Blutschuld
Höschens, auf das Tattoo auf ihrem Unterleib gleich darunter. Sie wusste genau, wie alles enden würde.
Mit Kugelhagel und Blutvergießen.
In Phins Augen loderte Feuer. Begierde.
Dann nickte er Andy zu. Kurz, nüchtern. »Auf gar keinen Fall Taft. Sonst sieht sie aus wie eine Karnevalsprinzessin.« Mit diesen Worten ging er. Was blieb, waren die Kleider, die er an die Lamellentür gehängt hatte.
Andy warf die nachtblaue Robe auf den Boden. »Das nächste!«
KAPITEL 12
Naomi Ishikawa war durch und durch Frau.
Keinen Augenblick hatte Phin das bezweifelt. Während sie Kleid um Kleid anprobierte, beobachtete Phin, wie ihre Rückenmuskulatur sich entspannte. Er beobachtete, wie Argwohn und Gereiztheit dahinschmolzen und Empfindungen wichen, die wärmer waren, entspannter. Heiter.
Spaß. Naomi hatte Spaß.
Kaum dass ihm dieser Gedanke gekommen war, wünschte sich Phin, er könnte in diesen unbeschwerten Ort weiblichen Lachens eintauchen wie in ein Quellbecken und Naomi küssen, bis ihr der Atem verginge. Der Kuss sollte ihr das Herz sprengen.
Genau so, wie es auch ihm das Herz sprengte.
Noch ganz in dieses Gefühl vertieft, rieb Phin sich das Brustbein. Sein Blick schweifte über das, was nach der Durchforstung von Andys Atelier noch übrig geblieben war. Es musste etwas anderes geben. Er übersah etwas, etwas, das perfekt war.
Er hörte Andys Stilettos über den Boden klacken, noch ehe sie ihn ansprach. Ihre Stimme war ruhig, entschieden. »Du magst sie.«
Andys platinblonder Schopf reichte ihm kaum bis zur Schulter. Er wandte sich zu ihr um und blickte auf sie hinunter. Er sah ihr direkt in ihre gescheiten, großen blauen Augen. Lügen konnte er jetzt nicht, nicht bei Andy. Sie kannte ihn viel zu gut. »Ja.«
Sie schnitt eine Grimasse. »Du hast wirklich ein Händchen für die Richtigen.«
Ein Feuerwerk aus gemeinsamen Erinnerungen zündete zwischen ihnen, begleitet von verbindendem Lachen, eine kurze Episode der Schwäche, kaum mehr als eine Fußnote in ihrer ansonsten so erfolgreichen Karriere.
Das dachte Phin jedenfalls.
Er legte ihr einen Finger unters Kinn. »He«, fragte er, »was ist los?«
»Ach, du weißt schon«, meinte sie leichthin. Sie legte die Rechte auf Phins Schulter und zog ihn zu sich hinunter. Die Lippen, die seine Wange in einem raschen Kuss streiften, waren warm. »Erinnerungen an gute, alte Zeiten. Tja, was Miss Ishikawa angeht, habe ich alle Register gezogen. Hast du noch eine Idee?«
»Mir gefiel das rote.« Phin ließ zu, dass Andy das Thema wechselte. Aber er hielt ihre Hand fest in seiner. Seine beste Freundin.
Er hoffte, das reichte.
Andy schnitt ein Gesicht. »Zu offensichtlich.« Einen Herzschlag später umspielte ein spöttisches, katzengleiches Lächeln ihre Lippen. »Trotzdem eines meiner besten.«
Phin lachte leise und sah sich noch einmal im Atelier um, suchte mit den Augen die nach ihren intensiven Farben sortierten Möglichkeiten ab.
»Das schwarze Samt…«
»Uhh, nein!« Andy wedelte mit der Hand, als müsse sie den Vorschlag verscheuchen und entzog Phin dabei wie zufällig ihre Hand.
»Das macht keinen Busen. Darin sah sie aus wie ein Zwölfjähriger in einem Kleid.«
»Bestimmt nicht«, widersprach Phin. »Hast du übrigens bemerkt, wie sie in diesem …« Er unterbrach sich, runzelte die Stirn. »Was ist denn das Violette da hinten?«
Andy folgte seinem Blick und entdeckte, was Phin erspäht hatte. Ihr Gesicht hellte sich auf. Eilig durchquerte sie das Atelier, grub zwischen den Kleidern, die dicht an dicht nebeneinander hingen, bis sie den Bügel zu dem Kleid fand, dessen Rock unten aus der Stofffülle herausquoll.
»Das hier«, krähte sie triumphierend, »hatte ich völlig vergessen! Aber das ist es, Phin! Volltreffer.« Der Stoff schimmerte in ihren Armen wie eingefangenes Mondlicht, flüchtig und fragil, ein seidiges Gespinst. Das harte Licht der Deckenbeleuchtung fing sich in dem Purpur und wurde in einer Vielzahl von Nuancen wieder zurückgeworfen. Phin dachte sofort an Wolkenfarben inmitten eines mächtigen Gewitters, an deren Purpur, das Blitze entzündete.
Er stieß einen Pfiff aus. »Lauf und sag ihr, sie soll keins der anderen Kleider mehr probieren!«
»Naomi?«, rief Andy laut durch den Raum. »Wir haben das Richtige gefunden!«
Phin hörte von Entfernung und Stofffülle gedämpft Naomi Fragen stellen, hörte Andys aufgeregte Nicht-Antwort und grinste. Er warf einen Blick auf seine Uhr, vergewisserte sich, dass sie noch reichlich
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