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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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küsste.
    »Andromeda Nikolai«, sagte er und wandte sich mit der Blondine am Arm Naomi zu, um die Frauen einander vorzustellen. In Naomis Fingern kribbelte es. »Das hier ist Naomi Ishikawa. Naomi, das ist meine gute, alte Freundin Andy.«
    Ein bisschen Blut hier und da würde dem Gesicht der kühlen Blonden einiges von seiner Strenge nehmen, dachte Naomi. Sie nahm die dargebotene Hand. Die Blonde zog Naomi zu sich herunter und hauchte Begrüßungsküsse rechts und links neben Naomis Wangen.
    Es kostete die Hexenjägerin einiges an Überwindung, der Frau nicht die schmalen, dünnen Finger zu brechen. »Nett, Sie kennenzulernen«, nuschelte Naomi stattdessen.
    »Nun, ob es von Geschmack zeugt, sich ausgerechnet mit Phin anzufreunden, darüber lässt sich sicher trefflich streiten«, meinte die Frau namens Andy gut gelaunt. »Aber ich freue mich, Sie kennenzulernen, Miss Ishikawa. Wenn ich recht verstanden habe, brauchen Sie ein Abendkleid.«
    Den Rücken mit einem Mal kerzengerade stand Naomi da. »Ach, ja? Brauche ich das?«
    »Braucht sie keins?«, wandte sich Andy an Phin. Der aber hatte sich bereits auf den Weg zu einem der Ständer gemacht, auf dem sich Kostbares aus üppiger Seide in Smaragdgrün darbot. »Phin, hast du ihr denn nichts gesagt?«
    »Nein«, erwiderte statt seiner Naomi und stemmte eine Hand in die Hüfte, »er hat ihr nichts gesagt! Also, jetzt raus damit: Was soll das?«
    Phin aber zog nur eines der schimmernden Kleider zwischen den anderen auf der Kleiderstange heraus, eines mit üppigen Drapierungen. Andy schüttelte den Kopf. Sie wandte sich wieder an Naomi, in ihren blauen Augen blitzte Erheiterung, und sagte: »So viel also dazu. Nun, ich kenne ja Ihre Maße   …« Naomis Gesichtsausdruck musste ihren plötzlich hochkochenden Unmut verraten haben. Denn die kleine, zierliche Frau lachte. »Ich habe ein besonderes Auge dafür. Keine Angst, Phin hat Sie nicht vermessen, während Sie geschlafen haben.«
    »Keine Chance, denn wo er ist, schlafe ich nicht«, grummelte Naomi vor sich hin. Als sie Andys süffisantes Lächeln sah, schlug sie sich die Hand vors Gesicht. »Ähm«, murmelte sie, »so hab ich das nicht gemeint.«
    »Aber so soll’s sein und wird’s sein!«, verkündete Andy in unzumutbar fröhlichem Singsang. In der einen Hand ein aktendeckelschmales Display, nahm sie mit der anderen Naomis Ellenbogen. »Ich habe eine ungefähre Vorstellung, was ich Sie gern anprobieren lassen möchte, Miss Ishikawa. Aber ich wüsste dennoch gern, welchen Stil Sie selbst bevorzugen.«
    Naomi fühlte sich wie ein Hund, den Herrchen oder Frauchen an der Leine hinter sich herziehen, als sie der Blonden in einen kleinen, aber hell erleuchten Salon folgte. »Etwas, das nicht grau ist?«
    »Grau? Um Himmels willen, sicher nicht, nein!« Wie Lichtbögen sprang Andys Energie auf alles in ihrer Umgebung über. Gegen ihren Willen fand Naomi diesen seltsamen, platinblonden Wirbelwind sympathisch. Zumindest ein bisschen. »Nichts Geradliniges, Schlichtes für Sie, auf keinen Fall. Oder, Phin, was meinst du?«
    »Ich bin dir bereits Meilen voraus«, hörte Naomi Phins Stimme, von Taft und Seide gedämpft, die auf Kleiderstangen aufgereiht waren. Sie selbst fand sich währenddessen in einer Ankleidekabine wieder, deren Lamellentür Andy trotz Naomis halb ausgesprochenem Protest bereits hinter ihr zugezogen hatte.
    Naomi starrte auf schwarz lackierte Holzwände. Resigniert warf sie die Hände hoch.
    Warum eigentlich nicht? Schließlich mochte Naomi es unter normalen Umständen sehr wohl, sich etwas zum Anziehen auszusuchen. Okay, normalerweise kostete das, was sie anzog, nicht so viel wie ein verfluchter Neuwagen. Aber, he, sie war Naomi Ishikawa, das hier gehörte zum Paket.
    Und es war eine fantastische Gelegenheit, endlich an das zu kommen, was sie wirklich dringend brauchte. Hastig durchwühlte sie die blöde Regenbogentasche nach ihrem Com. Es dauerte nur einen Moment, und sie hatte die verabredete Nachricht abgeschickt.
    Wenn es bedeutete, sie müsste eine paar Anproben über sichergehen lassen, um endlich wieder eine Waffe in die Finger zu bekommen, dann bitte schön! Sie würde alles mit einem Lächeln auf den Lippen ertragen und ihren Spaß haben.
    Als es an der Tür klopfte, ließ Naomi ihr Com eilig wieder im Bauch der Tasche verschwinden. »Ja?« Sie schob die Tür auf und fand sich einem Traum aus Taft gegenüber, ein duftiger hauchdünner Traum in Nachtblau. Die Kleid-gewordene-Mitternacht kam auf

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