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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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der Eisbahn, sofern nicht in die Oberstadt importiert und dort für ein Vermögen verkauft.
    Die Frau sammelte Müll aus der Zeit vor dem Großen Beben wie Junkies Nadeln.
    »Richtig«, entgegnete Naomi patzig. »Es ist alles Ihres. Ich hab’s kapiert. Wären Sie jetzt so freundlich und würden mich allein lassen?«
    »Ist es das, was Sie wollen?«
    »Ja.« Nein .
    Sie wollte einen zweiten Versuch. Sie wollte zurück in ihr eigenes Bett, in ihr Büro, in ihr richtiges Team. Sie wollte, dass alles wieder normal wäre. Wollte Ermittlungen durchführen, Spuren nachgehen, die Bösen jagen und umbringen.
    Sie wollte sich normal und nicht mehr verrückt fühlen. Sie wollte einen Kerl in ihrem Bett, dessen Lächeln sich warm in seinen Augen widerspiegelte   … Nein. Lass das, Naomi West!
    Was sie wollte, spielte keine Rolle. Naomi drehte Matilda den Rücken zu, ging ein paar Schritte. Sie blickte über das grüne Wasser. Herbstwinde hatten kaum eine Chance, sich in das tiefe Tal zu verirren. Also brachen sich nur ganz kleine Wellen am Strand. Selbst bei beißender Kälte heizten die heißen Quellen die Luft genug auf, um die hässlichsten Seiten des Wetters abzumildern.
    Schritte hinter ihr im Sand.
    Naomi versteifte sich.
    »Es ist schwer, nicht wahr?«, wagte Matilda den nächsten Versuch. Sie stellte sich neben die ehemalige Jägerin.
    Obwohl Naomi der Schädel brummte, vor Müdigkeit und weil es in ihrem Hirn wie von tausend Nadeln kribbelte, konnte sie sich nicht beherrschen und gab einen genervten Laut von sich, halb Schnauben, halb Lachen. »Was? Das Leben?«
    »Die richtige Entscheidung zu treffen.«
    »Ist doch dasselbe.« Naomi warf der Alten einen Seitenblickzu. Matilda schüttelte den Kopf. Ihre dunkelbraunen Augen suchten die Felswand jenseits des Wassers ab.
    Diese simple, besserwisserische Geste sprengte Naomis Selbstkontrolle wie ein überdehntes Gummiband, das einen beim Zurückflitschen unvorbereitet trifft. Sie fauchte: »Okay, bitte! Offensichtlich haben Sie ja irgendein beschissenes Anliegen. Also los: Spucken Sie’s aus, und dann hauen Sie wieder ab!«
    Zu ihrer Überraschung grinste die Hexe und wippte auf den Fersen vor und zurück. »Wie kommst du denn darauf?«
    Hol’s der Teufel, verflucht! »Darum!«, explodierte Naomi. Kaum war das Wort heraus, konnte sie den restlichen Satz auch nicht mehr zurückhalten. »Seit ich hier bin, spielen Sie diesen Geheimnisvolle-Fremde -Scheiß. Sie geben auf keine beschissene Frage eine Antwort. Sie sitzen nur da und bohren hier nach und schubsen da ein bisschen, bis alle anderen zu der Entscheidung kommen, die Sie längst getroffen haben.«
    Die Hexe schwieg. Ihr Grinsen machte wieder dem gelassen-heiteren Gesichtsausdruck Platz.
    Naomi drehte sich auf dem Absatz um und ging ein paar Schritte, machte abrupt kehrt und kam mit großen Schritten zurück, die Fäuste geballt. »Ständig lassen Sie diese idiotischen Bemerkungen darüber fallen, wer oder was ich bin, was ich alles fähig bin zu tun und was es mit dem Team auf sich hat, ha! He, das kotzt mich so was von an, Scheiße nochmal!« In einer ruckartigen Bewegung gestikulierte sie in Richtung Haus. »Silas und ich, wir sind es nicht gewohnt, untätig auf unseren Hintern zu hocken. Wir sind Tatmenschen, verdammt! Aber alles, was hier passiert, ist, dass die Welt immer noch ein gottverfluchter Dreckhaufen ist, und wir können einen Furz dagegen tun!«
    Matilda wandte ihr das Gesicht zu. Ein ruhiger, abgeklärter Blick traf Naomi. Wissende Augen musterten sie.
    Herr im Himmel, immer diese scheißwissenden Augen!
    Naomi biss die Zähne zusammen, dass ihre Kiefergelenkeknirschten. »Jessie«, spie sie zwischen den zusammengebissenen Zähnen heraus, »ist der beschissenste aller Gutmenschen auf diesem gottverlassenen Planeten; und wir alle sind immerhin in einer Sache derselben Meinung: Ja, wir müssen etwas tun. Die Kirche hat einen Mann losgeschickt, um irgendso ein magisches Scheißteil aufzutreiben, und der Orden und die hiesige Mission haben mich losgeschickt, um ihn aufzuhalten. Ein Hexer hat sich zum Missionar   gewandelt…« Mitten im Satz brach Naomi ab, als eine verblasst rote Augenbraue im Gesicht ihres Gegenübers in die Höhe schoss. Mit einem bitteren Lachen fuhr Naomi fort: »Und eine Missionarin zur Hexe. Bei allen Scheißheiligen, Matilda, was zum Teufel sollen wir denn da tun? Sie wissen doch alles, also los: Sagen Sie uns, was wir tun sollen!«
    Mit knorrigen Fingern rieb sich die alte Hexe

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