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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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Rippen, ihre Beine, versteiften sich. »Mom.« Die Stimme versagte ihm bei diesem einen Wort, das nichts als eine flehentliche Bitte war. Er hatte Gemma schon lange nicht mehr so genannt   – so viele Jahre war es her, dass er sich nicht einmal mehr daran erinnerte.
    Nie mit dieser Dringlichkeit.
    Gemmas Gesichtsausdruck verhärtete sich. Mit zusammengekniffenen Augen, ein General im Angesicht der Schlacht, deutete sie auf ein frisch bezogenes Bett, alles rein und weiß. »Dorthin!«
    Phin beeilte sich, ihr zu gehorchen. Vorsichtig, mit großer Umsicht, so sanft wie möglich, legte er Naomi in das Bett.
    »Lily, bitte halte du das Handtuch fest auf die Wunde gedrückt. Phin, mein Schatz, hol ihr etwas Frisches zum Anziehen aus ihrer Suite!«
    »Ich gehe nicht. Ich will bei ihr bleiben.«
    »Phin   …«
    Er richtete sich so hastig auf, dass er gegen das Bett stieß. Die Erschütterung ließ Naomi vor Schmerz scharf nach Luft schnappen.
    Zerknirscht und bleich im Gesicht trat er mit einem raschen Schritt vom Bett zurück, hob abwehrend die Hände. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich heiser.
    »Nichts passiert, Liebling, sie kommt schon wieder in Ordnung«, versuchte Lillian es erneut. »Bitte beruhige dich, Phin.«
    »Sie wird nicht hierbleiben wollen«, erklärte er und suchte Gemmas Blick, die in einem großen weißen Schrank herumwühlte. »Sie wird sich weigern, in der Klinik zu bleiben.«
    »In Ordnung«, entgegnete Gemma nur und setzte hinzu: »Sieh zu, dass ihre Suite für sie vorbereitet ist.«
    »Ich werde nicht   …«
    »Phinneas Clarke!« Lillian musste nicht einmal die Stimme erheben. Sie hob auch kaum den Blick, während sie, die Fingerknöchel weiß vor Anstrengung, das Handtuch auf Naomis Wunde presste, die nicht aufhören wollte zu bluten. Das Blut sickerte unter dem Tuch Naomis Schulter entlang und den Arm hinunter. »Tu, was deine Mutter dir gesagt hat!«
    »Bitte«, fügte Gemma wesentlich sanfter hinzu.
    Trotz Panik, tiefem Schrecken und Wut   – sie schickten ihn fort wie einen Schuljungen, mit dem man machen durfte, was manwollte   – sah er den wissenden Blick, den seine Mütter wechselten. Danach hatte Lillian wieder nur Augen für die Verletzte und das Handtuch, das es als möglichst effektive Kompresse auf die Wunde zu drücken galt. Gemma aber ging um das Bett herum zu Phin, nahm ihn bei beiden Händen. Ihre Hände waren warm und trocken, ihr Griff fest.
    Nachdrücklich zog sie ihn mit sich, in Richtung Fahrstuhl. »Sie kommt wieder in Ordnung«, versprach sie ihrem Sohn mit der ihr eigenen sanften Stimme. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um dafür zu sorgen.«
    »Ich möchte doch nur   …« Ja, was denn? Was wollte er?
    »Wenn ich sie verbunden habe«, fiel Gemma ihm ins Wort, ließ ihn los und nahm stattdessen sein Gesicht in beide Hände, »bringen wir sie in ihr eigenes Bett, und du wirst dich dann um sie kümmern und nach ihr sehen. Sie wird jemanden bei sich haben wollen, dem sie vertraut. Hast du mich verstanden, mein Sohn?«
    Phin schloss die Augen. Vor seinem geistigen Auge sah er Blut und Blitzlichtgewitter. Naomis Mund ein dünner Strich, solche Schmerzen hatte sie.
    Sie vertraute ihm nicht.
    Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass er sich wünschte, es wäre anders.
    Der Druck, den die Hände seiner Mutter auf seine Wangen ausübten, verstärkte sich. »Phin.«
    »Ich gehe und bereite alles vor«, sagte er. Er zwang sich zuversichtlicher zu klingen, als ihm zumute war. Gefasster. »Bring sie hinauf, sobald sie verbunden ist!«
    »Genau so machen wir’s.«
    »Und, Mutter   …« Gemma neigte den Kopf, als er sie bei den Händen nahm, »sei vorsichtig! Ich   …«
    »Gemma!« Sorge ließ Lillians Stimme beinahe schon klirren.
    Phin wehrte sich nicht, als Gemma ihn in die Fahrstuhlkabineschob. Augen hatte er nur für Naomi. Bis sich die Aufzugstüren schlossen und ihm die Sicht nahmen. Naomi war so blass unter dem Blut auf ihrer Wange. Die diamantbesetzten Haarnadeln, mit denen ihr Haar hochgesteckt gewesen war, waren längst verloren gegangen. Offen floss ihr das schwarze Haar über den Rand des schmalen Kissens. Aber alles, was Phin denken konnte, war, wie sie ihn halb herumgeschleudert, halb gehalten hatte, als sie ihn aus dem Lichtkegel in den Schatten befördert hatte.
    Raus aus dem Licht.
    Phin ballte die Fäuste, weiß traten die Knöchel hervor. So, mit geballten Fäusten, hastete er in Naomi Ishikawas Suite.
    Sie schlief, als kämpfte sie in

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