Blutschuld
Minikleid in einem Club als hier.
»Kommen Sie, setzen Sie sich. Ich beiße schon nicht.«
Aber Naomi war nicht auf der Tanzfläche in irgendeinem Club; sie war hier. Der Plan, ermahnte sie sich selbst, denk an den Plan! Sie setzte sich. Naomis Blick fixierte Gemmas herrlich dunkelbraune Augen, als sie Naomis Kinn mit fester Hand umfasste und ihr sanft den Kopf in den Nacken zog.
Sie sah mitleidig auf Naomi herab.
Naomi krallte die Finger in das Frottee des Bademantels. »Wissen Sie, es ist wirklich nicht so schlimm.«
»Es bildet sich bereits Narbengewebe, so ist es und nicht anders!« Während Gemma von irgendwo außerhalb Naomis Sichtfelds einen unbeschrifteten Tiegel herbeizauberte, schnalzte sie mit der Zunge. »Sie hätten das wirklich klammern lassen sollen, meine Liebe.«
In der Tat: Naomi hätte eine Menge Dinge besser anders machen sollen. Sich unter dem ersten Faustschlag wegducken beispielsweise. Ihre Lippen wurden zu einem schmalen, harten Strich im Gesicht. »Schauen Sie, ich brauche wirklich keine …«
»Schließen Sie bitte die Augen.« Gemma ging überhaupt nicht auf Naomis Protest ein, sondern schmierte etwas Kaltes, Feuchtes auf die höckrige, verschorfte Wunde. Der Geruch, den die Creme absonderte, stieg Naomi in die Augen und ließ diese tränen. Sofort kniff Naomi sie fest zusammen.
Sie roch Pfefferminze. Und etwas, dessen Geruch intensiver war, dichter. Lavendel natürlich. Sie hatte diesen Lavendelduft in der Nase, seit sie dem verfluchten Hauptaufzug entstiegen war!
Der unmerkliche, kaum noch wahrnehmbare Schmerz auf ihrerNase veränderte sich, verschwand unter angenehm anhaltender, milder Wärme.
Vor Überraschung neigte sie den Kopf. Die Augen immer noch fest geschlossen, hob sie die Hand und tastete blind nach der Wunde auf ihrer Nase. Sie griff in etwas Feuchtes, das ihre Fingerspitzen prickeln ließ. »Was ist das für ein Zeug?«
Eine warme Hand umfing die ihre. »Nicht anfassen, bitte«, warnte Gemma sie. »Die Tinktur wirkt ein klein wenig betäubend. Das ist der Grund dafür, dass der Geruch einen zuerst beinahe umhaut. Seien Sie so lieb und zählen Sie langsam bis zehn. Danach dürfte sich diese Wirkung gegeben haben.«
»Betäubend? Wird mein Gesicht jetzt taub?«
»Nicht, wenn Sie nicht den Inhalt des ganzen Tiegels darauf verteilen. Und Sie sollten die Tinktur um Himmels willen auch nicht trinken. Mein Sohn hat das einmal gemacht. Es ging um eine Wette.«
Naomi unterdrückte ein Lachen. »Und? Wie ist es ihm bekommen?«
»Es hat Monate gedauert, bis er Minze riechen konnte, ohne grün anzulaufen.« Naomi hörte Metall gegen Glas klingeln, dazu Gemmas Absätze, die über die Schieferplatten klackerten. »Gut, Sie dürfen die Augen jetzt wieder öffnen und sich nach Belieben umsehen.«
Vorsichtig öffnete Naomi ein Auge. Als es ihr nicht aus der Augenhöhle gebrannt wurde, öffnete sie auch das andere und konzentrierte ihren Blick auf Gemmas rundes, lächelndes Gesicht, das über ihr hing.
Naomi rutschte auf der Liege hin und her. Sie zog die Nase kraus, dann die Stirn.
Nicht einmal mehr ein kleiner Stich.
Wenn sie jetzt noch etwas von dem Zeug auf ihren Hinterkopf bekäme, wäre das verflucht noch eins großartig!
»Und?«
Seltsam erleichtert grinste Naomi. »Alles perfekt.«
»Wunderbar!« Gemma klatschte vor Freude in die Hände. Ihr freudiger Überschwang war ansteckend. »Dann lehnen Sie sich jetzt einfach zurück, meine Liebe. Heute wird sich Lacey um Ihre Nägel kümmern. Sie ist wunderbar, ein echtes Goldstück.«
Naomi hatte sich schon halb aus der luxuriösen Weichheit der Liege herausgehievt. Jetzt ließ sie sich von Gemma Clarke wieder in die weichen Polster drücken. »Großartig. Ich kann’s kaum erwarten.«
Stunden später war ihre aufgesetzte Begeisterung endgültig und zur Gänze aufgebraucht.
Ihre Nägel waren geschnitten, gefeilt und poliert, bis sie glänzten. Bei rosafarbenem Nagellack aber hatte Naomi die Reißleine gezogen und war standhaft geblieben. Ihr Gesicht hatte eine aufwendige Reinigungsprozedur durchlaufen inklusive Peeling und durchblutungsfördernder Gesichtsmassage. Man hatte ihr eine Pampe aus verschiedenen Gemüsen aufgetragen und ihr im Anschluss gleich noch ein Peeling angedeihen lassen.
Die Haut an ihrem ganzen Körper war weich und rosig von der rüden Behandlung, der man sie unterzogen hatte – gehäutet werden war nichts dagegen! Der weibliche Folterknecht, der ihr das angetan hatte, hatte die Prozedur
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