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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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wusste
nicht, was ich darauf antworten sollte. Es wurde einem nicht leicht gemacht,
Jerry zu mögen. Aber ich habe mir immer gewünscht, dass er mich mag. Das war mir aus einem unerfindlichen
Grund wichtig.«
    Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander.
    »Meine Mutter mochte ihn«, fuhr er leise fort. »Na ja, vielleicht
stimmt das auch gar nicht. Aber auf jeden Fall war es ihr immer wichtig, dass
ich mit ihm in Kontakt blieb. Sie forderte mich mehrmals im Jahr auf, ihm zu
schreiben oder ihn anzurufen, etwa zum Geburtstag. Jerry hat sich nie gemeldet,
aber nach seinem Schlaganfall war ich auf einmal wieder gut genug. Da hat er
mich häufiger angerufen.«
    »Er hatte ja auch einen ziemlich speziellen Beruf«, sagte Gerlof.
»Nackte Frauen und Männer zu fotografieren – wurde er reich damit?«
    Per betrachtete seine Hände.
    »Früher hat er schon sehr viel verdient, glaube ich. Am Ende nicht
mehr.«
    »Geld«, zitierte Gerlof. »Das verführt, wie Paulus sagt, Menschen
dazu, unrechte Dinge zu tun ...«
    Aber Per schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, sein Vermögen ist schon lange aufgebraucht. Jerry hatte
zwar ein großes Talent, Geld zu machen, aber er konnte es auch mit vollen
Händen ausgeben. Seine letzte Zeitschrift hat er Jahre vor seinem Schlaganfall
herausgegeben. Zum Schluss konnte er sich nicht einmal ein Auto leisten.«
    »Jerry Morner«, sagte Gerlof. »War das sein richtiger Name?«
    »Nein, er hieß Gerhard Mörner. Aber er hat sich als Pornoproduzent
einen neuen Namen zugelegt. Das tun offenbar alle in der Branche.«
    »Damit sie sich dahinter verstecken können!«, nickte Gerlof.
    »Ja, leider.« Per starrte hinunter ins Gras. »Ich würde mich gern
mit einigen Leuten unterhalten, die Jerry kannten, die früher für ihn
gearbeitet haben. Aber noch nicht einmal der Polizei gelingt es, sie
aufzuspüren.«
    Gerlof nickte nachdenklich. Er erinnerte sich an die Zeitschrift,
die Jerry beim Nachbarschaftsfest auf den Tisch geworfen hatte.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte er.
    Per hob den Kopf.
    »Was Sie tun können ...?«
    »Ich werde ein wenig recherchieren«, erklärte Gerlof. »Wie hießen
diese Zeitschriften noch, die Ihr Vater herausgegeben hat?«
    Am selben Abend rief Gerlof bei seinem Freund John Hagman in
Borgholm an. Sie plauderten wie immer erst einmal über dies und das, aber nach
einer Weile kam Gerlof auf den wahren Grund seines Anrufs zu sprechen.
    »John, du hast mir vor langer Zeit mal erzählt, dass dein Sohn einen
Stapel Zeitschriften unter seinem Bett versteckt hatte. Den hat er doch mit
nach Borgholm genommen, als er ausgezogen ist? Du hast sie mir damals
beschrieben, es war eine bestimmte Sorte Zeitschriften. Erinnerst du dich
daran?«
    »Klar«, erwiderte John. »Und er schämte sich kein bisschen dafür.
Ich habe versucht, mit ihm darüber zu sprechen, aber er hat behauptet, dass
alle Jungs so etwas lesen.«
    »Hat Anders sie noch?«
    John seufzte, das tat er oft, wenn es um seinen Sohn ging.
    »Ganz bestimmt, irgendwo!«
    »Meinst du, er würde mir diesen Stapel mal ausleihen?«
    John stutzte.
    »Kann ihn mal fragen«, sagte er dann.
    Etwa eine Viertelstunde später rief John zurück:
    »Ja, er hat sie alle noch ... und er kann dir sogar noch mehr davon
besorgen, wenn du willst.«
    »Woher denn?«
    »Er kennt einen Trödelladen in Kalmar, der alle möglichen alten Blätter
verkauft.«
    »Sehr gut«, sagte Gerlof. »Das wäre ausgesprochen nett von ihm. Ich
bezahle natürlich dafür. Mich interessieren vor allem zwei Zeitschriften.«
    »Und welche sind das?«
    »Sie heißen Babylon und Gomorra .«
    »Sind das nicht die von diesem Morner?«
    »Ganz genau.«
    »Ich sag es Anders, aber du bist dir ganz sicher?«
    »Sicher?«
    »Ob du sicher bist, dass du diese Zeitschriften wirklich haben
willst? Ich kenne ja die von Anders, und die sind sehr ... sehr enthüllend!«
    Scham und
Verwunderung , dachte Gerlof.
    »Das glaube ich gerne, John«, antwortete er. »Aber es ist bestimmt
nicht schlimmer, als heimlich fremde Tagebücher zu lesen.«
    48
    F ünf
Minuten nachdem er seine Stimme gegen Vendela erhoben hatte, kam Max auch schon
wieder ins Wohnzimmer zurück und sprach nun sehr leise, fast flüsternd. Die
Faust, die noch vor Kurzem gedroht hatte, war jetzt eine ausgestreckte Hand,
die er gegen sich selbst richtete, sich damit auf die Brust klopfte und den
einfühlsamen Psychologen mimte:
    »Ich bin überhaupt nicht wütend auf dich, Vendela, das darfst du
bitte nicht

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