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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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lebloser, bleicher Körper in den blutroten Wellen trieb, als schwebe er. Sie sah zu, wie Lillian mit bebenden Schultern die Arme um den Leichnam ihrer geliebten Frau schlang.
    Gemma hatte Wasser immer geliebt. Naomi hatte keine Ahnung, woher sie das wusste; aber sie wusste es. Wasser spendete so viel Trost.
    Die Quelle spendete so viel Trost.
    Tief in ihrem Herzen schimmerte sie, etwas Urlebendiges. Eine lichte, goldglitzernde Strömung, ein Flüstern. Wie weiß man, wohin man gehört?
    »Ja, und zwar«, sagte Naomi und stieß einen Laut zwischen Resignation und Frustration aus, »weil Phin Clarke ein Idiot ist. Bring die anderen irgendwohin, wo sie in Sicherheit sind, Jessie. Und ich brauche meine Waffe.«
    »Mach ich. Und was wirst du tun?«
    Naomi stieg aus dem Becken. Sie bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken, dass sie gerade in Gemmas Blut gebadet hatte, dass es überall auf ihrer Haut war. Sie trug es wie ein Banner, ein Feldzeichen im Krieg. »Ich sehe zu, dass ich den Idioten auftreibe, ehe er es schafft, sich umbringen zu lassen«, grunzte sie.
    Eine andere Stimme überschlug sich fast, als sie durch die Halle brüllte: »Nein, das dürfen Sie nicht!«
    Naomi drehte sich um. Ganz langsam. Wut schlug tiefe Schneisen in ihr wundes Herz, als sie Agathas Raubvogelblick auffing. Die Frau lag am anderen Ende der Halle, gut gefesselt; ihr bleiches Gesicht zierten eine Reihe Prellungen, und ein dünner Schweißfilm überzog es. Neben ihr blickten Naomi zwei Hexer in stiller Anklage an. Voller Hass.
    Resignation. Naomi hatte keine Ahnung, was in den dreien vorging. Es kümmerte sie auch nicht. Sie verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Na, das werden wir ja sehen.«
    »Seien Sie nicht so dumm!«, zischte Agatha und bäumte sich gegen ihre Fesseln auf. »Sie sind die Quelle! Sie können nicht einfach   …«
    »Ich bin verdammt noch mal hier die Einzige, die diesem ganzen Spuk ein Ende machen kann!«
    »Sie selbstsüchtiges   …«
    »Im Namen des Ordens des Heiligen Dominikus«, schnitt ihr Naomi grimmig das Wort ab, während sie den Colt und dessen Magazin überprüfte, »werdet ihr hiermit als Hexe und Hexer angeklagt und überführt.«
    Jessie hinter ihr fluchte, ein scharfer Laut im allgemeinen Gemurmel. Die uralten Worte selbst besaßen keine Macht. AberJahre der Verfolgung verliehen ihnen ein Gewicht aus Furcht, deren in die Nase stechender Geruch jetzt in der Luft hing.
    Naomi schwenkte die Trommel des Colts aus, um die Patronenzahl zu prüfen. Agatha wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Die Trommel war voll. »Bla, bla, bla. Wisst ihr was? Es interessiert mich gar nicht mehr.« Ihr Magen verkrampfte sich, ihre Eingeweide schienen sich zu verknoten. Dennoch zielte Naomi den Lauf entlang und krümmte den Finger am Abzug. Einmal, zweimal. Noch einmal.
    Schreien, wilde Rufe, heftige Flüche bildeten zusammen mit dem Dröhnen der Schüsse einen Klangteppich. Jessie spie hinter Naomis Rücken harte, wütende Worte aus. Aber Naomi senkte die Waffe und drehte den drei Magiebesessenen den Rücken zu, noch ehe sie blutüberströmt zusammensackten. Schweigend, einen entschlossenen Zug um den Mund, ging die Jägerin mit langen, geschmeidigen Schritten über die mit Blutspritzern befleckten Steinfliesen.
    »He, warten Sie   …«
    »Lasst sie gehen!« Jessies Stimme fuhr durch das Stimmengewirr wie eine scharfe Klinge. Sie klang entschieden, aber auch erschöpft. »Sie wird den Missionar töten.«
    Naomis Lippen verzogen sich zu einem unschönen, ironischen Lächeln. Vier Magiebesessene. Ein Missionar.
    Faire Sache.

KAPITEL 20
    »Sieh mal einer an, da ist er ja, der Mr.   Clarke!« Aus der Sprechanlage kamen schrille, verzerrte Töne, während das Feuer das Leitungssystem rundherum fraß. Es war verdammt heiß, viel zu heiß. Aber Phin war sich sicher, dass er alles wusste, was zu wissen nötig war.
    Der Mistkerl hatte niemanden gewarnt, kein Interesse daran. Menschenleben waren ihm völlig egal.
    Er hatte die Türen verbarrikadiert und Feuer gelegt. Ein paar Streichhölzer und der richtige Brandbeschleuniger. Phin konnte das Gas immer noch riechen. Ihm stieg auch der widerwärtige Gestank verbrannten Fleisches in die Nase.
    Wie ätzende Säure fraß sich der Geruch in Phins Seele.
    Er drehte sich um, riss einen Arm übers Gesicht, als Funken über eine Wandverkleidung stoben, die einst mit Seidentapeten verschönt gewesen war.
    »Komm raus, Arschloch!«, brüllte Phin, aber das Feuer schluckte seine Stimme.

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