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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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Ma’am.«
    Jetzt musste Naomi nur noch einen Weg finden, Miles entweder in den Nobelladen zu schleusen oder die Waffe von ihm hier draußen auf der Straße in Empfang zu nehmen.
    »Naomi?« Phin bot ihr den Arm, gerade als die blanke Glastür keinen Meter von ihnen entfernt aufglitt. Auf deren Schwelle hieß ein Mann in einem schwarzen Anzug und blütenweißem, gestärktem Hemd Phin und Naomi mit breitem Lächeln willkommen.
    Rasch warf Naomi über die Schulter einen Blick zurück. Die Limousine war bereits losgefahren. Die Scheinwerferkegel erfassten Miles’ hochgezogene Schultern und den vom Regen durchgeweichten Mantel.
    Er war noch nicht nah genug. Auf diese Entfernung konnte sie ihm keinen Wink geben.
    »Sicher«, sagte Naomi etwas zu aufgeräumt und hängte sich bei Phin ein. Noch mehr Blitzlicht, noch mehr Stimmen, die wirr etwas riefen und wild Namen brüllten, die Naomi nicht verstand.
    Unmittelbar über ihrem Kopf zerfetzte es Ziegelstein. Die Splitter flogen in alle Richtungen; wie ein tödlicher Hagelschauer regneten sie zu Boden, schlugen in die Mauer gegenüber ein. EinSplitter streifte Naomis Unterarm, und Adrenalin flutete ihren Körper, ihr ganzes System, während auf weißer Haut ein vor Blut dunkler, dünner Streifen erschien.
    Miles’ Stimme, Warnruf wie Befehl, hallte von den Mauern wider. »Runter!«
    Ohne sich umzusehen, ohne überhaupt Zeit mit Denken zu verschwenden, war alles eine einzige fließende Bewegung: Phin beim Arm zu packen, den Mann herumzuwirbeln, den Saum des Kleides aus dem Weg zu kicken, nur fort von den spitzen, hohen Absätzen der zarten Sandaletten, mit derselben Bewegung ihres langen Beins, jetzt unbehindert auszuholen und Phin die Beine unter dem Körper wegzureißen. Er schlug auf dem Pflaster auf, ehe er überhaupt Zeit hatte, überrascht zu sein.
    Naomi folgte ihm keinen Atemzug später, warf sich über Phin und nagelte ihn am Boden fest.
    Der nächste Splitterhagel, der über ihren Köpfen niederging, schickte einen Regen scharfer Geschosse herunter. Besorgt und ohne jegliches Gespür für die Gefahr, eilte der Maître aus der relativen Sicherheit des Eingangsbereichs herbei.
    Er fuhr zusammen, als ein Steinsplitter ihm die Wange aufschlitzte.
    »Rein mit Ihnen, sofort!«, brüllte Naomi. Aber der Idiot gehorchte nicht. Nur seine Hand zuckte hoch zur verletzten Wange.
    Naomi hörte die Schüsse nicht. Konnte sie nicht herausfiltern aus dem Geschrei der Menge einen halben Block weit entfernt. Aber der Maître fiel zu Boden wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hat. Wie in Zeitraffer erblühten auf seiner Brust Blumen aus Blut von der Knospe zur vollen Blüte. Das Glas der Tür hinter ihm bekam Sprünge. Zerbarst.
    Für den Mann kam alles zu spät.
    Naomi war schon wieder in Bewegung. Während sie sich von Phin herunterrollte und sich den Saum des Kleides griff, sprang sie auf die Füße. »Miles!«
    Der Missionar klebte auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Mauer. »Scharfschütze!«, brüllte er und warf Naomi den kleinen, schwarzen Kasten zu, den er bei sich hatte. Die Bewegung war von einer Mühelosigkeit, die nur durchtrainierte Muskeln besitzen. Der Kasten erwischte Naomi voll an der Brust und trieb ihr für einen Augenblick alle Luft aus den Lungen. Aber Naomi fing den Kasten sicher auf.
    Endlich. Verflucht noch eins, endlich eine Waffe!
    Miles fing die regenbogenfarbene Handtasche, die sie ihm im Tausch für die Waffe zuwarf. »Clarke hat erste Priorität«, befahl er, »bring ihn in Sicherheit.« Miles startete durch, zurück in Richtung der Lichter, in Richtung Straßenkreuzung. Er würde das Gebäude umrunden, und sie musste Phin aus dem Schussfeld schaffen. Sie wusste, dass das Licht, das aus dem Restaurant auf die Straße fiel, wie ein Scheinwerfer auf sie gerichtet war. Sie waren das perfekte Ziel; sie hätte sich auch mit Neonfarbe übergießen und eine Zielscheibe auf ihren Rücken malen können. Naomi riss den Deckel des schwarzen Kastens auf.
    »Naomi!« Phin kniete neben dem reglosen Maître und beugte sich über ihn, als könnte er noch etwas für ihn tun, wenn ihm selbst eine Kugel erst den Schädel zerfetzte. Ein Ärmel des edlen Jacketts war herausgerissen, überall Straßendreck und Matsch von den Pfützen.
    Andromedas wundervolles Kleid würde nie mehr aussehen wie zuvor, selbst wenn Naomi sämtliche Flecken herausbekäme.
    »Weg von dem Mann!«, befahl sie rau und musste sich selbst gegen das Gefühl abschotten, ihm

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