Blutseele
was sie tat, bevor es nicht vorbei war. Kisten hatte diesen Trick noch nicht gelernt und lebte jeden Moment, wie er passierte, statt ihn im Kopf wieder und wieder zu erleben, wie es bei ihr war. Das ließ ihn langsamer reagieren, machte ihn … menschlicher. Und dafür liebte sie ihn.
»Müssen wir auch ein Auto loswerden?«, fragte sie, bereits ganz bei der Schadenskontrolle. Sie hatte auf dem Parkplatz nichts bemerkt, aber sie hatte auch nicht darauf geachtet.
»Nein.« Kisten ging nach unten, und sie folgte ihm. Dank seiner vampirischen Stärke meisterte er das Gewicht ohne Probleme. »Sie ist gegen Mitternacht mit Piscary gekommen.«
»Von der Straße?«, fragte sie ungläubig und war froh, dass das Restaurant geschlossen hatte.
»Nein. Vom Busbahnhof. Anscheinend ist sie eine alte Freundin.«
Ivy musterte die Frau auf seiner Schulter. Sie war höchstens zwanzig. Wie alt konnte die Freundschaft schon sein? Piscary mochte keine Kinder, trotz ihrer Größe. Es sah mehr und mehr so aus, als hätte Piscary das eingefädelt, um Kisten dabei zu helfen, auf eigenen Füßen zu stehen. Hatte es nicht nur geplant, sondern auch noch das Sicherheitsnetz der unbestimmten Herkunft der Frau eingebaut, falls Kisten versagen sollte. Der Meistervampir hatte nicht damit gerechnet, dass Ivy ihn vorher entdeckte, und sie fühlte plötzlich etwas für Kisten, was sie Liebe nennen würde – wenn sie nicht gewusst hätte, dass sie dieses Gefühl nicht empfinden konnte, ohne es mit dem Verlangen nach Blut zu beflecken.
Ivy sah Kistens Grimasse, als er sich umdrehte, um die Tür zur Küche aufzustoßen. »Piscary hat sie absichtlich getötet«, sagte er und rückte das Gewicht der Frau auf seiner Schulter zurecht. Ivy nickte, wollte ihm aber nicht von ihrer Rolle in seiner Lektion erzählen.
Sie schob sich eine Papierserviette von einem Stapel in den Hosenbund, dann riss sie die Tür zum Kühlraum auf und verschob mit dem Fuß einen schweren Karton, um sie offen zu halten. Kisten war direkt hinter ihr, und in der selt samen feuchten Kühle, auf die Piscary für den Käse bestand, schob sie ein Stück Lamm zur Seite, das für das Buffet am Freitag reserviert war. Sie isolierte ihre Hand mit der Serviette, damit es keine Hitzemale gab, die verraten würden, dass es jemand bewegt hatte.
Hinter dem hängenden Fleisch stand eine lange Reihe Holzkisten und dort legte Kisten die Frau hin und verbarg sie mit einer Tischdecke. Ivy hatte das Gefühl, hier schon einmal ein solches Bündel gesehen zu haben. Sie und Kisten waren zehn gewesen und hatten Verstecken gespielt, während ihre Eltern noch einen Wein tranken und sich unterhielten. Piscary hatte ihnen erzählt, sie wäre jemand aus einem Märchen, und sie sollten lieber oben spielen. Jetzt schien es, als würden sie immer noch oben spielen, aber die Spiele waren komplizierter geworden und unterlagen nicht mehr voll ihrer Kontrolle.
Kisten suchte ihren Blick und in den blauen Tiefen standen Erinnerungen. »Dornröschen«, sagte er und Ivy nickte. So hatten sie die Leiche genannt. Als sie die Lammhälfte wieder nach hinten schob, sodass sie die Leiche teilweise verdeckte, fühlte sie sich wie ein kleines Mädchen, das einen zerbrochenen Teller versteckt.
Ihr war nicht nur von den Temperaturen kalt, als sie Kisten aus dem Kühlraum folgte, den Karton aus dem Weg schob und sich dann von außen gegen die Tür lehnte. Ihr Blick wanderte zu der Uhr neben der Tür zum Restaurant. »Ich kümmere mich um das Wohnzimmer und die Treppe, wenn du den Aufzug übernimmst«, sagte sie, weil sie Piscary nicht begegnen wollte. Er würde nicht wütend auf sie sein, weil sie Kisten half. Nein, er würde sich so darüber amüsieren, dass sie Art wieder hingehalten hatte, dass er sie in sein Bett einladen würde, und sie würde ihm zitternd folgen und Kisten und was sie gerade getan hatten völlig vergessen. Gott, sie hasste sich selbst.
Kisten griff nach dem Mob, und sie fügte hinzu: »Benutz einen neuen Wischkopf und mach den alten wieder drauf, wenn du fertig bist. Wir werden ihn zusammen mit dem Teppich verbrennen müssen.«
»Okay«, sagte er, biss die Zähne zusammen und lief leicht rot an. Während Kisten einen Eimer füllte, mischte Ivy eine neue Ladung von dem Spray an, mit dem sie die Restauranttische abwischten. Verdünnt entfernte es die Reste derVamp-Pheromone, aber unverdünnt zersetzte es die Blutenzyme, die bei den meisten anderen Putzmitteln zurückblieben. Vielleicht war das ein
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