Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
Bad.
In einem Starbucks-Coffeeshop in der Park Row, Ecke Broadway, saß Bill Hampton an einem Tisch.
Er wirkte entspannt. Bei ihm saß seine Kollegin Mary Cook, die seit drei Jahren auch seine Lebensgefährtin war.Sie sprachen über den Fall Fedeli, während sie Cappuccino aus großen Pappbechern tranken.
Mary Cook war rank und schlank und hatte lange Beine wie ein Model. Zweifellos eine sehr attraktive Frau mit einem blonden Bob und klaren grünen Augen. Obwohl erst zweiunddreißig Jahre alt, war sie im Begriff, eine Blitzkarriere beim FBI zu machen, wo sie obendrein regelmäßigere Arbeitszeiten hatte als bei der Mordkommission. Und mit dem beruflichen Erfolg war auch die Liebe gekommen.
»Was wollte der Chef von dir?«, fragte sie unvermittelt, nachdem sie den letzten Schluck Kaffee getrunken und ihren Becher abgestellt hatte.
»Ach, nichts Besonderes. Dick ist nur besorgt wegen dieses Falls. Er denkt, dass es weitere Morde geben könnte, und ich fürchte, da irrt er sich nicht …«
»Wenn die Mafia dahintersteckt, müssen wir auf jeden Fall damit rechnen, keine Frage. Möglich, dass da irgendein Machtgleichgewicht gestört worden ist, aus einem Grund, den wir noch nicht kennen.«
»Kann gut sein. Jedenfalls hat der Chef mir freie Hand gelassen – wir sollten uns gleich in die Arbeit stürzen.«
»Ich kann es kaum erwarten, Liebling!«
»Fehlt dir die Mordkommission?«
»Du machst wohl Witze. Nur du wirst mir fehlen. Du wirst sicher jede Menge zu tun haben mit dieser Untersuchung. Mehr als ich …« Ihr Gesicht war auf einmal ernst geworden.
»Komm, lass uns gehen«, sagte er, und sie kehrten auf direktem Weg ins Büro zurück.
Inzwischen regnete es in Strömen.
Auf dem 17. Revier saß Michael Bernardi im Büro des Lieutenant.
Er hatte gerade das Dossier über Rocco Fedeli fertig gelesen, das ihm Reynolds bei seiner Rückkehr von der Federal Plaza übergeben hatte.
»Interessant?«, erkundigte sich Reynolds.
»Ziemlich, würde ich sagen.«
»Dann rekonstruier mir mal die Fakten, Mike.«
»Von Anfang an?«
»Ja.«
Bernardi fasste zusammen, dass die beiden Mafiosi aus Palermo im Hotel von Rocco Fedeli gewohnt und sich mehrmals mit ihm getroffen hatten, sowohl allein als auch im Beisein anderer Personen. Einige davon waren dem FBI aus früheren Ermittlungen zum internationalen Drogenhandel bekannt. Er wollte seinem Vorgesetzten einige der Fotos zeigen, die das Dossier enthielt, doch Reynolds wehrte ab.
»Die Fotos kannst du übergehen, Mike. Die habe ich schon bei der Besprechung gesehen.«
»Okay, John.«
»Sag mir lieber, wann diese beiden in New York angekommen sind.«
»Ende letzten Sommer, im September, und sie sind zehn Tage geblieben.«
»Haben dir ihre Namen was gesagt?«
»Nein, gar nichts.«
»Und die anderen? Die alten Bekannten?«
»Die schon. Manche davon sind damals bei der Aktion ›Pizza Connection‹ aufgetaucht.«
Reynolds nickte und dachte flüchtig an die entscheidende Polizeiaktion Anfang der Achtzigerjahre, die zu der Zerschlagung eines italoamerikanischen Drogenhändlerrings geführt hatte.
»Warum haben die Feds diese Sizilianer überhaupt observiert? Kennst du den Grund?«
»Ja, sie hatten eine Mitteilung über deren Ankunft von der Polizei in Palermo erhalten. Da die beiden Mafiosi sind, wurden ihre Telefone abgehört.«
»Alles klar. Erzähl weiter. Hier sind doch sicher auch Abhörungen vorgenommen worden?«
»Dazu wollte ich gerade kommen. In der Tat haben Abhörungen stattgefunden, und es gibt auch einen Bericht von heute.«
»Was steht drin?«
Bernardi durchforstete seine Unterlagen und zog ein Blatt heraus.
»Dass gestern Morgen mehrere Anrufversuche beim Hausanschluss von Fedeli von dem auf Alfredo Prestipino in Brooklyn eingetragenen Anschluss aus gemacht wurden, alle vergeblich.«
»Die Nichte hat also die Wahrheit gesagt«, bemerkte Reynolds. »Aber ihre Mutter bestimmt nicht. Ich bin sicher, dass Angela Prestipino eine ganze Menge weiß, wovon sie nichts preisgeben will. Du hättest sie mal bei der Vernehmung erleben sollen, Mike, sie hat mich dauernd so schräg angesehen, als versuchte sie, mich einzuschätzen. Verstehst du? Sie mich …« Bei den letzten Worten rieb er sich mit der Hand sein Kinn.
»Eine merkwürdige Frau, was?«
»So eine habe ich noch nie getroffen.«
Dann schlug Bernardi vor, beim FBI noch einmal bezüglich der vorgenommenen Abhöraktionen nachzuhaken: »Die müssen die Karten schon auf den Tisch legen,
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