Blutsdaemmerung - Licht Und Schatten
ging das so schnell, dass er uns verwundert anstarrte und einige Sekunden später unseren Blicken in das dunkle Unterholz folgte.
Eine zierliche, bleiche Gestalt kam langsam auf uns zu. Als sie zögernd näher an uns herantrat, erkannte ich ein Mädchen mit blonden Locken. Ihre Haare waren allerdings total zerzaust und es hingen einige Blätter darin. Ihre Kleidung war schmutzig und an ihrem Mund und Hals klebte getrocknetes Blut.
Sie sah furchterregend aus.
An ihrem Geruch erkannte ich es sofort, sie war eine von uns! War sie der Vampir, den wir suchten?
Sie sah uns mit weit aufgerissenen Augen an und war sichtlich verwirrt.
"Wer seid ihr?" fragte sie mit brüchiger Stimme. Ihre Augen starrten dabei ins Leere.
Bevor ihr jemand antworten konnte, richtete sie plötzlich den Blick auf Dorian. Ein Fauchen kam aus ihrer Kehle und sie machte einen Satz nach vorne.
Benjamin und Max reagierten blitzschnell und packten sie bei den Armen. Sie schrie und wand sich.
Da eilte Andrew den beiden zur Hilfe. Er stellte sich direkt vor sie und zischte bedrohlich.
"Noch eine falsche Bewegung und wir werden dich töten, ohne mit der Wimper zu zucken!" Andrews Stimme durchschnitt die schwarze Nacht so drohend, dass das Mädchen zusammenzuckte und innehielt.
"Aber ihr habt einen Menschen dabei! Ich möchte auch was von seinem Blut!" schrie sie ihm entgegen.
"Der Mensch steht aber unter unserem Schutz. Er wird von niemandem angegriffen. Und jetzt erklärst du mir sofort, wer du bist und was du hier suchst!" erwiderte Andrew hart und sah sie mit stechendem Blick an.
Ich hatte mich vorsorglich schützend vor Dorian gestellt, denn ich konnte dieses Mädchen nicht einschätzen.
Sie begann zu schluchzen. "Ich...ich heiße Ava...Ava Donovan."
"Wer hat dich verwandelt?" Andrew legte sofort nach in seinem Verhör.
Sie sah ihn fragend an.
"Verwandelt? In was? Ich habe selber keine Ahnung was mit mir los ist..." Sie zitterte und hatte große Mühe, sich in Dorians Gegenwart unter Kontrolle zu halten, "Ich weiß nur, dass ich so großen Hunger habe und irgendetwas zwingt mich, solche schrecklichen Sachen zu tun..." Sie verstummte und schluchzte dann wieder so heftig das ihr Körper durchgeschüttelt wurde.
Max und Benjamin hielten weiterhin ihre Arme fest.
"Warst du das? Hast du die Menschen getötet?" Andrews Stimme wurde ein wenig ruhiger. Wir sahen sie erwartungsvoll an.
Sie hob ihren Kopf. "Ja." flüsterte sie nur.
"Ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist...es ist so...schrecklich!" presste sie unter Tränen hervor.
"Wir werden dich jetzt loslassen. Wenn du eine falsche Bewegung in Richtung Dorian machst, bist du tot! Hast du das verstanden?" Benjamins Stimme war sanfter als Andrews und doch eindringlich.
Ava nickte, schniefte und wischte sich über die Wangen als sie ihre Hände wieder frei hatte.
"Ava, wir können dir helfen! Dazu musst du uns aber vertrauen. Wir wissen, was mit dir los ist. Du bist ein Vampir, genau wie wir. Jemand hat dich dazu gemacht und dich dann allein gelassen." erklärte Benjamin und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Ich bekam Mitleid mit Ava. Sie war so verwirrt und ängstlich weil sie merkte, dass etwas nicht mit ihr stimmte und keiner war da, um ihr zu helfen damit zurecht zu kommen. Ich konnte mich nur noch zu gut erinnern, wie es mir damals ergangen war und wie froh ich war, dass Max sich um mich gekümmert hatte.
Ava irrte wahrscheinlich seitdem allein durch die Nacht. Sie hatte ja noch nicht mal eine Tätowierung und konnte sich somit auch nicht tagsüber bewegen. Die frischen Brandwunden in ihrem Gesicht zeugten davon, dass sie das schon schmerzhaft feststellen musste. Sie tötete Menschen und wusste nicht, warum sie so etwas Schlimmes tat. Ich hoffte sehr, dass sie sich helfen lassen würde.
Dorian verfolgte das Geschehen gespannt und ich fragte mich, was er wohl gerade dachte. Doch ich suchte nicht in seinen Gedanken danach, das hatte ich ihm versprochen zu unterlassen. Er würde es mir später bestimmt selbst erzählen.
Mittlerweile konnte Benjamin Ava davon überzeugen dass es besser für sie war, wenn sie mit den beiden nach New York käme.
Es schien, dass ihr alles Recht war. Hauptsache sie war nicht mehr allein und sie würde endlich erfahren was mit ihr passiert war.
Wie ich später von Max erfahren sollte, konnte sie sich nämlich nur noch daran erinnern, dass sie auf dem Heimweg von einer Party war. Sie wollte die Straße überqueren und da leuchteten plötzlich Scheinwerfer vor ihr auf.
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