Blutstern
zurück.
»Es tut gar nicht weh«, flüsterte er und trank einen Schluck Champagner. Dann ritzte er sich mit dem Messer die Kuppe des Zeigefingers und quetschte einen Tropfen Blut heraus.
»So, jetzt du.«
»Nein, das schmerzt bestimmt scheuÃlich.«
»Nun habâ dich nicht so. Du liebst mich doch, oder?«
»Klar liebe ich dich, aber ⦠« Weiter kam Ilona mit ihrem Satz nicht. Schon hatte er ihren Zeigefinger gepackt und ihn mit dem Messer geritzt.
»Au, was machst du denn?«, wehrte sie sich. Zu spät, er presste das Blut aus ihrem Finger und mischte es mit seinem. Sie spürte, dass er ihr einen fünfzackigen Stern auf die Stirn malte.
»Das bringt Glück. Nie mehr werden sich unsere Seelen trennen«, flüsterte er.
Ilona wusste nicht, was sie davon halten sollte. Irgendwie gefiel ihr diese Blutsbrüderschaft, diese besondere Verbindung, die sie mit ihm eingegangen war. Jetzt konnten ihn tausend Bedienungen der Welt anlächeln, konnten sein groÃzügiges Trinkgeld annehmen, aber nur sie hatte dieses einmalige Verhältnis mit ihm, dessen Zeichen sie auf ihrer Stirn trug.
Er goss ihr das dritte Glas Champagner ein. Sie wehrte sich nicht, trank sich Mut an, Mut für das, was jetzt kommen würde.
»Du bist die schönste Frau, die ich kenne«, flüsterte er. Sie umarmten sich und küssten sich und sie spürte sein heiÃes Verlangen.
»Und du der schönste Mann ⦠«
Er öffnete ihre Bluse. Sie merkte, dass seine Hände zitterten. Ja, nimm mich, dachte sie. Lass alle Konventionen fallen.
»Komm«, flüsterte er, »wir gehen nach vorn in die Kajüte.«
Ilona war inzwischen klar, weshalb dort die Vorhänge zu waren. Frisch bezogen hatte er. Alles war fein säuberlich vorbereitet. Er streichelte Ilona, schälte ihren Körper aus den Kleidern. Wie im Sturm nahm er sie. Groà und stark war er. Das Boot begann zu schwanken.
»Wenn uns jemand hört«, flüsterte sie.
»Keine Angst, hier ist niemand, schon gar nicht um diese Zeit.«
Sie hörte das Plätschern des Wassers am Bootskörper und das leise Zischen der Gasheizung. Die Turmuhr der Stiftskirche schlug zweimal. Halb eins, immer noch Geisterstunde, dachte Ilona. Der Gedanke begann ihr zu gefallen. Selbst den Satan hätte sie jetzt empfangen, war zu allem bereit, hatte sich fallen lassen â er hatte sein Ziel erreicht.
»Du bist so stark«, hauchte sie ihm ins Ohr.
»Ich liebe dich«, war die Antwort.
Sie spürte das Blut, sein Blut, des fünfzackigen Sterns auf ihrer Stirn, merkte, dass er ihn erneuerte, indem er sich noch etwas aus dem Finger presste und seine Linien nachzog.
»Jetzt bist du endgültig mein«, seufzte er.
Sie sagte dazu nichts. Sie sah das polierte Holz am Dach der Kajüte, sah die schwankenden Vorhänge vor den Fenstern, durch die von auÃen das Mondlicht schimmerte, fühlte seinen schwitzenden Körper über sich, diesen teuflisch schönen Körper, der sie alles hatte vergessen lassen, an das sie je geglaubt hatte.
Die Turmuhr der Stiftskirche schlug drei Mal.
Mach langsam, halt an, dachte Ilona. Sie wünschte sich, dass die Zeit stehen bliebe, dachte nicht an morgen, dachte nicht an ihre Arbeit, dachte an gar nichts, fühlte nur ihn.
»Du bist teuflisch gut«, stöhnte sie.
»Ja, teuflisch ⦠«
Sie wusste nicht mehr, was sie sagte, war total verrückt nach ihm, dachte Dinge, die sie noch nie gedacht hatte, unvorstellbare Dinge aus der Welt des Bösen.
Selbst mit Hörnern hätte sie ihn geliebt, selbst ein Pferdefuà hätte sie nicht gestört, wenn er sie nur liebte, so wie sie es brauchte. Weg waren sie, die Konventionen, egal waren sie ihr, sie lebte nur für sich und ihn. Alles andere war unbedeutend.
»Heute ist die Nacht der Nächte«, flüsterte er.
»Heute ist unsere Nacht«, stöhnte sie.
»Man nennt den ersten Juli Satans Festnacht. Ich bin so froh, dass du mich endlich verstehst«, freute er sich.
Als die Turmuhr der Stiftskirche zur vollen Stunde schlug, fielen sie erschöpft in sich zusammen.
»Es ist vorbei«, sagte er leise.
»Es war sehr schön«, flüsterte sie.
Sie lag in seinen Armen und genoss die Wärme seines Körpers.
»Satans Festnacht ist nur ein Mal im Jahr«, sagte er und Bedauern schwang in seiner Stimme mit.
»Aber lieben können wir uns doch
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