Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
geht es?
Mr. X: Es sind ein paar Killer in der Stadt eingetroffen, und es wird viel Blut fließen.
Moore: Wer sind diese Killer?
Mr. X: Das weiß ich nicht … noch nicht … Verlangen Sie nicht zu viel von mir.
Moore: Aber wer sind diese Leute?
Mr. X: Ich sage doch, das weiß ich nicht, aber ich weiß mit Sicherheit, dass es ein Blutbad geben wird, und zwar bald … Es ist nur eine Frage von Stunden, nicht von Tagen.
Moore: Wo?
Mr. X: In Manhattan.
Moore: Wo genau?
Mr. X: In einer Wohnung, mehr weiß ich nicht.
Moore: Können Sie mir nicht sagen, wer Sie sind?
Mr. X: Im Moment nicht. Doch Sie kennen mich sozusagen indirekt.
Moore: Was soll das heißen?
Mr. X: Sie haben einem meiner Angehörigen geholfen.
Moore: Wem?
Mr. X: Ich kann Ihnen vorläufig nicht mehr verraten, aber nehmen Sie meinen Hinweis nicht auf die leichte Schulter.
Die Verbindung wird beendet.
Mister X ruft nicht noch einmal an.
Der Anruf wurde um 17.12 Uhr am 1. November von einer öffentlichen Telefonzelle im Grand Central Terminal aus getätigt.
Bill Hampton sah von dem Protokoll auf und blickte Moore an. Der kam jeder Frage zuvor und sagte: »Bill, ich habe nicht früher mit dir darüber geredet, weil ich den Hinweis wohl doch auf die leichte Schulter genommen habe.«
»Es gehen ständig so viele Hinweise ein, Sir.«
»Stimmt, aber dieser hat sich leider als begründet erwiesen. Es sind nur wenige Stunden seit dem Anruf vergangen, keine Tage, und es hat ein Blutbad in einer Wohnung gegeben, tatsächlich hier in Manhattan, obwohl wir überzeugt waren, dass solche schwerwiegenden Vorfälle hier nicht mehr passieren. Das kann kein Zufall sein, Bill. Der Anrufer wusste, wovon er redet«, resümierte Moore geradezu niedergeschlagen. Er sah bereits seine Karriere gefährdet.
»Trotzdem, Sie konnten doch wirklich nicht wissen … Und was hätten Sie denn tun sollen?«, versuchte Hampton ihn zu trösten.
»Was geschehen ist, ist geschehen, aber jetzt müssen wir uns daranmachen, diese Person zu identifizieren.«
»Wie sollen wir das anstellen?«
»Ich weiß, es ist nicht einfach – auf dem Bahnhof geht es zu wie in einem Bienenstock, vor allem nachmittags, und obendrein war es der Vorabend des Marathonlaufs. Trotzdem müssen wir unser Möglichstes tun.«
»Immer vorausgesetzt, der Anrufer hat die Wahrheit gesagt.«
»Sicher. Aber in der Sache hat er sich nicht getäuscht.«
»Hoffen wir, dass er sich wieder meldet.«
»Hoffen wir’s«, stimmte Moore zu.
»Hatte er einen Akzent?«, erkundigte sich Bill Hampton.
»Nein, er sprach US -Englisch wie ein native speaker . Falls er aus einem anderen Land stammt, lebt er garantiert schon lange hier. Ansonsten kann ich nur sagen, dasses die Stimme eines Erwachsenen war, mittleren Alters schätzungsweise. Ich spiele dir die Aufnahme einmal vor.« Er spulte das Band des Aufnahmegeräts, das neben dem Telefon lag, zurück und drückte auf Play .
Hampton konzentrierte sich auf jedes Wort. »Sie haben recht, es muss jemand von hier sein. Astreines Ostküsten-Amerikanisch. Ich würde das gern noch einmal hören.«
Moore ließ das Gespräch erneut ablaufen.
»Ich mag mich täuschen, aber ich meine, die nasalen Laute und den leicht singenden Tonfall eines Brooklyn-Akzents zu erkennen.«
Moore runzelte die Stirn. Darauf hatte er gar nicht geachtet. Vielleicht stimmte es, vielleicht war es wirklich der typisch näselnde Brooklyn-Akzent. Er wollte die Aufnahme nicht in das Labor für phonische Analysen schicken. Wenn herauskam, dass er dieses Telefonat erhalten hatte, würde sich unter seinen Füßen ein Abgrund auftun, der ihn verschlingen konnte. Hampton fragte ihn, warum er das Gespräch aufgezeichnet habe. »Ich bin sofort misstrauisch geworden, als die Zentrale einen Anrufer angekündigt hat, der seinen Namen nicht nennen und ausschließlich mit mir sprechen wollte.«
»Verstehe. Hat er über die 911 angerufen?«
»Nein, er hat direkt die Nummer des FBI gewählt. Ich vertraue auf deine absolute Verschwiegenheit, Bill.«
»Selbstverständlich, keine Sorge, Sir«, erwiderte Hampton und strich sich mit der Hand durch die Haare.
Dann wies Moore ihn an, Personenüberprüfungen im Zusammenhang mit dem Anruf vorzunehmen, vor allem bei den Familienangehörigen der Zeugen und Mafia-Kronzeugen, die sie gegenwärtig überwachten. Außerdem empfahl er ihm, ohne nach außen hin spürbare Konkurrenzkämpfemit den Detectives vom NYPD zusammenzuarbeiten. »Die haben gute Quellen, und wir
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