Blutstein
stehen. Kühler an Kühler
standen die beiden Pkws nun, dann stiegen ein Mann und eine Frau aus. Sie
trugen Zivil, aber Per wusste sofort, wer sie waren.
Der Mann ging zum Rettungswagen, die Frau kam auf Pers Wagen zu. Er
öffnete die Tür.
»Guten Tag.«
»Guten Tag, hallo«, erwiderte die Frau und zeigte ihren Ausweis. Sie
kam von der Kriminalpolizei von Växjö. »Haben Sie die Notrufzentrale
angerufen?«
»Ja, das war ich«, antwortete Per.
Die Polizistin bat ihn um seine Papiere.
»Und Sie, wer sind Sie?«, fragte sie Jerry, der ihr einen mürrischen
Blick zuwarf.
Per wusste genau, wie wenig Jerry von Polizisten hielt: Sie waren
seine Hassobjekte.
»Das ist mein Vater ... Jerry Morner«, gab Per an. »Ihm gehört das
Grundstück.«
»Ach, so ist das!«, sagte die Polizistin und warf einen Blick über
ihre Schulter. »Dann wollen wir mal hoffen, dass Sie gut versichert sind. Sind
Sie das, Jerry?«
Sie bekam keine Antwort.
»Mein Vater hat einen Schlaganfall gehabt«, erklärte Per. »Ihm fällt
das Sprechen seither schwer.«
Die Polizistin nickte, notierte sich aber Jerrys Namen.
»Sie beide waren also hier, bevor der Brand ausbrach?«
»Na ja, in etwa«, sagte Per. »Jerry war schon da ... ich bin kurz nach
ihm gekommen.«
»Können Sie mir erzählen, was Sie gesehen haben?«
Ich hab nichts zu
verbergen , sagte sich Per. Dann berichtete er, dass er das Haus
betreten, Jerry gefunden, den Benzinkanister entdeckt und seinen Vater ins Auto
gebracht hatte und dann wieder ins Haus zurückgekehrt war.
Die Beamtin schlug ihr Notizheft erneut auf und begann, Pers Angaben
zu Papier zu bringen.
»Sie haben also jemanden dort oben gesehen? Und Hilfeschreie
gehört?«
»Ich glaube es.«
»Haben sie sonst noch jemanden im oder am Haus gesehen?«
Per schwieg einen Moment und überprüfte seine Erinnerung. Was hatte
er gesehen? Eine Gestalt, die in den Wald geflohen war? Und möglicherweise
frische Reifenspuren?
»Ich habe niemanden deutlich gesehen ... Aber irgendjemand muss meinen
Vater zu Boden geschlagen und ihn mit einem Messer verletzt haben.«
»Aha.«
»Bremer«, sagte eine Stimme hinter Per.
»Bremer?«, wiederholte die Polizistin. »Wer ist das?«
»Hans Bremer ist der Assistent meines Vaters«, erläuterte Per. »Das
ist die Person, die sich eventuell noch im Haus befindet.«
Alle drei warfen einen langen Blick auf den lodernden Brand, der
noch immer dem Löschwasser trotzte. Funken sprühten in den Himmel, die Hitze
des Feuers erfüllte die gesamte Kiesauffahrt.
»Okay«, sagte die Beamtin dann. »Mein Kollege und ich werden hier
jetzt absperren.«
»Dann ist das für Sie ein Tatort?«, fragte Per.
»Zumindest besteht die Möglichkeit.«
Sie wandte sich zum Gehen.
»Können wir dann jetzt fahren?«, fragte Per. »Hier braucht uns doch
im Moment sowieso keiner, nicht wahr?«
Die Polizistin schüttelte den Kopf.
»Wir sind bald fertig«, sagte sie über die Schulter, »und dann
möchte ich, dass Sie mit uns aufs Präsidium nach Växjö fahren.«
»Aber warum das denn?«
»Wir müssen eine richtige Zeugenbefragung durchführen. Das dauert
auch nicht lange.«
Per seufzte. Er sah in den Himmel und dann auf seine Uhr. Es war
schon Viertel vor acht.
Auf einmal spürte er eine große Müdigkeit. Sein ursprünglicher Plan
war es gewesen, Jerry in seine Wohnung nach Kristianstad zu fahren. Aber nun
würde er danach nicht mehr bis nach Öland fahren können, und Jesper wäre
gezwungen, alleine im Sommerhaus zu übernachten.
Er drehte sich zu seinem Vater.
»Jerry, ich schaffe es nicht, dich heute Abend noch nach Hause zu
fahren«, sagte er. »Du musst mit mir nach Öland kommen.«
Sein Vater sah ihn verständnislos an.
»Öland?«
Jerry wirkte verunsichert, und auch Per zögerte plötzlich. Er hatte
sich ja geschworen, dass Jerry keinen Kontakt mit Nilla und Jesper haben
sollte.
»Na ja ... du bist schließlich mein Vater, oder? Gehörst zur Familie!«
»Familie?«
Jerry schien mit dem Wort nichts anfangen zu können.
»Meine Familie«, betonte Per. »Du wirst also mit mir kommen und
zusammen mit Nilla, Jesper und mir in unserem Sommerhaus Ostern feiern. Aber
nur unter einer Bedingung.«
Jerry wartete, und Per fuhr fort:
»Du schweigst.«
»Schweigst?«
Per nickte. Natürlich entbehrte es nicht einer unfreiwilligen Komik,
einem Menschen, der kaum einen Satz sagen konnte, das Schweigen aufzuerlegen.
Aber Per war nicht zum Lachen zumute.
»Du wirst deinen Enkelkindern
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