Blutsvermächtnis (German Edition)
ausgeflogen. Erinnert Ihr Euch an das Geschehen?“
„Meine Tochter … Nevaeh. Geht es ihr gut?“
„Es handelt sich – in Anbetracht Eurer Frische, Sir, darf ich das wohl vermuten – zweifellos um eine sehr junge Dame?“
Joshua schüttelte den Kopf. „Sicher nicht ganz so jung, wie Ihr vermutet. Meine Tochter ist die stellvertretende Leiterin der Expedition. Wo ist sie?“
Elia verbarg sein Erstaunen. „Ihr meint nicht etwa diese aparte junge Grazie mit der kupferroten Löwenmähne?“
„Wie? Doch.“
Er schluckte seine Überraschung hinunter. Ein unbeabsichtigtes Band spannte sich zu der Frau, die er nie wiederzusehen vermutet hatte. Seine Gedanken würden zwangsläufig häufiger um sie kreisen als angenommen.
„Verzeiht, Sir, aber mir ist derzeit nicht nach Small Talk. Habt Ihr Informationen über Nevaeh?“
„Soweit ich informiert bin, befindet sie sich in gutem Zustand.“
„Darf ich sie anrufen?“
„Ich bedaure.“ In der Tat bereitete es ihm eine Spur Betrübnis, dass Varela ihm nicht die Frau anstelle des Alten ausgeliefert hatte, doch dann entsann er sich seines Wunsches nach einem Schachpartner. Frauen taugten dazu nicht. „Betrachtet Euch als meinen Dauergast – all Eure Herzenswünsche sollen erfüllt werden. Nur Kontakt zur Außenwelt wird Euch leider versagt sein.“
Joshuas Adamsapfel hüpfte auf und ab, bis er endlich ein gequältes „Wie bitte?“ hervorpresste.
Elia beschloss, ihm ohne Umschweife die Wahrheit zu sagen. „Bedauerlicherweise haben die Chilenen behauptet, dass Ihr tot seid. Um eine Krise mit Kalifornien zu verhindern, kann ich unmöglich zulassen, dass die Regierung bloßgestellt wird und sich der Vorfall als Lüge herausstellt. Es würde hier in Kürze von Neugierigen und Reportern wimmeln.“
„Ich verstehe nicht.“
Aus irgendeinem Grund musste Elia schmunzeln, obwohl ihm Morrison leidtat. „Nun, Ihr seid einer der verhasstesten Verbrecher des Landes geworden, habt Waffenhandel mit den Rebellen betrieben und seid laut der offiziellen Version in einem Feuergefecht getötet worden. Nicht vielen ist es bestimmt, auf ewig in die Geschichtswerke einzugehen. Ihr habt es erreicht.“
„Oh mein Gott.“
Joshua presste die Finger an die Schläfen. Sein Gesichtsausdruck spiegelte den Widerstreit, der in seinem Inneren tobte. Der unbändige Wunsch, sich gegen die Erkenntnis seiner Gefangenschaft zu stemmen, einen Ausbruch zu versuchen und gleichzeitig eine Faszination, die sich auf Elia und die Umgebung konzentrierte und der sich Joshua verzweifelt zu entziehen versuchte, es jedoch nicht schaffte. Elia ließ ihm Zeit, sich zu fassen. Währenddessen schob sich das Bild der rothaarigen Schönheit im Schatten des Plateaus in seine Gedanken. Vorsichtig hatte er ihre Aura abgetastet und trotz des Grolls, den er gegen die Anwesenheit dieser Truppe hegte, hatte er zugelassen, dass sie seine Sinne berührte. Er wünschte die Expedition zum Teufel, und doch hatte er die Anwesenheit dieser Frau genossen, wohl wissend, dass er sich einem kurzen und vergänglichen Vergnügen hingab. Ein Impuls seines Gegenübers stach in seine Gedanken. Elia konzentrierte sich auf Morrisons Ausstrahlung. Der Mann verbarg etwas. Nur ein winziges bisschen tastete er sich in die Gedanken des Wissenschaftlers vor, um sich die Spannung nicht zu verderben.
Sein Schmunzeln geriet zu einem Grinsen. Die Morrison im Blut steckende Wissbegier würde mit der Zeit höchste Befriedigung erfahren. Er würde Dinge herausfinden, die er sich nie im Leben vorzustellen gewagt hätte – zu Morrisons Bedauern würde er sie nur niemals der Welt verkünden können. Elia ließ den Kitzel genüsslich sacken. Er verspürte kaum zu zügelnde Neugier, was dieser Mann zu verbergen hatte. Welch reizvolle Abwechslung in seinem tristen Alltag. Vielleicht würde er auch mehr über die schöne Tochter in Erfahrung bringen?
Elia nahm mit Befriedigung wahr, wie allmählich der Wissensdurst in Morrison den Sieg errang, wie er begann, sich in das Unabänderliche zu fügen. Jetzt wusste Elia, woher sein Lächeln rührte. Er hatte lange nicht die Auswirkungen seines Charismas auf Menschen ausgekostet.
„Erzählt mir von Eurer Forschung.“
Ein Flackern leuchtete in Joshuas Pupillen.
„Am besten, wir ziehen uns dazu bei einem Glas Brandy ins Kaminzimmer zurück, was meint Ihr?“
Joshua nickte zögerlich. So ganz schien sein innerer Kampf noch nicht abgeschlossen zu sein.
„Es interessiert mich wirklich sehr. Was
Weitere Kostenlose Bücher