Blutschuld
Champagnerglas zurück in den kleinen Barschrank. »Beruf und Karriere waren ihr wichtiger als ein Partner.« Wieder spürte Naomi seinen Blick auf sich ruhen.
Beziehungsweise auf ihrem Dekolleté, wie sie mit einem Anflug von Galgenhumor feststellte. Sie rutschte auf dem Sitz hin und her und klemmte schließlich einen Finger unter die hauteng sitzende Korsage. Daran herumzuhebeln, verschaffte Naomi kein Stück mehr Luft. Das verfluchte Ding war wie aus Stahl gemacht. Darin zu atmen war nicht vorgesehen. »Du scheinst nicht gerade am Boden zerstört deswegen.«
Sie tauschten einen Blick. Erheiterung legte sich über Phins Gesichtszüge, vertrieb alles andere, was man in seinem Gesichthätte lesen können. »Das ist fast acht Jahre her, Naomi. Andy und ich, wir waren beide noch jung. Das Zeitlos war der Mittelpunkt meines Lebens, und sie wollte ihr Atelier, Kleider entwerfen.« Einen Herzschlag lang schwieg er. Dann fuhr er fort: »Ich bin diesen Monat zweiunddreißig geworden. Ich habe meine Unschuld mit siebzehn verloren, und nein, Andy war daran nicht beteiligt. Mein erster Kuss war auf der Geburtstagsparty einer Klassenkameradin. Ich war zehn, sie war elf. Möchtest du wissen, mit wie vielen Frauen ich geschlafen habe?«
Naomi reckte das Kinn in die Höhe. »Nur wenn es dir dann auch gefällt, dass die rosarote Brille, mit der du mich betrachtest, irreparablen Schaden nimmt.« Zuckersüß troff es von jedem Wort, das ihr über die Lippen kam.
Phin kniff die Augen zusammen. Jenseits der entspannten Stimmung blitzte es gefährlich in seinen Augen. »Tatsächlich.«
Der Wagen wurde langsamer. Naomi hatte vorgehabt, Phin mit Blicken herauszufordern und seinem Blick standzuhalten. Sie wollte beweisen, dass sie in einem Designerfummel in einer Luxuskarosse sitzen konnte und nichts von der Frau dabei verloren ginge, von der Phin Clarke gar nicht wusste, dass es sie gab. Aber helles Licht flutete durch die getönten Scheiben der Limo herein, explodierte wie Feuerwerk. Naomi runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen, als sie aus dem Wagenfenster sah.
»Willkommen bei Swann’s«, meinte Phin trocken.
»Presse?« Das gefiel Naomi ganz und gar nicht. Viel zu viele Menschen. Fotos. Ihr Gesicht in den Nachrichten. Schlimmer noch, sie an Phins Arm. »Ich kann Journalisten nicht ausstehen.«
»Eine Bezeichnung wie diese verdienen sie kaum.« Phin drehte sich im Sitz um und klopfte an die Trennscheibe zur Fahrerkabine. Die Scheibe wurde heruntergelassen, und Martin neigte den Kopf unter der Chauffeursmütze, um zu signalisieren, dass er zuhöre. Währenddessen steuerte er den teuren Wagen sicher an unzähligen anderen Wagen derselben Luxusklasse vorbei.
Naomi blickte finster drein. Die Nacht der Nächte für die Reichen und Verruchten, was?
»Ich habe uns bereits angekündigt, Sir«, meldete Martin in seiner korrekten und präzisen Art. »Man erwartet Sie am rückwärtigen Eingang.«
»Danke.« Die Trennscheibe wurde wieder hochgefahren, und Phin drehte sich mit einem Lächeln zu Naomi um. Er rückte sein Jackett zurecht. »Damit wäre das dann erledigt.«
»Phin, ich möchte nicht …«
Er schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hand. »Entspann dich. Das hier ist eine Verabredung, Naomi. Ich bitte dich ja nicht gleich, mich zu heiraten. Es kann aber sein, dass ich dich bitte, mir noch einmal die rote Spitze zu zeigen«, fügte er mit einem jungenhaften Lächeln hinzu. Es schlug bei Naomi ein, bittersüß, und traf sie mitten ins Herz. »Nur hat das eine mit dem anderen wirklich nicht viel zu tun, glaub mir.«
Nein, hatte es wirklich nicht. Mit Sicherheit würde Naomi es überleben, ihm die eisblauen Dessous vorzuführen, die Andy in die Ankleidekabine geschmuggelt hatte, als Phin nicht hingeschaut hatte. Die waren tausend Mal sexyer als die rote Spitze. Naomi lächelte Phin an. Aber das Lächeln half nicht. Den Stich mitten ins Herz spürte sie immer noch, der Schmerz blieb.
Nervosität. Weiter nichts. Was sollte es auch sonst sein? Naomi strich ihr Kleid glatt, als die Lichter hinter der Limousine zurückblieben. Nach kurzer Fahrt hielt der Wagen.
Die Fahrertür wurde geöffnet, und Martin erschien am Seitenfenster.
Phin stieg als Erster aus, ließ Naomi die Zeit, Andromedas Abendrobe am Saum zusammenzunehmen. Erst dann streckte er ihr die Hand entgegen, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Die Hand versprach Sicherheit. Dieses Mal nahm sie Phins galantes Angebot an.
Sie ließ zu, dass er
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