Blutsdaemmerung - Licht Und Schatten
waren schon weg als ich mich von meinem Stuhl erhob und auf die Tür zuging.
Ich trat hinaus in den Flur und da stand er. Dorian lehnte an der Wand und schien tatsächlich auf mich zu warten. Unsere Blicke trafen sich und ich konnte hören, wie er tief Luft holte. Dann lächelte er.
"Hallo, ich glaube wir kennen uns noch nicht. Bist du neu auf der Uni?" Es kostete ihn einiges an Mühe, dass seine Stimme nicht anfing zu zittern.
Antworten oder weitergehen? Meine Gedanken überschlugen sich fast.
Dann schien mein Herz für mich zu entscheiden. Ich blieb stehen, erwiderte sein Lächeln und antwortete: "Stimmt, ich bin seit August hier. Ich heiße Tamara."
Anscheinend hatte er nicht wirklich mit einer Antwort gerechnet.
"Äh...I-ich bin Dorian." stammelte er. Ich konnte hören, wie sein Herz kurz aussetzte. Er schien außer sich vor Freude über unseren Smalltalk.
"Und du? Studierst du schon länger?" fragte ich ihn.
"Ich bin im zweiten Jahr, aber den Deutschkurs habe ich erst dieses Jahr belegt. Fremdsprachen liegen mir ganz gut." Jetzt klopfte sein Herz vor Nervosität heftig.
Ich sah auf die Uhr. "Oh, ich muss los. Meine Freundin Val wartet am Auto auf mich."
"Wenn du nichts dagegen hast, begleite ich dich." Seine Hand fuhr mit schnellen Bewegungen über den Rücken seines Buches und er sah mich unsicher an.
"Okay, gern." antwortete ich und war nicht weniger nervös.
Wir liefen schweigend nebeneinander her.
Plötzlich sah er zu mir rüber. "Das hörst du wahrscheinlich ständig, aber du hast wirklich wunderschöne Augen."
Für diesen Satz hatte er bestimmt all seinen Mut zusammen genommen.
Ich kicherte wie ein alberner Teenager.
"Danke. Und so oft höre ich das auch wieder nicht. Die meisten finden sie eher...beängstigend."
Er konnte ja nicht wissen, dass andere Menschen normalerweise sehr scheu auf uns wirkten und in unseren Kreisen meine Augenfarbe nichts Besonderes war.
Er runzelte die Stirn. "Beängstigend? Nein, ich finde sie sehr interessant."
Anscheinend schien bei ihm der Instinkt zur Selbsterhaltung nicht so stark ausgeprägt zu sein wie bei den meisten Sterblichen.
Als wir den Parkplatz erreichten stand Valentina schon am Auto und wartete auf mich.
"Na dann, man sieht sich spätestens am Mittwoch." Er lächelte mich vorsichtig an.
"Ja, bis dann." erwiderte ich.
Ich wandte mich herum und ging zu Val, die ein breites Grinsen im Gesicht hatte.
"Und ist er nett?" fragte sie mit Unschuldsblick, als ich an ihr vorbei lief.
"Ja, sehr." erwiderte ich nur, doch mein Gesicht verriet ihr wahrscheinlich wieder mehr als mir lieb war.
"Also ich freue mich für dich. Vielleicht wirst du jetzt endlich glücklich. Und wenn er wirklich genauso stark für dich empfindet, was spricht dagegen ihn zu einem von uns zu machen." Sie plauderte fröhlich drauf los, doch ich hörte ihr nur mit halbem Ohr zu.
Denn genau das war es, was mir zu schaffen machte. Die Tatsache dass ich ihn verwandeln müsste - wenn er das überhaupt wollte.
Ich wollte nicht, dass er sein altes Leben nur wegen
mir
hinter sich lassen musste.
Ich wusste genau, wovon ich sprach, denn ich hatte meine Schwester verloren und um ein Haar auch meine Mutter.
Wollte ich ihm das wirklich antun?
Wir erreichten Max´ Haus und ich war froh, dass nun Wochenende war und zwei schulfreie Tage vor uns lagen. In dieser Zeit konnte ich die Sache noch einmal überdenken und mit Max darüber sprechen. Ich beschloss erst einmal nach oben zu gehen um zu überlegen, wie ich ihm die Sache beibringen sollte.
Ich lief in meinem Zimmer auf und ab, denn ich fand einfach keine Ruhe. Schließlich ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich starrte einige Minuten an die Decke, bis ich wieder so unruhig wurde, dass ich das Zimmer von Neuem ablief.
Ich blieb vor dem Fenster stehen, legte meine Wange an das kühle Glas und starrte in die Dämmerung. Letztendlich musste ich mir eingestehen, dass ich nichts mehr wollte, als mit Dorian zusammen zu sein. Ich hoffte inständig, dass Max das irgendwie verstehen würde.
***
"Das gefällt mir nicht." Max hatte seine Stirn in Falten gelegt und sah mich nachdenklich an.
"Aber es waren deine Worte, du hast mir gesagt es gäbe zwei Möglichkeiten!" Ich hatte Mühe meine Stimme zu kontrollieren.
Was war nur plötzlich los, dass er zögerte? Vor ein paar Tagen hatte er mir diese beiden Möglichkeiten aufgezeigt und jetzt schien er doch Bedenken zu haben.
"Ja Tamara, aber auch ich habe über die Sache nachgedacht und mir ist nicht wohl bei dem Gedanken.
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