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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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Begründung einer bei seinem Mandanten wahrscheinlich vorliegenden psychischen Krankheitswertigkeit nicht folgen: Im Namen des Volkes wird der Angeklagte wegen dreifachen Mordes zum Tode verurteilt.
    Geraume Zeit später wird Henry Stutzbach in die Strafvollzugseinrichtung Leipzig eingeliefert. Es ist die letzte Station in dem noch kurzen Leben des Mörders.
    Der Verteidiger Dr. Wolff macht in seinem im Jahre 1999 beim Verlag Nomos veröffentlichten Buch »Verlorene Prozesse« aus der herben Enttäuschung über den Verfahrensverlauf und das seiner Ansicht nach ungerechte Urteil im Fall Stutzbach keinen Hehl.
    In der DDR starben etwa 170 Menschen durch die Hand des Henkers. Bis zum Jahre 1968 erfolgten die Exekutionen durch das Fallbeil, danach durch Erschießen. Der letzte Mörder wurde im Jahre 1972 exekutiert. Nach Öffnung der MfS-Unterlagen im Zuge der gesellschaftlichen Wende wurde bekannt, daß noch im Jahre 1981 nach einem Geheimprozeß der 39jährige MfS-Offizier Werner Teske hingerichtet wurde, der unter Mitnahme geheimer Akten ins Lager des westdeutschen Geheimdienstes überlaufen wollte. Aber erst im Jahre 1987 verschwand die Todesstrafe gänzlich aus dem Strafgesetzbuch.
    In der DDR wurde die Todesstrafe als spezielles Mittel der politischen Machtsicherung angesehen, deren repressives Ziel sich »unmittelbar aus den Gesetzmäßigkeiten des Klassenkampfes ergibt«. Ihr rechtspolitischer Zweck wurde im »Lehrbuch des Strafrechts der Deutschen Demokratischen Republik« (VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957) wie folgt definiert: »Die Todesstrafe ist also eine außerordentliche Strafmaßnahme innerhalb unseres Strafensystems und dient lediglich der Unschädlichmachung solcher Personen, die schwerste Verbrechen gegen die Lebensinteressen des Volkes und der Bürger begangen haben. Gleichzeitig soll sie andere reaktionäre, unserer gesellschaftlichen Ordnung feindliche Kräfte von der Begehung solcher Verbrechen zurückschrecken.«
    Der Anwendungsbereich der Todesstrafe beschränkte sich nach Inkrafttreten des sozialistischen Strafgesetzbuches vom 12. Januar 1968 »auf einige schwerste Verbrechen gegen die Souveränität der DDR, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte, auf schwerste Verbrechen gegen die DDR, schwerste Militärverbrechen im Verteidigungszustand sowie auf schwerste Fälle des Mordes«.
    Im allgemeinen sind Morde das Ergebnis tataktueller, spontaner Konfliktentladungen ohne langfristige Planung, meist begangen unter Alkoholeinfluß. Ein Täter denkt in solchen Situationen niemals an die strafrechtlichen Konsequenzen seines Tuns. Und weiter: In keinem Land der Welt hat die Androhung der Todesstrafe Mörder jemals davon abgehalten, ihr Gewaltpotential zu zügeln. Sie kann – worauf die Bestrafung auch abzielt – also kein Mittel der Abschreckung und Prävention sein. Ihr Zweck reduziert sich auf die bloße Vernichtung der physischen Existenz des Delinquenten. Sie ist pure Blutrache, die sich aus vergangenen Epochen überliefert hat. In den modernen Industrieländern, in denen Exekutionen stattfinden wie z. B. in den USA, ist sie zu einem aseptischen High-Tech-Szenarium pervertiert. Die Stimmen der Todesstrafengegner formieren sich.
    Der Oberste Gerichtshof der USA hielt bereits im Jahre 1972 Hinrichtungen offiziell für ungewöhnlich grausam und entschied den bundesweiten Stop der Verhängung von Todesstrafen. Doch bereits im Jahre 1976 wurde diese Entscheidung wieder aufgehoben. Die Strafvollstreckung kehrte zur althergebrachten Praxis der Justifikation zurück. Fazit: Allein im US-Bundesstaat Texas warten gegenwärtig nahezu 450 Menschen in der sogenannten death row auf ihre Exekution. Der Vollzug einer Todesstrafe bezieht zwangsläufig andere Menschen als »Täter« oder »Beihelfer« in eine, zwar rechtlich sanktionierte, dennoch vorsätzliche Tötung ein und schafft nicht selten sogar irreversible Justizirrtümer. Wiederaufnahmeverfahren sind somit nur post mortem möglich und die Fehlurteile sind ein für allemal irreversibel. Wie prekär die Situation in den USA ist, zeigt eine Studie der US-Regierung, nach der jährlich ein Unschuldiger durch den Henker liquidiert wird, abgesehen von der verhängnisvollen Gleichbehandlung psychopathologisch auffälliger Täter.
    Auch gegenwärtig werden in den meisten Ländern der Erde noch Todesurteile vollstreckt. Die Hinrichtungsarten sind dabei vielfältig, reichen von Erhängen, Erschießen, Vergiften, Enthaupten, Erwürgen,

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