Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
die immer wieder die beiden Männer zu verschiedenen Zeiten desselben Tages zeigten. Sie wurden stets von einer weiteren Person begleitet: Rocco Fedeli. Am unteren rechten Rand jedes Einzelbilds waren das Datum und die Uhrzeit eingeblendet.
»Sie sind also hierhergeflogen, um sich mit Rocco Fedeli zu treffen?«, fragte Reynolds zur Vergewisserung.
»Ja.«
»Aus welchem Grund?«
»Drogengeschäfte − das ist zumindest unser Verdacht.«
»Wer sind die beiden?«
»Mafiosi. Hier eine Kopie unserer Ermittlungsunterlagen«, antwortete Moore und schob ihm eine zwei Finger dicke Aktenmappe hin, auf deren Deckel Rocco Fedelis Name stand. In roten, mit Filzstift geschriebenen Blockbuchstaben waren die Worte UNTER VERDACHT hinzugefügt worden.
Reynolds wollte die Mappe gleich aufschlagen, aber Moore ließ ihm keine Zeit dazu. »Lieutenant, das können Sie später alles noch in Ruhe lesen. Diese Kopie habe ich extra für Sie anfertigen lassen, Sie werden alles Wissenswerte darin finden, auch den Anlass für diese Untersuchung.«
»Gut, dann sehe ich mir die Akte an, sobald ich im Büro bin.«
»Ausgezeichnet. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir einen Handlungsplan festlegen, und ich denke, dass wir die Aufgaben am besten unter uns aufteilen.«
Der Lieutenant nickte.
Moore fuhr fort: »Um auf die Morde zurückzukommen –eines erscheint mir gewiss: Es handelte sich um eine Exekution durch eine Mafiaorganisation, möglicherweise um eine Abrechnung. Die Frage ist nun: vonseiten welcher Organisation? Zu welchem Schluss sind Sie gekommen, Lieutenant?«
»Ich kann dazu noch nichts sagen. Zunächst einmal möchte ich Ihre Unterlagen lesen.«
»Jedenfalls sollten wir sowohl das Privatleben von Rocco Fedeli als auch seine Geschäfte unter die Lupe nehmen, die eventuell nur zur Tarnung dienten. Außerdem wäre es sinnvoll, alles über die Familie der Schwester sowie die anderen Opfer in Erfahrung zu bringen«, sagte Moore.
»Meine Leute sind schon dabei, die Telefone der Schwester, des Restaurants und des Hotels des Opfers anzuzapfen«, berichtete Reynolds.
»Gute Idee. Auch wir werden weitere Telekommunikationsüberwachungen in die Wege leiten.«
Dem FBI würde von den Richtern, die seit der Zunahme des Terrorismus wesentlich entgegenkommender geworden waren, sicherlich keine Steine in den Weg gelegt werden. Zum Beispiel war kein »begründeter Verdacht« für die Genehmigung einer Abhörung mehr nötig; es genügte, wenn die Untersuchung mit dem Bundesrecht konform ging. Alles war tatsächlich viel einfacher geworden.
Zum Schluss der Sitzung schlug Moore vor, sich in den nächsten Tagen, falls nötig auch in den nächsten Stunden, erneut zu treffen.
Reynolds steckte die Akte Rocco Fedeli in seine Tasche, grüßte mit erhobener Hand und ging. Den berüchtigten »lächelnden Händedruck« der FBI -Leute wollte er sich ersparen.
Auch die Agents verließen nacheinander das Zimmer undkehrten an ihre Schreibtische zurück. Alle außer Bill Hampton, dem Moore, dessen unverbindliches Lächeln plötzlich einer angespannten Miene gewichen war, bedeutete, ihm in sein Büro zu folgen.
Als sie dort waren, schloss er sogleich die Tür.
Ein eine A4-Seite umfassender Computerausdruck lag zusammengerollt und mit einem Gummiband zusammengehalten ganz hinten in seiner Schreibtischschublade. Moore holte ihn heraus, als wäre er eine Reliquie, und reichte ihn seinem Mitarbeiter.
Bill Hampton war knapp eins achtzig groß, muskulös und hatte kinnlange schwarze Haare. Gewöhnlich trug er eine dunkle Sonnenbrille. Er sah nicht gerade wie der typische FBI -Agent aus, sondern eher, als ob er in einer Rockband spielen würde oder wie Tony Montana in Scarface . Was aber am meisten an ihm auffiel, waren seine großen, runden Augen, denen kein Detail zu entgehen schien, sei es auch noch so unscheinbar.
»Lies das!«, forderte Moore ihn auf.
Bill Hampton hatte seinen Chef schon viele kritische Situationen meistern sehen, gerade in letzter Zeit, ihn aber noch nie derart beunruhigt erlebt. Er nahm das Blatt und sah sofort, dass es sich um ein Geheimdokument handelte. Auf der oberen Hälfte des Papiers las er: Vollständige Abschrift eines am 1. November stattgefundenen Telefongesprächs – Vertraulich.
Gesprächsteilnehmer: Director Moore – Mr. X (Anrufer)
Mr. X: Director Moore?
Moore: Ja. Wer spricht dort?
Mr. X: Sie kennen mich zwar noch nicht persönlich, aber Sie können mich als Freund betrachten.
Moore: Verstehe. Um was
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