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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ihr Blick auf den Turm, und sie
     nickte. »Xiria ist bald zurück«, erklärte sie etwas besänftigter und erhob sich dann in die Lüfte.
    Mador sah seiner willigen Kriegerin hinterher und erfreute sich an ihrem anmutigen Flug. Wie konnte etwas so Schönes nur so
     bösartig und gefährlich sein? Sie wäre eine wundervolle Gefährtin für ihn gewesen. Doch sie war nicht zu lenken – nicht einmal
     für ihn. Mador bedauerte es fast, doch er wollte sich nicht beschweren. Dort oben auf dem Turm saß der Auserwählte Salas,
     gefangen und willenlos, die Tränen der Göttin wären bald in seinem Besitz, und die Tochter Ilanas und Tojars würde durch Xirias
     Hand den Tod finden. O ja, er wusste, wer sie war, Muruk hatte es ihm gesagt! Wieviele bedeutsame Zufälle in so kurzer Zeit!
    Noch einmal sah er hinauf zum Turm und wandte sich dann ab. Er hatte lange auf diesen Augenblick gewartet, und er würde auch
     noch die wenigen Stunden warten können, bis Xiria zurückkehrte. Was würden Ilana und Tojar wohl tun, wenn er ihnen den Kopf
     ihrer Tochter nach Engil zurücksandte? Bald würde er es wissen. |404| Lin wollte aufschreien, doch die Arme packten sie so hart um die Taille, dass ihr die Luft wegblieb. Sie verlor den Boden
     unter den Füßen und beobachtete erstarrt, wie eine ihrer Sandalen von ihrem Fuß glitt und den weiten Weg zurück zum Waldboden
     antrat – ohne sie! Mit unerwarteter Geschwindigkeit wurde Lin in die Luft gerissen, immer höher, und es dauerte eine Weile,
     bis sie aus ihrer Starre erwachte und den Kopf anhob. Lin blickte in das schönste Mädchengesicht, das sie jemals gesehen hatte;
     es wurde von einer Flut weißsilbrigen Haares umrahmt. Sofort wusste sie, wer dieses Mädchen war, und wagte kaum, es anzusprechen.
    Die Schjacks hatten sie nicht angegriffen. Nachdem sie eine Weile um sie herumgestrichen waren und sie beobachtet und angeknurrt
     hatten, waren sie mit einem letzten furchterregenden Heulen einfach im Wald verschwunden. Es schien fast, als hätten sie Wache
     bei ihr gehalten, und tatsächlich waren diese bösartigen Wesen noch nicht lange fort, als Lin der Boden unter den Füßen weggerissen
     wurde. Kurz hatte sie überlegt, weiterzugehen, doch ihre Beine hatten gezittert, und es war zu dunkel gewesen. Schließlich
     war sie einfach geblieben, wo sie war, obwohl die Angst ihr Herz zuschnürte.
    Die Greifin trug sie durch die Luft, ihre Arme wie eine Zwinge um Lins Leib geschlossen. Was wollte sie von ihr? Wohin wollte
     sie mit ihr?
    »Xiria?« Lin fiel der Name wieder ein, sie sprach ihn leise, fast andächtig aus. Die blauen Augen schienen ihr hasserfüllte
     Blitze zuzuwerfen, welche die helle mädchenhafte Stimme Lügen straften.
    »Xiria wird die Menschin töten«, stellte die Greifin mitleidlos fest.
    Lin schluckte hart. Die Greifin hasste sie; weshalb immer sie gekommen war – sicherlich nicht, um Lin vor den Schjacks zu
     retten. Xiria trug sie durch die Nacht, hinweg über die Baumkronen Isnals, dann über eine flache Ebene, die an die Tore einer
     Stadt grenzte. Es konnte sich nur um Dungun handeln, die verfluchte Stadt des dunklen Gottes. Lin wagte es nicht, Xiria noch
     einmal anzusprechen, |405| viel zu sehr fürchtete sie, dass die Greifin ihre Drohung, sie zu töten, auf der Stelle wahr machen würde.
    Doch Xiria ließ sie nicht fallen und tötete sie auch nicht. Stattdessen trug sie Lin über die ruinenhaften Häuser der Stadt,
     die wie ausgestorben dalagen, hin zu einem alten Wehrturm, auf welchem sie Lin absetzte.
    Lin atmete tief durch, als der klammernde Griff um ihren Leib sich löste und sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte.
     Mit zitternden Knien brach sie zusammen und wagte nicht, sich zu bewegen. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und
     schließlich erkannte sie den schlafenden jungen Mann, der sich in der Ecke des Turmes an der Umfassungsmauer zusammengerollt
     hatte.
    »Degan!«, rief sie überrascht, und tatsächlich regte er sich im Schlaf. »Degan«, versuchte Lin es noch einmal, dieses Mal
     lauter.
    Endlich wurde er wach und setzte sich benommen auf. Sein schönes Gesicht war von Verwunderung gezeichnet, als er sie erkannte.
     Sein Blick verharrte jedoch nicht auf ihr, sondern wanderte weiter.
    Xiria trat neben sie. »Degan kennt die Menschin?«, fragte sie mit kühler Stimme.
    »Das ist Lin, die Tochter meiner Ziehmutter«, gab Degan bereitwillig Auskunft und blickte wieder zu Lin. »Was in Salas Namen
     tust du hier?«

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