Blutsvermächtnis (German Edition)
gestanden hatte. Die Dunkelheit verschluckte mittlerweile die Umgebung und er erkannte nicht, ob noch Spuren von dem Aufenthalt des Teams zeugten. Normalerweise sollten welche zu finden sein, der Abbruch der Expedition lag erst zehn Tage zurück. Weiterhin schweigend bauten sie ein Stück abseits die beiden Zelte auf, richteten eine Feuerstelle her und erwärmten einen Topf mit Wasser, um Kaffee aufzubrühen. Als sie in dicke Kleidung gehüllt am flackernden Lagerfeuer saßen, sprach Nevaeh so leise, dass erein Stück an sie heranrutschte, um sie zu verstehen.
„Ich vermute, du hast ein Recht zu erfahren, was passiert ist.“
Diesmal war er es, der keinerlei Erwiderung fand. Er wollte nichts Falsches sagen, sie nicht aus dem Konzept bringen und schon gar nicht Gefahr laufen, dass sie sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückzog.
„Wir waren so jung, so verliebt.“ Nevaeh warf ein Steinchen in das Feuer. „Ich war fix und fertig, als du mir eines Abends erklärtest, du würdest nach Finnland zurückkehren. Allein.“
Die Traurigkeit in ihrer Stimme versetzte ihn in die Vergangenheit. Der Schmerz der Trennung stach mit tausend Nadeln in seinen Magen und nur mühsam unterdrückte er einen Seufzer. Nevaeh nahm einen Stock zur Hand und stocherte in der Glut herum. Fünkchen stoben in den Nachthimmel und jedes einzelne Erlöschen symbolisierte den gewaltsamen Tod seiner Liebe. Heilige Maria, ihm war keine andere Wahl geblieben. Die Beziehung zwischen ihnen war von Anbeginn zum Scheitern verurteilt gewesen.
„Am nächsten Morgen wachte ich schweißgebadet auf. Ich hatte einen Albtraum. Tiefe Panik, die ich nicht zu deuten wusste, ließ mich nicht los. Ich schob es auf meinen Liebeskummer.“ Ein Wimmern drang aus ihrer Kehle.
Er rutschte auf, legte ihr vorsichtig seine Finger auf den Rücken. Nevaeh zuckte zusammen, aber sie entzog sich ihm nicht.
„Ich durfte doch nicht träumen. Ich durfte es nicht, seit ich zur Schule ging. Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt nicht, warum. Nur, dass ich es verhindern musste.“ Sie weinte.
Jayden zog ein Papiertaschentuch aus dem Päckchen in seiner Jackentasche.
„Einige Tage später, nachdem du … er … es war so grausam. Mein Bruder starb in meiner Vorstellung.“ Unerwartet sprang sie auf. „Das werde ich niemals zulassen, hörst du? Ich werde kein weiteres Mal schuldig am Tod eines Menschen sein, schon gar nicht an dem eines geliebten.“
Jayden erhob sich gleichfalls. Langsam. Ihr bloß keine Angst einjagen. Nur zu gut verstand er, was in ihr vorging, was sie quälte. Nur das konnte sie natürlich nicht ahnen. Sie steckte das Handy in ihre Tasche. Längst hatte er aufgegeben, die vergeblichen Versuche mitzuzählen, Catalina zu erreichen, damit sie einen Kontakt zu Noah herstellte, denn Nevaeh besaß seine Nummer nicht und die Telefonauskunft teilte mit, dass der Anschluss eine Geheimnummer sei.
„Kleines, bitte setz dich wieder.“ Jayden streckte die Arme nach ihr aus und zog sie erst nach einigen Sekunden zurück. Er schluckte die Enttäuschung und rang sich zu einem Geständnis durch. „Jenna war ebenfalls eine Dream Shaperin. Ich verstehe, was in dir vorgeht.“ Nun war es heraus und es tat weh. So sehr, dass er sich in den Sand fallen ließ und das Gesicht zwischen den Knien vergrub. Das Eis brach. Er hörte es förmlich knacken. Die Qual brannte dennoch in seinen Adern wie glühende Lava. Nur einen Moment die Augen schließen, sich sammeln, dann gab er sich einen Ruck und blickte Nevaeh an. Der Schein des flackernden Feuers legte einen Schimmer auf ihr kastanienbraunes Haar, färbte ihre Wange orange, während die andere Gesichtshälfte im Dunkel lag. Tränenspuren glitzerten auf ihrer Haut. Er reichte ihr abermals die Hand und diesmal griff sie zu.
„Erzähl mir, was passiert ist.“
Sie senkte den Kopf. „Entschuldige. Ich verfalle andauernd noch der Meinung, dass du … dass du es gewesen bist. Dass du es wissen müsstest.“
Jayden entwich ein Stöhnen.
„Ja, ja, schon gut. Ich glaube dir ja. Es ist nur so … unfassbar. Du warst meine erste Liebe und gerietest zu meinem erbittertsten Feind. Und … und obwohl ich jetzt weiß, dass es dein Zwillingsbruder war … ist … du bist sein Spiegelbild. Nach den vielen Jahren fällt es mir schwer, das zu trennen und der Schmerz sitzt tief.“ Ihren geflüsterten Nachsatz verstand er kaum. „Genau wie die Angst.“
„Wovor fürchtest du dich, Nevaeh? Was hat Jason getan?“
„Ich begegnete ihm drei
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