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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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gerade entkorkten Flasche Krimsekt. Der Vergiftungsversuch mit den zerriebenen Tabletten, zu dem ihn die Mutter anstiftete, wird ebenso Gegenstand des Dialogs mit dem Kriminalisten wie sein Beitrag am gewaltsamen Tod seines Vaters.
    Rosi, die ruhig und gelassen einige Meter entfernt hinter ihrem Sohn sitzt und nur dessen Rücken sehen kann, gibt sich zunächst beneidenswert selbstsicher. Doch je mehr der Junge von sich gibt, um so nervöser wird sie. Als Uli schließlich meint, den Plan für die Tötung seines Vaters hätte eigentlich seine Mutter ausgeheckt, sackt sie mit blutleerem Kopf kläglich in sich zusammen, unfähig, auf die Anschuldigungen mit überzeugenden Gegenargumenten zu parieren. Sie merkt längst, daß dieser Nachmittag in einem Fiasko für sie endet.
    Ihr auffälliges Verhalten ist kriminalistischer Anlaß genug, sich ihrer anzunehmen. In einem Nebenraum wird sie verhört, hart und unnachgiebig. Die starke, kaltherzige Frau, die in der Familie das Zepter uneingeschränkter Autorität und Selbstherrlichkeit schwingt, ist plötzlich zu einem kleinlauten, unterwürfigen Häuflein Elend geschrumpft. Heulend gesteht sie, Initiator und Organisator des Mordkomplotts gegen ihren Gatten gewesen zu sein. »Ich wollte ihn loswerden, um mit Helmut zusammenleben zu können«, gibt sie als Motiv für die Untat an. Ermittlungsverfahren und Haftbefehl sind die staatliche Reaktion.
    Der 13jährige Uli und seine kleinen Geschwister werden, wie in solchen Fällen üblich, der Obhut der Abteilung Jugendhilfe anvertraut und noch am gleichen Abend im Kinderheim Weimar untergebracht.
    In den Folgevernehmungen präzisiert Rosi Hempel ihre Rolle als treibende Kraft im mörderischen Familienunternehmen und schildert die Details.
    Sebastian und Helmut aber behaupten noch eine Zeitlang felsenfest, Rosi hätte mit dem Mord nichts zu tun. Erst Gegenüberstellungen und die Konfrontation ihrer Aussagen mit denen von Rosi führen zur Aufhebung der Widersprüche. Auf diese Weise wird schließlich auch die Mitwirkung der letzten Mittäterin, der 17jährigen Britta Obgartel, bekannt, deren Verhaftung Mitte November erfolgt. Ihre Aussagen tragen wesentlich dazu bei, daß sich alsbald ein scharf umrissenes Bild der Geschichte des Mordes an Karl Hempel ergibt.
    Endlich ist es den Kriminalisten möglich, die monatelange Verwirrung zu beenden und den Fall zügig abzuschließen. Anfang Februar 1969 übergeben sie die mehr als 600 Seiten umfassende Akte an den Staatsanwalt. Drei Wochen später wird beim Bezirksgericht Erfurt die Anklage erhoben …
    Rückblick: Als das Ehepaar Hempel von seinem Spaziergang am späten Abend des 9. August 1968 heimkehrt, herrscht im Hause bereits nächtliche Stille. Denn gleich nach dem Weggang der Eltern hat Sebastian seinen jüngeren Geschwistern Order erteilt, in ihren Betten zu verschwinden und sich dort mucksmäuschenstill zu verhalten, anderenfalls erwarte sie eine empfindliche Sanktion. Die Drohung zeigt auch schnelle Wirkung: Die drei Kleinsten schlafen bald ein. Die anderen aber liegen lautlos unter ihren Decken und erwarten gespannt die kommenden Ereignisse, die sie bald darauf in Form eines makabren Hörspiels miterleben.
    Sebastian, Uli und Britta hocken im Dachgeschoß in ihren Verstecken. Helmut Hellriegel lauert, das Seil in der Hand, auf dem Oberboden. Die Leiter steht griffbereit neben der Luke. Es ist stockdunkel. Sebastian flüstert leise: »Los!« Das ist Brittas Stichwort. Sie tritt mit den Füßen einige Male kräftig auf und verschwindet eilig in einem der Kinderzimmer. Karl Hempel spitzt die Ohren. Was war das? »Ist die Arschgeige schon wieder im Haus?« keift er laut und stürmt fluchend die Treppe zum Dachgeschoß empor, während Rosi ahnungsvoll in der Toilette verschwindet. Er wirft einen Blick in die Kinderzimmer. Dort ist alles unauffällig, die Kinder scheinen zu schlafen. Daß Britta unter einem Bett versteckt liegt, entgeht ihm.
    »Ich krieg dich!« triumphiert Karl böse und stellt, genauso wie es Rosis mörderisches Drehbuch vorsieht, die Leiter an die Luke zum Oberboden. Kaum hat er die ersten Stufen erklommen, spürt er ein straffes Seil um seinen Hals. Im selben Moment wird die Leiter unter seinen Füßen weggezogen. Schon hängt er frei in der Schlinge, strampelt einige Male hilflos mit Armen und Beinen. Dann geht nur noch ein Zucken durch seine Glieder. Sekunden später Stille. Karl Hempel ist tot.
    Mit vor Aufregung rotem Gesicht eilt Britta Obgartel nach unten zu

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