Blutschuld
»Warum?«
»Es sagt viel über dich, oder nicht?« Sie spürte seine Hände an ihrem Hinterkopf, spürte, wie er ihr das Haar im Nacken zusammennahm, um an die Akupressurpunkte gleich unterhalb des Ohrs zu gelangen. Seine Fingerspitzen fanden die empfindliche Stelle sofort. Naomi seufzte auf. »In aller Augen bist du ein wohlerzogenes Mädchen. Bist gekleidet wie ein wohlerzogenes Mädchen. Lächelst wie ein wohlerzogenes Mädchen.«
Ihr ungläubiges Lachen ging in einen kehligen, heiseren Laut über, halb Stöhnen, halb Seufzer. Phin war es, der ihrer Brust, ihrer Kehle diese Laute entlockte, mit jeder Handbreit Muskel, den er fingerfertig zu bändigen verstand. Naomis Haut brannte unter seinen kundigen Händen, beruhigt allein noch vom Massageöl.
Brannte unter Phins Berührung.
»Aber dann, eines Tages, bindest du die Haare zum Pferdeschwanz hoch, und …«, Naomis Muskeln erbebten unter der Berührung seiner Lippen. Phin liebkoste ihren Nacken; seine Zunge spielte mit dem kleinen Piercing aus Silber, leckten die Haut, die zwischen den beiden Perlen gefangen war.
Es schlug in Naomis Bauch ein wie ein Blitz. In ihrem ganzen Körper entlud sich dessen elektrische Spannung. Eine Elektroschockbehandlung hätte ihr nicht schneller den Atem nehmen können. »Herr im Himmel!«, keuchte sie. »Phin …«
»Nein.« Er legte ihr die Hand auf den Rücken und hielt sie so davon ab, sich zu ihm umzudrehen. Naomi krallte die Finger in den flauschig-weichen Schutzbezug der Massageliege. »Ich bin noch nicht fertig!«
»Verflucht noch eins!«, presste Naomi zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Gleich darauf kam das nächste kehligeSeufzen über ihre Lippen, ein heiserer Laut der Lust: Phins Lippen hatten ihre Schulter gestreift. »Phin, oh Gott, bitte, Phin! «
Sein Lachen geisterte über ihren Rücken. Überall auf ihrer Haut sträubten sich die feinen Härchen. »Und was bekomme ich dafür?«
»Was?« Naomi kämpfte um Selbstkontrolle, Kontrolle über ihren Körper, ihre Muskeln, wollte ihren Gliedern, sich, befehlen, von der Liege zu steigen. Aber Phin brauchte nur die Daumen in die schmalen Senken neben ihren Wirbeln zu setzen. Er brauchte sie nur mit diesem Druck ihr ganzes Rückgrat entlang bis hinunter auf Hüfthöhe zu ziehen, dort, wo der Muskelkater von Naomis Workouts saß, die die Frustration ihr diktiert hatte, und es war um sie geschehen. »Oh«, hauchte sie, »bitte mach das noch mal.«
Er gehorchte, erntete ein weiteres Stöhnen, einen weiteren kehligen Seufzer.
»Ein Date.«
»Was auch immer«, murmelte Naomi, ganz mit dem lustvollen Gefühl der Entspannung beschäftigt. »Geht klar.«
»Heute Abend.«
Die Augen halb geschlossen, die Arme locker neben ihrem Körper, kostete es sie einige Mühe, den Kopf zu heben und zu drehen. Im selben Augenblick legte Phin die Hand auf das herrliche Muskelspiel zwischen ihren Schulterblättern. Engelsflügel, so schön. »Hab nichts anzuziehen«, seufzte Naomi. »Für das Spa.«
Sie konnte sein Grinsen förmlich hören, als er entgegnete: »Wir treffen uns um vier an der Rezeption in der Lobby.«
Alarmsirenen schrillten in Naomis Kopf los. Ohne die übliche Agilität. Geradezu unwillig. »Moment, was?«
»Und, Naomi?« Eine ölige Hand schob sich in ihren Haarschopf, umfasste ihren Hinterkopf und verhinderte, dass Naomi sich bewegte, als Phin ihr ins Ohr biss. Zärtlich. Bedächtig.
Lust durchbohrte ihr ganzes Ich. Naomi keuchte auf.
»Trag dein Haar hochgesteckt.«
Als Naomi sich endlich wieder daran erinnerte, wie man atmete, war Phin fort. Fast lautlos fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Naomis Haut brannte vor Erregung, stand wie unter Strom. Spürbar floss dieser Strom an ihren Muskeln entlang. Ein Teil davon war das Massageöl, das ihr warm über die Haut kitzelte.
Das meiste aber war er .
Naomi rollte sich vom Rücken auf den Bauch und starrte blicklos auf das farbenfrohe Mosaik, das in die Decke eingebettet war – Strand, Meer und Himmel. Doch alles, was Naomi sah, war Phin. Sein Gesicht, das dieselbe Begierde verriet, die an Naomi riss und zerrte. Seine Augen, die dieselbe Lust herausschrien. Er wollte sie.
Aber er hatte sie nicht genommen. Nicht hier und jetzt.
Er hatte Pläne. »In Ordnung, Schlitzohr«, murmelte sie. Ihr Herzschlag fand sein Echo in der Lust, die die Hitze zwischen ihren Schenkeln zum Pulsieren brachte. Sie würde sein Spiel mitspielen.
Zeitlupenlangsam, mit einem genussvollen Erschauern, legte sie die
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