Blutschwur: Die Rachel-Morgan-Serie 11 - Roman (German Edition)
mir, nicht zu Ceri.
Oh Gott, Ceri. Ich war ihrer Befreiung kein Stück näher als bei meiner Ankunft im Jenseits.
Al schob mir einen lächerlichen rosa-weißen Sonnenschirm in die Hand, ohne etwas von meinen Gedanken zu ahnen. »Hier.«
Das zerbrechliche Teil passte nicht zu meiner Lederkleidung, aber der Schatten darunter war wunderbar. Ich hatte Ku’Sox gesehen. Er wusste, dass ich mir bewusst war, was er getan hatte. Er würde schon bald seine Forderungen stellen, und bis dahin musste ich einfach daran glauben, dass es Lucy und Ceri gut ging. »Danke«, erwiderte ich, während ich über den Schutt hinwegsah. »Sollte die Kraftlinie nicht dort beim Felsen liegen? Dort bin ich rausgekommen.«
Al begann, sich einen Weg zu der Linie zu suchen. Immer wieder stieß er mit dem Gehstock Steinbrocken zur Seite. »Kraftlinien driften«, bemerkte er mit gesenktem Kopf. »Bewegen sich. Sie sind wie Magneten, die sich gegenseitig abstoßen. Mit genug Zeit und Druck verlagern sie sich über Kontinente. Sie erscheinen nur unbeweglich, weil die alten Linien sich schon vor Jahren aneinander angeglichen haben. Deine hier …« Al schnaubte nachdenklich. »Wahrscheinlich wird sie nicht mehr weit wandern. Hatte sie immer schon diese Ausmaße?«
Ich nickte, als ich ihn einholte und mich dem kaum sichtbaren Schimmer in der Luft zuwandte. Die Kraftlinie, auf der die Universität stand, war breit genug, dass man mit einem Pferdegespann fünfhundert Meter darin fahren konnte. Die Linie auf meinem Friedhof war vielleicht einen Meter zwanzig breit und vier Meter lang. Zugegebenermaßen eine sehr kleine Linie. Meine hatte ungefähr die gleichen Ausmaße, nur war sie ein wenig länger.
Al presste die Lippen aufeinander und schnaubte wieder. Er starrte scheinbar ins Nichts, aber wahrscheinlich begutachtete er die Linie mit seinem zweiten Gesicht. »Du bist schnell rausgekommen. Je länger es dauert, desto breiter die Wunde.«
»Wirklich?« Also war eine kleine Linie etwas Gutes. Das brachte mich zu der Frage, wer wohl die Linie auf meinem Friedhof geschaffen hatte. Dann grübelte ich darüber nach, wer so lange gebraucht hatte, die Linie an der Universität zu verlassen. Al vielleicht?
Al maß das Schimmern in der Luft mit Schritten ab, dann drehte er sich wieder um und kam zurück. Die Linie summte zwischen uns in der Luft. »Eine Linie dieser Größe kann aus sich heraus nicht so heftig lecken.«
»Zumindest hat sie das nicht getan, als ich sie verlassen habe.« Ich verlagerte mein Gewicht und fühlte mich ohne meine übliche Schultertasche nackt.
Al sah mich an. »Kannst du sie hören?«, fragte er. Ich verzog angewidert den Mund. »Du setzt dein zweites Gesicht nicht ein«, fügte er hinzu. Ich schüttelte den Kopf und schob mir eine Strähne hinters Ohr. Doch als der Dämon theatralisch mit den Händen wedelte, atmete ich aus und hob mein zweites Gesicht.
Das Surren wurde schlimmer. Es glitt so rau über mein Bewusstsein wie die rote Sonne über meine Haut. Aber so übel die Linie auch klang, ihr Aussehen war noch schlimmer. In Brusthöhe hatte die Kraftlinie ihre übliche, rötliche Farbe, aber in ihrer Mitte zog sich über die gesamte Länge eine hässliche, purpurne Spur. In der Mitte war diese Verunreinigung am dicksten, an den Enden kaum sichtbar. Die Farbe war so dunkel, dass sie im Zentrum fast schwarz wirkte. Rote Fäden verschwanden darin wie Energie in einem schwarzen Loch. Ich konnte das Leck tatsächlich sehen, das alles um sich herum einsaugte. Mein Magen hob sich.
»Kann man sie noch benutzen?«, fragte ich Al, dessen entstellter Umriss hinter der Linienenergie rötlich leuchtete. Hinter ihm erhoben sich unheilverkündend die Schutt berge.
Er zuckte mit den Achseln. »Wir haben sie benutzt, um hierherzukommen.«
Erschüttert legte ich mir eine Hand auf den Bauch und senkte mein zweites Gesicht. »Al«, sagte ich. »Diesen purpurnen Kern hatte sie noch nicht, als wir das letzte Mal hier waren.«
»Ich weiß.«
»Was hat Ku’Sox damit gemacht?«, fragte ich frustriert.
Al stemmte die Hände in die Hüften und musterte die Linie eingehend. Er erinnerte mich irgendwie an Jenks, obwohl sie sich überhaupt nicht ähnlich sahen. »Ich weiß es nicht.«
Er glaubte mir. Meine Schultern sanken erleichtert nach unten. Ich erwog, durch die Linie zu treten, um mich neben ihn zu stellen. Dann entschloss ich mich lieber dazu, mich daran vorbeizuschieben, wie auch er es getan hatte. »Also«, sagte ich langsam. Ich
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