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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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sie auf seinen Armen, deren Muskeln auch gleich Stahlbänder hätten sein können, in einen kleinen Raum, der in goldenes Licht getaucht war.
    Phin beachtete das allgemeine Gemurmel nicht, das sich in seinem Rücken erhob. Entschlossen, aber ganz ohne unnötige Gewalt, behutsam geradezu, schloss er die Tür hinter ihnen.
    Schäumend vor Wut befreite sich Naomi aus seinen Armen. Die Worte, die sie ihm gern entgegengespuckt hätte, blieben ihr im Hals stecken. Stattdessen trat sie gegen die im Boden verschraubte Massageliege, die die Raummitte beherrschte. Die sonst so toughe Jägerin keuchte auf und hielt den Atem an, als Schmerz ihren Verstand in tausend Stücke splittern ließ. Dann trat sie erneut zu, fester noch. Krachend splitterte der Rahmen der Liege; die Kerzen im Raum, die das warme Gold zur Atmosphäre des Raums beisteuerten, flackerten.
    »Nur zu!«, meinte Phin und blieb bei diesem Angebot völlig gelassen. Keuchend wirbelte sie zu ihm herum, die Hände auf Oberschenkelhöhe zu Fäusten geballt. Er, im Gegensatz zu ihr, war beherrscht. Er stand da, die Hände in den Hosentaschen, die Frisur perfekt, jedes Härchen an seinem Platz. Kein Aufruhr in ihm, der ganze Mann unerschütterlich und unaufgeregt. Die Goldfäden, die in seiner Krawatte verwebt waren, schimmerten im Kerzenlicht.
    Unbewegt, bis auf das Funkeln in seinen Augen.
    »Mach nur weiter so, wenn du möchtest!« Mit einer Schulter lehnte Phin sich betont lässig gegen die Tür. Dann fuhr er fort: »Der Raum ist schalldicht. Das sind sie alle. Die Kunden sind hier, weil sie Ruhe und Frieden suchen. Du kannst also hier drin tun und lassen, was du willst. Schrei und tob ruhig, wenn dir danach ist!«
    »Wag das ja nicht!«, stieß Naomi endlich einen zusammenhängenden Satz hervor. Jedes Wort eine unter zu großer Spannung stehende Sprungfeder: Sie katapultierten sich schmerzhaft aus der Enge ihrer Brust heraus. Jedes Wort war zu scharf, zu beißend. »Behandle mich ja nicht so verflucht von oben herab!«
    »Das tue ich nicht.« Phins Blick blieb fest. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Massageliege hinter Naomi. »Mach ruhig weiter! Tritt dagegen, bis irgendwas kaputtgeht.« Er schwieg und ließ seine Worte wirken. Dann sagte er: »Oder du erzählst mir, was nicht stimmt.«
    Was nicht stimmt. Ja, was stimmte denn nicht mit Naomi West?
    Sie wollte lachen. Aber sie wusste im selben Moment, dass es ein verräterisch raues Lachen wäre. Es wäre einem Schluchzen viel zu ähnlich, um es zu riskieren.
    Zu riskieren, dass er, Phin Clarke, der große, gut aussehende Phin Clarke, Mitleid mit ihr hätte.
    Zum Teufel, gab es denn irgendetwas, das stimmte ?
    Sie ballte die Hände so fest zusammen, dass Schmerz in ihre Arme hinaufschoss. Fest biss sie die Zähne zusammen, bis ihre Kiefer schmerzten. Bis zu dem Punkt, wo sie gegen Wut und Schmerz Atem holen konnte   – und, zur Hölle damit, gegen die Erinnerung, die sie von innen verbrannte. Die sich sengend und brennend bis hinunter in ihre Knochen fraß.
    Phin seufzte. »Ich will mich nicht einmischen, Naomi. Es ist allein dein Leben.«
    Bitteres Lachen brach sich Bahn. Endlich. »Was weißt du schon!«
    Lange, sehr lange musterte Phin Naomi schweigend. Er taxierte sie. In seinem Gesicht stand nichts zu lesen, aus dem sie hätte etwas schließen können. Seine Augen verrieten nichts, das sie gegen ihn verwenden könnte wie eine Waffe. Er gab ihr nichts   – verflucht noch mal nichts!   –, um ihre Wut zu schüren.
    Als einziges ein Geschenk, unerschütterlich und geduldig: Aufmerksamkeit.
    Zu Naomis maßlosem Entsetzen brannten ihr Tränen in den Augen. Sie versteifte sich noch mehr. Mit schierer Willensanstrengung würgte sie den Kloß in ihrem Hals zurück. Verzweifelt wilde Erleichterung folgte. Sie würde nicht losheulen.
    Das wäre ein Sieg, den ihre Mutter nicht noch einmal davontrüge!
    »Okay, dann.« Phin richtete sich auf. »Leg dich hin!«
    Naomi schüttelte den Kopf. »Was?«
    Rasch und geschickt entfernte Phin den ersten silbernen Manschettenknopf und legte ihn in eine kleine Glasschale, klink .
    Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde Naomis Mund staubtrocken.
    Mit geübten Fingern löste Phin den zweiten Manschettenknopf, der klirrend seinem Zwilling in der Glasschale Gesellschaft leistete. »Leg dich hin«, wiederholte Phin langsam. »Auf den Tisch, und zieh vorher deine Bluse aus.«
    »Nicht einmal, wenn du   …«
    »Sieh mal«, unterbrach Phin sie mitten in ihrem Ausbruch.

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