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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Zimmer komplett, dachte Joe. Obwohl die Tiere nur dreißig Zentimeter groß waren, hatten sie eine gewaltige Ausstrahlung. Wie Nate schienen sie zu einer wilderen, gewaltsameren Welt zu gehören.
    Während Sheridan verzückt lauschte, erklärte Nate an den Vögeln das Falknerzubehör – von den gepunzten Lederkapuzen, die die Augen, aber nicht die gebogenen Schnäbel bedeckten, bis zu den langen Lederschnüren, die an den Beinen hingen.
    An diesen Schnüren, so Nate, hielt der Falkner die Vögel. Vorsichtig hob er den Wanderfalken auf seine behandschuhte
Faust und zeigte Sheridan, wie man sich die Schnüre um die Finger schlang. Mit ihnen gab man dem Vogel Gleichgewicht und Stabilität und hinderte ihn am Wegfliegen und daran, den Arm hochzulaufen.
    »Und wenn er fliegen will?«, fragte Sheridan.
    »Dann zappelt er wie ein Huhn«, gab Nate zurück. »Du würdest staunen, welche Kraft diese Tiere haben, wenn sie die Schwingen ausbreiten. Ein ängstlicher Wanderfalke, der wuchtig mit den Flügeln schlägt, kann einen beinahe von den Beinen holen.«
    Er streckte Sheridan das Tier hin, damit sie es von nahem betrachten konnte.
    »Schade, dass er diese Kappe tragen muss«, sagte sie und strich behutsam mit den Fingerrücken über die Brust des Vogels.
    »Also weg damit«, erwiderte Nate, zog an zwei kleinen Schnüren und streifte die Kappe ab.
    Der Wanderfalke wandte Sheridan den Kopf zu und musterte sie mit raschen, mechanischen Kopfbewegungen. Seine Augen waren außergewöhnlich wachsam und stechend. Nate erzählte ihr, wie sie funktionierten und dass sie mehr Zelloberfläche hatten als das menschliche Auge und darum nicht nur im Dunkeln sehen, sondern auch Bewegungen – wie die einer Maus – aus beinahe zwei Kilometern Entfernung wahrnehmen konnten.
    »Es heißt, wer ins Auge eines Falken blickt, kann für immer sehen«, sagte er leise und in seinem seltsamen Tonfall. »Und es soll Unglück bringen, denn in die Augen eines Raubvogels zu spähen, sei so, als blicke man in die mörderischen Abgründe seines eigenen Herzens.«
    Sheridan bekam bei diesen Worten große Augen und wandte sich zu ihrem Vater um.

    Joe zuckte die Achseln. »Ich habe weder das eine noch das andere je gehört.«
    Nate lächelte geheimnisvoll.
    »Eines jedenfalls weiß ich: Man kann den Unterschied zwischen einem wilden und einem domestizierten Falken an den Augen erkennen. Das habe ich in Vogelhäusern und Zoos beobachtet. Die Raubvögel dort schauen dich an, aber ihrem Blick fehlt etwas.«
    Nach kurzer Pause schlug Sheridan vor: »Vielleicht setzen wir ihm die Kappe lieber wieder auf.« Nate ging auf diesen Vorschlag gern ein.
    »Wie kommen Sie an diese Vögel?«, fragte sie.
    »Einige hab ich als Jungtiere gefangen«, erwiderte er und beschrieb, wie er Klippen bestieg, um die Horste zu finden und Maschendrahtfallen aufzustellen. Er blieb dann in der Nähe und wartete, bis ein Vogel in die Falle ging. »Andere Tiere habe ich nach einem Zusammenstoß mit einem Auto oder nach einem Stromschlag gerettet.«
    »In einigen Ländern des Nahen Ostens gilt Falknerei als Sport der Könige«, ergänzte Joe nickend.
    »Wie lange können Sie die Vögel behalten?«, fragte Sheridan.
    »Es geht nicht darum, wie lange man sie behalten kann, sondern darum, wie lange sie bei einem bleiben. Sie können jederzeit fortfliegen und nicht zurückkehren. Also ist jede Rückkehr ein wertvolles Geschenk.«
    »Was jagen diese Tiere?«
    Nate erklärte, zwar seien alle Falken Greifvögel, aber nicht alle Greifvögel Falken. Jede Gattung habe ihre Spezialität und oft wählten Falkner die Tiere danach aus. Rotschwanzbussarde wie der auf der anderen Lehne seien für die Jagd auf Kaninchen und Eichhörnchen besonders geeignet. Falken dagegen
schlügen hervorragend Beifußhühner, Enten und Fasane – also Wildvögel des Hochlands. Die bloße Silhouette eines Falken am Himmel lasse Enten auf dem Wasser erstarren oder nach einem Versteck suchen, denn eine Ente im Flug werde sofort entdeckt und getötet. Enten würden den Umriss eines Falken von Geburt an erkennen und wüssten ihn zu fürchten, setzte er hinzu.
    »Doch Wanderfalken sind einzigartig. Sie jagen fast alles. Darum sind sie so geschätzt, und darum standen sie lange unter Naturschutz, als zu befürchten war, dass sie aussterben würden. Wanderfalken sind ganz allgemein aufs Beutemachen spezialisiert und können Niederwild, Wildvögel des Hochlands und Wasservögel gleichermaßen jagen. Echte Falkner halten einen

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