Blutstrafe - Thriller
etwas zurückzugeben ist das Mindeste, was ich tun kann.«
Jetzt schau dir das bloß an, dachte er. Wie großzügig er plötzlich wurde und sich wie ein Pfadfinder aufführte.
Er war versucht, dem Betrüger seine Uhren in den Schoß zu kippen, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Vielleicht würde er auf dem Rückweg wieder hier vorbeikommen, dachte er, als er weitermarschierte.
31
Zwanzig Minuten später betrat der Lehrer mit einem frischen 175-Dollar-Strauß aus rosa und gelben Rosen die weitläufige Eingangshalle des Platinum Star Hotel an der Sixth Avenue.
Fast schon wollte er auf der schier unendlichen Fläche weiß schimmernden Marmors niederknien, der den Boden und die zehn Meter hohen Wände bedeckte. Die Decke war mit Gemälden im Renaissance-Stil überzogen, überall hingen funkelnde Kronleuchter in der Größe von Segelbooten.
Ehrfurchtsvoll schüttelte er den Kopf, während er die Kranzprofile bewunderte, die wie aus Gold gemacht wirkten.
Ab und zu schafften es die Arschlöcher tatsächlich, etwas richtig zu machen.
Mit gespielt verwirrtem Blick eilte er zur Rezeption und legte den Strauß auf die Marmortheke, direkt vor die hübsche, brünette Dame. Sie war eindeutig beeindruckt.
» Bitte sagen Sie mir, dass ich nicht zu spät bin«, bettelte er mit gefalteten Händen. » Die hier sind für Martine Broussard. Sie hat doch noch nicht ausgecheckt, oder?«
Freundlich lächelnd tippte die Rezeptionistin auf der Tastatur vor sich.
» Sie haben Glück«, sagte sie. » Ms. Broussard ist noch hier.«
Der Lehrer täuschte ekstatische Erleichterung vor. » Gott sei Dank. Glauben Sie, ihr gefallen die Blumen? Oder sind sie zu dick aufgetragen? Ich möchte nicht wie ein Verzweifelter dastehen.«
» Sie wird sie mögen, glauben Sie mir«, erwiderte die Rezeptionistin. » Die Blumen sind wundervoll.«
Der Lehrer knabberte nervös an seinem Daumennagel.
» Wir haben uns erst vor zwei Tagen kennen gelernt, und ich weiß, es ist verrückt, aber heute Morgen bin ich aufgewacht und wusste, ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich sie abreisen lasse, ohne ihr von meinen wahren Gefühlen zu erzählen. Aber ich will sie überraschen. Wo könnte ich am besten auf sie warten, ohne sie zu verpassen?«
Die Angestellte lächelte noch breiter. Jetzt hatte er sie auf seiner Seite, glücklich darüber, die entstehende Liebschaft aus nächster Nähe beobachten zu können.
» Die Sofas drüben neben den Fahrstühlen«, erklärte sie mit ausgestrecktem Finger. » Viel Glück.«
Der Lehrer setzte sich, den Strauß auf seinem Schoß. Seine Hand glitt nach hinten in seine Jacke bis zu seinem Rücken, wo seine beiden Pistolen in seinem Gürtel steckten. Er entschied sich für den Colt Kaliber .22, den er nach vorne zog.
Weniger als fünf Minuten später kündigte ein musikalischer Klang die Ankunft eines Fahrstuhls an, und eine der glänzenden Türen glitt zur Seite. Der Lehrer erhob sich, als fünf Stewardessen mit dem Air-France-Logo auf ihren geknoteten Halstüchern heraustraten. Sie hätten Models sein können. Oder vielleicht Schauspielerinnen aus der Art von Filmen, für die das Hotel von seinen Gästen extra kassierte.
Der Anblick gab ihm das Gefühl, als wäre sein Magen mit Helium gefüllt. Wie benommen freute er sich auf das, was er hier gleich durchziehen würde.
Martine Broussard, eins achtzig groß, auf aggressive Weise schön, langes, blondes, wie Satin glänzendes Haar, führte die Gruppe an, stolzierte über den Marmor wie über einen Laufsteg.
Der Lehrer erhob sich und eilte, den Strauß nach vorn gestreckt, auf sie zu.
» Martine! Hier, die schenke ich Ihnen zu Ihrem Geburtstag!«
Martine blieb stehen und starrte verwirrt auf die Blumen.
» Mein Geburtstag?«, fragte sie mit französischem Akzent. » Wovon reden Sie? Der ist erst in drei Monaten.« Ihr Blick wanderte zum Gesicht des Lehrers hinauf. » Kenne ich Sie, Monsieur?« Wie der Dame an der Rezeption gefiel ihr, was sie sah, und sie blickte den Lehrer kokett an.
Der Lehrer hielt den Atem an, während er seine Waffe durch den Strauß schob. Plötzlich wurde alles um die Gruppe herum leiser und langsamer und unheimlich friedvoll. Hatte er sich jemals so unbeschwert gefühlt? So frei? Er kam sich schwerelos vor wie ein in einer Gebärmutter schwimmender Fötus.
Blütenblätter stoben durch die Luft, als er den Abzug drückte. Die Kugel traf die Stewardess gleich unter ihrem linken Auge.
Mit blutüberströmtem Gesicht fiel sie, ohne
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