Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
auf den besten Griffen landete, bevor Trent sie erreichte. »Du hast Angst davor, dass sie dich nicht mögen wird. Dass du etwas falsch machen könntest, weswegen sie dich dann hasst.«
    Trent streckte sich nach einem weiteren Vorsprung. Dann sah er Jenks in die Augen und zögerte, als er feststellte, dass der Pixie nicht länger sarkastisch war, sondern tiefes Verständnis aus seinem Blick sprach. Trent hatte einem Mann die Kehle durchgeschnitten und ihn einfach liegen lassen. Er bereute lediglich, dass es ihm hätte möglich sein müssen, einen anderen Weg zu finden. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Wie sollte ein Kind jemanden lieben, der anderen das Leben nahm, ohne dabei etwas zu empfinden?
    Trent holte Luft, um etwas zu sagen, änderte seine Meinung jedoch und griff nach dem nächsten Spalt im Fels. Das Klappern von Jenks’ Flügeln verband sich mit dem plätschernden Wasser. Langsam sah Trent wieder die Sonne.
    »Du musst dir überhaupt keine Sorgen machen, Keksbäcker.«
    Trent blinzelte nach oben, während er sich an den Felsen drückte. Jenks’ Silhouette war nur ein undeutlicher Schatten im gleißenden Licht der Sonne, bis der Wind einen Ast verschob und wieder Zwielicht herrschte.
    »Das kann ich garantieren«, sagte Jenks und suchte Trents Blick. »Sobald du sie siehst, wirst du dich verlieben. Du wirst alles für sie tun, egal was. Und das wird sie spüren und dich dafür zurücklieben. Das ist alles, was Kinder wissen wollen – dass du sie liebst.«
    Trent wollte etwas erwidern, irgendetwas, aber die Sonne stach ihm in die Augen und stoppte die Worte in seiner Kehle.
    »Und das wirst du tun«, fuhr Jenks fort, und es war, als spräche ein Sonnenstrahl zu Trent. »Du kannst gar nichts dagegen tun. Es ist eingebaut. Es wird keine Rolle spielen, dass du die ersten drei Monate ihres Lebens nicht anwesend warst. Sie hat auf dich gewartet, und du wirst dich in sie verlieben. Lass dir das von jemandem sagen, der seine ersten fünf Kinder gehalten hat, während sie in seinen Armen starben.«
    Trent schluckte schwer und blinzelte gegen die Sonne an. »Es tut mir leid«, sagte er leise, damit seine Stimme nicht brach. Seine Beine zitterten, und seine Hände schmerzten. Er befand sich kurz vor dem Ziel. Mühevoll hob er einen weiteren Fuß.
    Jenks flog mit gesenktem Kopf in den Schatten und ließ die Flügel hängen. »Ich habe dir das nicht erzählt, damit du mich bemitleidest. Fairyfürze, ich weiß nicht mal, warum ich überhaupt davon angefangen habe. Ich schaue mal, wo der Tunnel ist.«
    Der Luftzug seiner Flügel wehte Trent die Haare ins Gesicht. Verwundert sah dieser ihm und der leuchtenden Spur seines Staubes nach. In der Tat, warum?

3

    Mit protestierenden Muskeln schob Trent sich auf den breiten Felsvorsprung. Seine Beine kratzten über die Felsen, und seine Arme zitterten vor Anstrengung. Mit einem schwe ren Aufatmen drehte er sich, um sich mit dem Rücken an den Fels zu lehnen. Er ließ die Beine über die Kante baumeln, schloss die Augen und genoss den kühlen Luftzug, der aus dem Tunnelausgang neben ihm drang. Erschöpfung breitete sich in ihm aus. Eine Erschöpfung, die nicht nur daher kam, dass er fast fünfzig Kilometer geradelt war, um dann eine halbe Klippe zu erklimmen. Die nicht nur daher stammte, dass er einen Mann umgebracht hatte, den er nicht hatte töten wollen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal geschlafen hatte. Kurze Nickerchen auf dem Rücksitz eines Autos waren einfach nicht dasselbe. Es war ungefähr acht Uhr morgens, aber sein Körper rechnete noch nach Ostküstenzeit. Er wollte schlafen.
    Ein dumpfer Schmerz in seinem Bein riss ihn aus seinem Dämmerschlaf. Er öffnete die Augen, beugte sich vor, zog die Beine an und ließ seine Hand über die glatte Oberfläche seiner Bikerkleidung gleiten. Die Hose war zerrissen und so dreckig, dass man das glänzende Material kaum noch erkennen konnte.
    »Tinks Unterhosen, bin ich müde«, sagte Jenks. Trent sah zu dem Pixie, der auf einem Stein am Rand der Kante saß. Die Flügel des kleinen Mannes bewegten sich langsam genug, dass Trent ihr Schlagen genauso beobachten konnte wie den Staub, der sich langsam daraus ergoss. »Was tust du, um dich wachzuhalten?«, murmelte Jenks halb zu sich selbst, als er in seiner Gürteltasche wühlte und sich etwas in den Mund schob, was wahrscheinlich ein Ball aus Pollen und Nektar war. »Ich esse«, verkündete der Pixie mit vollem Mund. »Ich würd dir ja was anbieten, aber du

Weitere Kostenlose Bücher