Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
Rolle. Es war alles eine Frage der Wahrnehmung.
Ich zuckte zusammen, weil mein Kopf fast explodierte, als sechs Pixies unter schrillen Schreien auf meinem Hausschuh in den Raum schlitterten. Das Schuhschlitten-Spiel brachte mich gewöhnlich zum Lachen, weil sich fünf oder sechs Pixies in meinem Schuh drängten und schrien, als sä ßen sie in einer Achterbahn, während eine orangefarbene Katze sie jagte. Aber heute Abend …
»Jenks!«, schrie ich. Damit hatte mein Frust einen Blitzableiter gefunden.
Jenks schoss in den Raum und trieb seine Kinder zusammen. Er sprach mit leiser Stimme zu ihnen, während sein Nachwuchs sich beschwerte und schließlich lärmend den Raum verließ. Sie schleppten meinen Hausschuh mit, als sie davonflogen. »Tut mir leid, Rache. Sie werden dich in Ruhe lassen.«
Ich sah auf. Der Pixie schwebte immer noch niedergeschlagen auf der dunklen Türschwelle. Leicht leuchtender gelber Staub rieselte von ihm herab. Sofort überschwemmten mich Schuldgefühle und verfinsterten meine Laune noch weiter. »Mir tut es leid«, flüsterte ich, während ich hilflos mit der Hand wedelte. »Deine Kinder sind in Ordnung.« Gott helfe mir, ich hatte alles nur noch schlimmer gemacht.
Er schwebte hoch und runter, wobei er genauso hilflos aussah, wie ich mich fühlte. »Wir werden sie zurückbekommen«, sagte er schließlich, dann schoss er davon, als eine seiner Töchter einen Bruder anschrie, sie endlich in Ruhe zu lassen.
Ich wandte mich wieder dem Buch zu, ohne es wirklich zu sehen. Dann blätterte ich um und spürte, wie ein Stoß schwarze Magie meine verbrannten Finger traf. Zischend sog ich die Luft ein, ballte die Hand zur Faust und schob das Buch von mir. Wütend ließ ich mich so heftig in den Stuhl zurückfallen, dass ich fast nach hinten umgekippt wäre. Ich wusste, wie ich die Kraftlinie reparieren konnte, aber ohne Bis ging es nicht. Ich konnte Bis zurückholen, aber nur, wenn ich vorher die Kraftlinie reparierte.
Jenks und Belle waren im Flur. Ich konnte Belles flüsterndes Lispeln hören, aber nicht verstehen, was sie sagte. Deprimiert sackte ich in mich zusammen. Ich verdarb allen den Tag. Ja, ich. Ich starrte immer noch auf den verblassten Dämonentext, als Jenks langsam in den Raum schwebte. Er wirkte so demütig, wie es einem fliegenden Mann, der selbst im Schlaf noch Fairys aufspießen konnte, nur möglich war. »Ähm, wie läuft’s, Rache?«
Ich hatte die Zähne zusammengebissen. Jetzt löste ich sie mühsam voneinander. »Prima.« Probleme in Massen, wie Ivy sagen würde. Ich hätte sie gestern schon anrufen sollen, nicht erst vor drei Stunden. Sie war auf dem Rückweg, aber es würde noch ein wenig dauern.
Jenks zögerte, dann ließ er sich neben mir auf den Tisch sinken und legte die Flügel an. »Es wird wieder gut«, sagte er. Ich wusste, dass er mich aufmuntern wollte, aber die Worte glitten wie eine Käsereibe über meine Nerven.
Ich starrte an die Wand, und meine Kehle wurde eng. Jenks’ Kinder beobachteten uns mitfühlend von der Tür aus, wo sie sich auf dem Türrahmen aufgereiht hatten. Ihr Staub glänzte wie Lametta.
»Ich bin nicht Ivy, aber ich wette, uns fällt etwas ein«, sagte er.
Ich rang mich zu einem Lächeln durch. »Ich weiß einfach nicht, wo ich anfangen soll«, erwiderte ich, als ich das Buch zuklappte. Die Bindung knirschte, aber es war mir egal.
»Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«
Teilnahmslos spielte ich am Buchrücken herum, bis mir klar wurde, dass er wahrscheinlich aus Haut bestand. »Ich weiß es nicht. Vielleicht letztes Jahr?«
Er lachte auf, aber es klang gezwungen. »Ich bestelle uns etwas. Was willst du?«
Ich wusste, dass er mir nur helfen wollte. Es störte ihn, dass er nichts für mich oder Bis tun konnte, und dass die zwei Welten schon bald spektakulär und permanent kollidieren würden. Aber mir fehlte einfach die Kraft, sein zögerliches Lächeln zu erwidern.
»Ich bin nicht hungrig«, erklärte ich. Jenks’ Staub verblasste gleichzeitig mit seinem Lächeln. Ich konnte nichts essen, wenn ich doch wusste, dass Bis Angst hatte. Mein Versagen hatte ihn in diese Situation gebracht. Trent musste wegen Lucy und Ceri vollkommen außer sich sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie er damit klarkam. Er war ruhig gewesen, als er mich nach Hause gefahren hatte.
Schweigend und mit stillstehenden Flügeln saß Jenks auf dem Buch. Neben mir erkaltete mein Kamillentee. »Ich weiß, dass es wehtut«, sagte Jenks. Ich schaffte es
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