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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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schon in eine Kabine gleich hinter dem Tresen gelotst und die Tür hinter ihr geschlossen. »Bitte legen Sie auch Ihre Unterwäsche ab«, hörte sie Gemma durch das Türblatt sagen.
    Scheiße. Das war’s. Mit wildem Blick suchte Naomi die Umkleidekabine ab, als ob sich in diesem schmalen Ding von einem Wäschekorb ein zweiter Ausgang für sie auftun könnte. Der Zeitplan sah zuerst Maniküre, dann Pediküre vor.
    Nägel. Feilen. Polieren.
    Naomi hatte sich die Nägel erst vor ein paar Tagen geschnitten. Es jetzt schon wieder zu tun, war vollkommen unnötig, aber wenigstens in aller Harmlosigkeit eine Chance, ersten Kontakt mit den anderen Gästen aufzunehmen. Irgendwie würde sie ja an die herankommen müssen, wenn sie sie unter die Lupe nehmen wollte.
    Als Naomi wieder aus der Kabine heraustrat, reichte sie ihre Sportklamotten wortlos der wartenden Agatha. Die Rezeptionistin verstaute alles in einem Spind und reichte Naomi den dazugehörigen Schlüssel. Dann hakte die Frau etwas auf ihrem Klemmbrett ab und deutete über ihre Schulter hinweg. »Wenn Sie einen Augenblick warten wollen, dann bringe ich Sie   …«
    Naomi hängte den Schlüssel an den Gürtel ihres Bademantels. »Schon verstanden.«
    Wenn sie noch lange darauf warten müsste, zu ihrer ersten Behandlung geleitet zu werden, würde sie schnurstracks in den Fahrstuhl verschwinden und einfach vergessen wiederzukommen.
    Naomi folgte der auffordernden Geste der Rezeptionistin und hatte den Tresen bereits umrundet. Sie hoffte, der verfluchte Gürtel hielt den knielangen Bademantel schön sittsam geschlossen. So wie sie den Gürtel verknotet hatte, dürfte er eigentlich nicht plötzlich aufklaffen. Sie war es nur nicht gewöhnt, mit nichts als einer flauschig-dicken Lage Frottee zwischen ihrem nackten Körper und dem Rest der Welt herumzulaufen.
    Sich schön unauffällig und schicklich zu benehmen gehörte eigentlich nicht zu Naomi Wests Charakterzügen. Normalerweise nicht. Hier allerdings, in dieser Umgebung   – was blieb ihr anderes übrig?
    Leise Musik perlte aus verborgenen Lautsprechern; die Luft roch frisch, ganz dezent nur der beruhigend wirkende Lavendelduft. Die Fußbodenheizung unter den dunkelgrauen, ins Grün hineinspielenden Schieferplatten wärmte Naomi die Sohlen, als sie barfuß den weitläufigen hallenartigen Raum durchquerte. Nurein paar gut gelaunte Angestellte bewegten sich um das herum, was Naomi für Behandlungskabinen hielt, ergänzten die bei den Behandlungen aufgebrauchte Schönheitspflege und sprachen leise miteinander.
    Naomi musterte jeden von ihnen genau. Aber keiner der Männer war groß genug oder wirkte durchtrieben genug, um der Hexer zu sein, der sie aus dem Hinterhalt angegriffen hatte. Keine Schnauzbärte. Keine Narben.
    Wäre ja auch zu einfach gewesen.
    Sie umrundete ein seichtes Wasserbecken, dessen Kacheln in sämtlichen Blau- und Grüntönen schimmerten. Eine porzellanweiß emaillierte Wanne, die mit dampfendem Wasser gefüllt war, zog ihren Blick auf sich. Die Quelle für den beißenden Tee-Duft, den sie vorhin wahrgenommen hatte und der ihr jetzt wieder auffiel, war wohl der Zusatz, der das heiße Wasser in der Wanne grün färbte.
    Einen Augenblick später stand Naomi vor Gemma, die bei einer Behandlungsliege auf sie gewartet hatte. Die Liege sah aus, als sei sie allein zu dem Zweck erschaffen worden, ahnungslose Gäste in einen Schlaf zu lullen, der sie fügsam machte und schutzlos allem auslieferte. Naomis gerunzelte Stirn entspannte sich kein Stück, im Gegenteil, die Falten wurden noch tiefer. »Was bitte ist das für ein Geruch?«
    »Johanniskraut«, lautete die prompte Antwort. »Als Guss auf der Haut hilft es gegen Angstzustände und lindert leichte Verbrennungen. Als Tee eignet es sich zur Lösung von Krämpfen aller Art. Seien Sie so gut und setzen Sie sich doch bitte.«
    Trotz der Erklärungen um den auffälligen Geruch und dessen medizinische Wirksamkeit rieb sich Naomi den Nacken und legte die Stirn noch tiefer in Falten. »Mrs.   Clarke   …«
    »Nennen Sie mich doch Gemma, meine Liebe«, forderte die Dame des Hauses sie freundlich auf. »Nehmen Sie Platz! Die Behandlung dauert nicht lange, Sie werden sehen.«
    Naomi wischte sich die Hände am flauschigen Frottee des Bademantels ab. Dabei streifte sie den Spindschlüssel, der sich eifrig baumelnd in Bewegung setzte. Finster stierte Naomi auf ihre nackten Schienbeine hinunter.
    Sie hatte lange Beine. Sie zeigte sie nur lieber in einem hautengen

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