür hinter sich zu. Ihre Knie waren so weich, dass sie sich auf einen Heuballen fallen ließ, bloß dasaß, auf den Türgriff starrte,
und in allen Einzelheiten Revue passieren ließ, was geschehen war, ohne es glauben zu können.
    Jeannie hat von einem Richter gesprochen, überlegte sie. Joes Erfahrungen mit Richter Pennock hatten gezeigt, wie unsinnig die Gerichte

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