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Blutspiele

Blutspiele

Titel: Blutspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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langsam. »Ich glaube, das werde ich tun.«
    »Gut«, sagte Caleb. »Dann können Sie jetzt wieder zu Schindler gehen und all das tun, was Sie als braver, aufrechter Gesetzeshüter tun müssen. Ich gehe nach oben und rede mit den Selkirk-Kindern. Sie brauchen Verständnis und Kraft, wenn sie das überstehen wollen.«
    »Und Sie können sie damit versorgen?«
    »Ich kann die Zeit überbrücken, bis der Schmerz etwas nachlässt.«
    »Was sind Sie nur für ein Menschenfreund.«
    »Nein, ich glaube nur an ein Gleichgewicht. Es schadet mir nicht, wenn ich mir etwas Zeit nehme und sie einer wertvollen Sache widme. Das hellt meine Seele ein wenig auf. Ich tue eine Menge Dinge, die die Menschen als böse empfinden. Und wenn die Seele zu schwarz wird, dann verrottet sie.«
    »Eine ungewöhnliche Philosophie.«
    »Eigentlich nicht. Sie ist schon sehr alt.«
    »Nun, einer Fünfzehnjährigen und einem Zehnjährigen können Sie kein Verständnis für diese Scheußlichkeiten beibringen. Verdammt, nicht einmal ich verstehe das.«
    »Ich schon«, sagte Caleb und entfernte sich. »Ich werde Ihnen alles erzählen. Wenn Sie hier fertig sind.«
     
    Das Blut war köstlich, wundervoll.
    Jelak konnte das klare Rauschen von Kraft und Ausdauer in seinen Adern spüren. Diese Frau war genauso stark gewesen, wie er gehofft hatte. Er hatte eine gute Wahl getroffen. Dabei hatte er bereits befürchtet, dass ihr Blut doch noch nicht so reif wäre, weil sie sich ihm mit solcher Vehemenz widersetzt hatte.
    Normalerweise kämpften nur Kinder und junge Menschen so wild. Das Alter ließ die Leute gewöhnlich milder werden, der Tod wurde leichter. Aber als die Frau ihn anflehte, sie gehen zu lassen, fand er zu seinem Entzücken heraus, dass sie zwei Kinder hatte. Mütter kämpften üblicherweise verzweifelt, um bei ihren Kindern zu bleiben, und Mutterschaft machte wiederum das Geschenk noch reichhaltiger. Auf jeden Fall war ihr Blut außerordentlich gewesen.
    Er ging zum Schrank, holte seinen schwarzen Krokodillederkasten heraus und stellte ihn aufs Bett. Während er ihn öffnete, summte er leise vor sich hin. Dann betrachtete er die Kelche, die er sorgfältig in roten Samt gehüllt hatte.
    Noch drei waren übrig.
    Aber er würde sie nicht alle drei brauchen.
    Margaret Selkirk war besser gewesen als erhofft. Er hatte erwartet, dass sie ihm genug Kraft geben würde, um sich mit Jane MacGuire zu befassen. Aber sie hatte ihm viel mehr gegeben, und jetzt konnte er sich vielleicht gleich Eve Duncan widmen. Morgen würde er wissen, ob Selkirks Blut ihm auch weiterhin Kraft verleihen würde.
    Er wickelte einen der Kelche aus, der im Lampenschein glänzte. Er hielt ihn hoch. Jane MacGuire. Damit wären elf Gäste am Tisch. Wenn er sie tatsächlich nehmen musste.
    »Ich komme euch immer näher«, murmelte er. »Bald werde ich einer von euch sein.«
    Ehrfürchtig enthüllte er den letzten Kelch.
    Die vollkommene Runde der Zwölf.
    Er hob den Kelch in die Höhe und spürte das Blut in seinen Adern rauschen, als er die Gravur betrachtete. Keine einzige Gestalt, die noch um Einlass bat. Vollständig. Zusammen.
    Die vollkommene Runde der Zwölf auf dem Fest.
    »Kannst du mich fühlen, Eve?«, murmelte er. »Dein Geschenk ist es, das mich erlösen wird. Ich werde einen tiefen Schluck davon nehmen, dann sind wir für immer vereint. Das wird dir gefallen. Ich weiß, dass du mich erwartest.«
    Seine Zunge berührte den Rand des Kelchs, stellte sich den metallischen Geschmack ihres Blutes vor.
    »Nur noch eine kleine Weile …«
     
    Blut.
    Eve überfiel eine plötzliche Anspannung, die Bewegungen ihrer Finger auf dem Material der Rekonstruktion wurden zögerlich.
    Das Schwindelgefühl war aus dem Nichts gekommen, und dann hatte sie sich gefühlt, als würde sie in einem Strudel versinken.
    Und dann war ihr, als würde sie auf seltsame Weise … ausgesaugt.
    Sie holte tief Luft.
    Es war vorbei.
    Vielleicht war es gar nicht da gewesen, sondern nur eine Illusion, die ihr besessenes Grübeln über Jelak heraufbeschworen hatte.
    Und Blut. Immer wieder Blut.
    »Eve.«
    Sie drehte sich um und sah Joe an der Eingangstür stehen. »Oh, ich habe dich gar nicht kommen hören.«
    »Das habe ich gemerkt.« Er sah sie aufmerksam an. »Ich weiß ja, dass du oft völlig in deiner Arbeit versunken bist, aber du siehst etwas merkwürdig aus.«
    »Mir geht es gut.« Sie griff nach dem Tuch und wischte sich den Ton von den Händen. »Mir war nur plötzlich kalt.« Sie richtete sich auf.

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