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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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gestrige Aktion zeigte nämlich keinen Erfolg. Klar, viele verdächtige Gegenstände wurden aufgestöbert. Die Frage aber, ob sie im Zusammenhang mit dem Vermißtenfall stehen, kann nur durch weitergehende Untersuchungen beantwortet werden, und das erfordert Zeit. Auch die Fährtenhunde, die die Suchtrupps begleiteten, fanden weder den Leichnam noch Spuren oder Gegenstände, die für weitere Ermittlungen in der Vermißtensache hilfreich gewesen wären. Die auf dem Friedhof eingesetze Hundemeute aus Pretzsch lief auf dem großen Gelände zunächst wie verstört hin und her. Jedem war klar: Leichensuchhunde auf einem Friedhof einzusetzen, ist ein Widerspruch in sich. Dann schien es aber, als hätten die Vierbeiner an einer aus dem vorigen Jahrhundert stammenden, inzwischen längst verfallenen Gruft, die nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu komplett mit Schutt und Erdreich zugeschüttet wurde, etwas aufgespürt. Doch die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung konnten dort keine Veränderungen feststellen. Skeptiker fühlten sich bestätigt: Die empfindlichen Hundenasen irrten deshalb, weil sie auf Leichengeruch spezialisiert sind und beim Einsatz auf einem Friedhof naturgemäß in Konfusion geraten müssen. Deshalb wurde die Hundeaktion nach einer Stunde abgebrochen.
    Auch die Ergebnisse der Hausermittlungen, die eifrig mit polizeiinternen Datenspeichern verglichen wurden, waren ziemlich dürftig. Zwar förderten sie einige vorbestrafte Sexualtäter und kriminell Gefährdete zutage, doch nach deren Alibiüberprüfung schieden sie allesamt wieder aus. Niemand von ihnen konnte mit dem Verschwinden des Mädchens in Verbindung gebracht werden.
    Die Regie über die weiteren Untersuchungen übernimmt nun die Mordkommission. Daß dem vermißten Mädchen etwas Schreckliches widerfahren sein muß, bezweifelt eigentlich niemand mehr. Neben den Routineermittlungen zur Aufklärung der Familie, Bekannten und Nachbarn des vermißten Kindes und der Überprüfung vorbestrafter Kinderschänder sollen die Suchmaßnahmen aber ausgeweitet und gleichzeitig mit der Ermittlung von Verdächtigen verbunden werden.
    Entgegen der Einwände vieler Zweifler wird der Schnüffeleinsatz auf dem Friedhof wiederholt, diesmal allerdings durch eine andere Hundemeute aus Pretzsch. Sollten die Hunde nämlich wiederum auf die gleiche Stelle verweisen, wäre das ein triftiger Grund, die alte Gruft freizulegen.
    Die Männer der Staatsmacht sind verblüfft: Alle Vierbeiner verhalten sich so ähnlich wie ihre Artgenossen am Vortag. Sie traben kreuz und quer über das Gelände, bis sie schließlich an die verfallene Gruft gelangen. Dort zeigen sie durch intensives Scharren an, daß sie eine Witterung aufgenommen haben. Ist das wieder eine Irritation? Haben die Vierbeiner etwa die Gerüche ihrer Artgenossen gewittert, die gestern dort zum Einsatz kamen oder verbirgt sich in der alten Gruft doch eine kriminalistisch wichtige Spur?
    Kurzerhand wird ein Teil der Gruft, die durch eine tonnenschwere metallene Grabplatte verschlossen ist, freigelegt. Ein metertief in die Erde reichender, quadratisch gemauerter Hohlraum wird sichtbar, zu dem ursprünglich eine kleine Treppe nach unten führte. In diesem Hohlraum wurden einst die Särge mit den Gebeinen der Verstorbenen aufbewahrt, deren Liegezeit war aber schon vor fünfzig Jahren überschritten. Deshalb wurden sie entfernt und der Hohlraum mit Erdreich bis auf eine einen halben Meter große Öffnung verschlossen. Eine Wand der Gruft ist mit der Friedhofsmauer eng verbunden. In dieser Wand befand sich ursprünglich ein kleines, vergittertes Entlüftungsfenster, das die Friedhofsmauer durchbrach. Später, als man außerhalb des Friedhofs, aber unmittelbar an seiner Begrenzungsmauer, ein Wohngebäude errichtete, wurde dieses Fenster durch die rückwärtige Hauswand verschlossen.
    Die Untersuchung der Gruft erfüllt die Erwartungen der Kriminalisten leider nicht: Kein Hinweis auf das Mädchen, keine tötungsspezifische Spur. Doch die Entdeckung des alten, durch die Hauswand verdeckten Lüftungsfensters weckt die kriminalistische Neugierde: Könnten die sensiblen Schnüffler einen Geruch aufgespürt haben, der gar nicht aus der Gruft herrührt, sondern vielmehr über einen unbekannten Weg durch das Mauerwerk dorthin gelangte?
    Was liegt also näher, als das Haus hinter der Friedhofsmauer zu überprüfen. Der ABV kennt das Gelände, es liegt immerhin in seinem Abschnitt: Das Gebäude hinter der Mauer ist ein ziemlich

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