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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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ging darum, wie sehr er sie liebt und vermisst und dass sie schon mal das Bett für ihn machen soll. Also fuhr ich zu ihm.«
    »O Rob«, flüsterte Louisa, doch er hörte es nicht.
    »Wie auch immer, es stellte sich heraus, dass King kein Verhältnis mit Erin hat.« Kleine Lachfältchen bildeten sich in Roberts Augenwinkeln, und seine Stimme klang leicht amüsiert. »Er ist nämlich schwul.«
    »Siehst du, es gibt immer eine Erklärung …«
    »Das Beste hast du ja noch gar nicht gehört. Erin hat ein paar Jahre bei King und seinem Partner – der offenbar bei einem Brand umgekommen ist – gewohnt, und vorher lebte sie in London. King hat sie damals beim Stehlen erwischt. Doch als er ihre traurige Geschichte hörte, bekam er Mitleid und nahm sie und Ruby unter seine Fittiche. Sie waren eine glückliche, wenn auch etwas ungewöhnliche Familie.«
    »Und was weiter?«, fragte Louisa, die sich ein paar kurze Notizen gemacht hatte. Robert trank sein Glas aus, schenkte sich gleich noch eines ein und leerte auch das zügig.
    »Es stellte sich weiterhin heraus«, fuhr er fort, »dass Erin vor ihrer Karriere als Blumendiebin für ihren Lebensunterhalt die Beine breit gemacht hat.«
    Rasch stürzte er sein drittes Glas hinunter, lehnte sich gegen das weiche Polster und streckte die Arme links und rechts auf dem Rand der Rückenlehne aus. Dann legte er einen Fußknöchel auf das andere Knie und schaute Louisa von der Seite an. Er wartete auf ihre Reaktion, darauf, dass sie sagen würde, es sei alles ein Irrtum oder pure Einbildung.
    Doch sie sagte gar nichts, sondern saß nur steif da, den Silberstift in der Hand. Die einzigen Geräusche waren das leise Surren über ihren Köpfen und das Stimmengemurmel der übrigen Gäste. Schließlich fügte Robert hinzu: »Meine Frau war eine Prostituierte, Louisa. Eine Nutte. Eine Hure. Ein Callgirl.«
    Robert nahm Louisas schockierten Gesichtsausdruck wahr. Er selbst fühlte sich dagegen schon ein wenig besser, weil er ihr sein Herz ausgeschüttet hatte.
    »O Mann!«, sagte sie nach einer Weile. »Das ist aber eine schwere Anschuldigung. Glaubst du wirklich, dass es stimmt?« Sie griff nach ihrem Weinglas.
    Robert zuckte die Achseln. »Wenn ich jetzt ja sage, wirst du behaupten, ich wäre paranoid. Sage ich nein, was wohl jeder vernünftige Mensch täte, der seine Ehe retten will, werde ich mich immer fragen, ob sie mir sonst noch etwas verheimlicht.«
    »Vielleicht verheimlicht sie dir ja gar nichts.«
    »Siehst du? Ich wusste, dass du das sagen würdest.« Robert fuhr sich mit den Fingern durch seine ohnehin schon verstrubbelte Frisur, mit der er wie ein alternder Rockstar aussah.
    »Gut. Nehmen wir mal an, Erin hat ihren Lebensunterhalt wirklich als Prostituierte verdient. Als alleinerziehende Mutter mit einem kleinen Kind blieb ihr möglicherweise nichts anderes übrig.«
    Plötzlich wünschte Robert, er hätte Erin zehn Jahre früher kennengelernt oder sogar noch vor Rubys Geburt. Dann hätte er sie retten und Rubys richtiger Vater werden können. »Willst du damit etwa sagen, dass alle jungen Mütter Prostituierte werden sollten, um ihre Kinder ernähren zu können?«
    »Natürlich nicht, Rob. Aber vielleicht hatte Erin wirklich keine Wahl. Und anscheinend hat sie dieses Leben ja irgendwann aufgegeben. Und hat sich stattdessen aufs Stehlen verlegt.«
    Robert blickte nachdenklich drein. Offensichtlich erwog er diese Möglichkeit. Doch dann verzog er auf einmal schmerzlich das Gesicht. »Und was ist mit Ruby?«, fragte er, als müsste Louisa auf alles eine Antwort haben. »Glaubst du, sie weiß, womit ihre Mutter ihr Geld verdient hat?«
    In diesem Augenblick klingelte Louisas Handy. Mit einem ungehaltenen Kopfschütteln zog sie es aus der Tasche, warf einen Blick auf das Display und schaltete das Gerät einfach aus. Es gefiel Robert, dass sie ihn für wichtiger hielt als den Anrufer. »Wer weiß? Es kommt darauf an, wie alt das Kind damals war.«
    »King sagt, Ruby war erst ungefähr drei, als Erin nach Brighton kam. Damals konnte die Kleine es wohl noch nicht verstehen, aber irgendwas hat sie bestimmt mitbekommen. Mein Gott, wahrscheinlich hielt sie sich sogar im selben Haus auf!« Robert wurde blass, als ihm noch etwas anderes einfiel. Offensichtlich hatte Louisa den gleichen Gedanken, denn sie sagte: »Denk nicht daran, Rob. Schließlich kann Ruby doch nichts dafür, oder? Jetzt ist sie deine Tochter, und ihr Vater, wer immer er sein mag, weiß bestimmt gar nicht, dass es sie

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