Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
Vom Netzwerk:
nicht einzelnen Personen. Tief im Herzen hegte er allerdings den Wunsch, nach Florenz zurückzukehren, wenn diese »Sicherheitsgründe« nicht mehr so zwingend waren.
    So hatte er also in die Hauptstadt umziehen müssen, in eine kleine Dienstwohnung, die sich ebenfalls innerhalb des Sitzes der DIA befand, lebte aber halb in Rom und halb in Florenz.
    Seine aus Deutschland stammende Frau Petra, ein ganz besonderer Mensch, war mit ihm gekommen. Um die neue Wohnung etwas gemütlicher zu machen, hatte sie Bilder und Fotos aufgehängt, weil sie es wichtig fand, ein paar besonders glückliche Momente aus ihrem gemeinsamen Leben vor Augen zu haben. Außerdem hatte Petra in Rom einen lang verfolgten Plan in die Tat umsetzen können: in der Redaktion einer angesehenen Frauenzeitschrift mitzuarbeiten. Dennoch verzichtete sie morgens nicht auf die ihnen lieb gewordene Gewohnheit, den Frühstückstisch wie in Deutschland üppig zu decken, da dies häufig die einzige gemeinsame Mahlzeit des Paares war. Wie auch schon an den anderen Dienstorten. An den Wochenenden fuhren sie, wann immer es ging, in ihre Florentiner Wohnung, wo Petra sich mit viel Geduld und Liebe den Pflanzen in dem kleinen Gewächshaus auf der Dachterrasse widmete. Stets mit dem Gedanken, dass sie eines Tages endgültig in ihr geliebtes Heim zurückkehren würden.

    Nach dem Kaffee begann Bob Holley, die Morde an der Madison Avenue zu schildern, über die Ferrara teilweise schon Bescheid wusste. Innerhalb einer guten halben Stunde legte er ihm alle Einzelheiten dar.
    »Das sieht in der Tat nach einem Mafiamassaker aus«, bemerkte Ferrara am Schluss. »Und in diesem Fall könnten die Täter oder jedenfalls die Auftraggeber dem Milieu der sizi… der italienischen Mafia angehören«, korrigierte er sich. »Was wissen Sie bisher über Rocco Fedeli?«
    »Nur das, was das FBI der Polizei von Palermo und nach diesen Morden dem italienischen Zweig der Interpol mitgeteilt hat: dass er sich wahrscheinlich im Umfeld der organisierten Kriminalität bewegte. Er besaß eine Pistole mit abgefeilter Seriennummer.«
    Bill Hampton holte eine Kopie der Akte Rocco Fedeli aus seiner Tasche und gab sie Ferrara.
    »Steht alles hier drin. Diese Kopie ist für Sie, Dottore«, sagte Holley.
    »Danke.«
    »Ist denn die ’Ndrangheta zu vergleichen mit der Mafia, wie wir sie kennen?«, wollte Bill Hampton wissen, wobei Holley weiterhin fast simultan übersetzte.
    »Es gibt schon Unterschiede. Aber die Beziehungen zwischen der Cosa Nostra und der ’Ndrangheta sind stets gut gewesen seit der Zeit, als sie noch gemeinsame Geschäfte mit dem Zigarettenschmuggel machten. Das war in den Sechzigerjahren«, antwortete Ferrara.
    »Und inwiefern unterscheidet sie sich?«
    Ferrara ließ sich über die ’Ndrangheta aus, die er als die gefährlichste kriminelle Organisation in ganz Italien beschrieb. In der jüngeren Vergangenheit hatte sie praktisch eine Monopolstellung in Europa erlangt, was den Handelmit Kokain betraf. Die Globalisierung schritt auch in der Verbrecherwelt voran, und die ’Ndrangheta hatte eine ausgeklügelte Verbreitungsstrategie für die südlichen Regionen Italiens und das Ausland entwickelt: Australien, Kanada, die Vereinigten Staaten, Deutschland, Spanien …
    »Wir haben auf diese Gefahr auch in unserem letzten halbjährlichen Bericht an das Parlament hingewiesen«, fügte er hinzu.
    Bill Hampton sah ihn immer noch fragend an, woraufhin Ferrara erklärte, dass die Clans der ’Ndrangheta, die ursprünglich familiäre, an ihr jeweiliges Herkunftsgebiet gebundene Mikrokosmen waren, sich schon vor einiger Zeit in voneinander abhängige vernetzte Gruppen mit einer Führungsspitze gewandelt hatten, die den einzelnen ’Ndrine vorstand.
    »Drine?«, unterbrach ihn Bill Hampton.
    »’Ndrine, der Singular lautet ’Ndrina. Das bedeutet so viel wie Clan. Ein kalabrischer Dialektausdruck, der vermutlich aus dem altgriechischen Wort andreios abgeleitet wurde. Es bezeichnet einen tapferen Mann, der Rückgrat besitzt. In der Welt der kalabrischen Mafia wird so die Familie der Blutsverwandten genannt, die über ein ganzes Dorf oder ein Stadtviertel herrscht.«
    Agent Hampton schüttelte den Kopf, als er die Übersetzung gehört hatte.
    Bob Holley warf ein, dass er einmal an einer Konferenz über die kalabrische Mafia in Reggio Calabria teilgenommen habe. »Eine Weltmacht!«, rief er.
    »So ist es. Zum Beispiel arbeiten wir gerade mit der Royal Canadian Mounted Police bei Ermittlungen

Weitere Kostenlose Bücher