Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
werden Sie meine Identität erfahren, oder ich werde mich Ihnen zu erkennen geben, wenn es die Um stände erlauben. In dieser Hinsicht können Sie ganz beruhigt sein. Ich weiß, wie großzügig Ihre Behörde zu denen ist, die ihr Unterstützung anbieten. Vor allem sollten Sie ernst nehmen, was ich Ihnen im Folgenden mitteile, und es nicht wieder unterschätzen … Sie verstehen?
Das Blutbad geschah auf Betreiben der Italiener − sie waren allerdings nicht die Einzigen −, und zwar um Rocco Fedeli zu bestrafen, einen Verräter, einen ehrvergessenen Mann.
Es war ein Racheakt, serviert als kalte Platte, denn Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt.
Fedeli hatte sich eine bedeutende Menge Kokain unter den Nagel gerissen, die ihren Bestimmungsort nie erreicht hat.
Manche Leute, Mr Moore, verlieren den Kopf, wenn es um zu viel Geld geht, stören damit das Machtgleichgewicht und treten Verpflichtungen, an die sie durch uralte Schwüre gebunden sind, mit Füßen. Analysieren Sie das Material, das in Fedelis Wohnung gefunden wurde; auch Fotos können Ihnen viel sagen. Vernachlässigen Sie sie nicht.
Außerdem sollen Sie wissen, dass das Kokain auf Schiffen transportiert wurde, die von Kolumbien kamen und über die Straße von Gibraltar italienische Häfen ansteuerten; es war in Hohlräumen unterhalb der Leichtladelinie versteckt.
Stellen Sie Ermittlungen zu diesen Transporten an, und Sie werden herausfinden, wer Fedeli umgebracht hat und warum.
Übrigens werden Sie diejenigen, die ihn getötet haben, nicht mehr fassen, es ist zu spät, das haben schon andere übernommen. Darüber kann ich Ihnen eventuell in den nächsten Tagen weitere Informationen zukommen lassen.
Einen Rat noch: Bemühen Sie sich nicht, nach Fingerabdrücken auf diesem Blatt zu suchen, ich habe alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Und verschwenden Sie eben falls keine Zeit damit, meinen vorgeblichen Angehörigen aufzuspüren, denn es gibt ihn nicht. Das war nur eine Notlüge, um Sie zum Handeln zu bewegen, doch sie hat sich als nutzlos erwiesen, wie man gesehen hat.
Nun strengen Sie sich mal schön an, und wenn dann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden Sie mir gewiss gern Ihre Dankbarkeit erweisen.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Die Schiffe aus Kolumbien sind vom Hafen Turbo ausgelaufen und unter japanischer oder ecuadorianischer Flagge gefahren. Das ist kein unwichtiger Hinweis.
Noch eine letzte Anmerkung: In dem Safe lagen drei Millionen Dollar in bar.
Jetzt sind Sie an der Reihe.
Frohes Schaffen!
»Scheißkerl! Verdammter Scheißkerl!«, flüsterte Moore, als er fertig gelesen hatte. »Er weiß Bescheid, er kennt die Hintergründe. Ob das alles wahr ist? Aber was die Morde angeht, hat er sich nicht getäuscht.«
Er las den Brief noch einmal. Und noch einmal. Ihn beschlich das Gefühl, dass ihm etwas entging, aber er bekam nicht heraus, was es war.
Nachdem er ein paar Fotokopien gemacht hatte, unterstrich er auf einer davon bestimmte Stichworte und übertrug sie in ein Notizbuch:
Italiener, aber nicht die Einzigen
Verräter, Racheakt, uralte Schwüre
Kolumbien, Turbo, japanische oder ecuadorianische Flagge
Safe, drei Millionen Dollar
Außerdem:
Auch Fotos können Ihnen viel sagen. Vernachlässigen Sie sie nicht.
»Welche Fotos? Warum sollen die mir eine Antwort zur Lösung des Falls liefern können?«
Er las den Brief zum vierten Mal. Dann legte er ihn in die oberste Schreibtischschublade. Er würde ihn schnellstmöglich ins Labor der CSU schicken: Vielleicht waren die Vorsichtsmaßnahmen des Unbekannten unzureichend gewesen und doch ein paar Spuren oder Abdrücke zurückgeblieben. Schließlich klappte er das Notizbuch zu und rief Bill Hampton in sein Büro.
Seine Stimme klang unpersönlich und gepresst.
»Was ist passiert, Dick?«, fragte Bill Hampton gleich beim Hereinkommen.
Der Ton seines Vorgesetzten hatte ihn in Alarmbereitschaft versetzt und befürchten lassen, dass etwas Ernstes vorgefallen war. Er traf Moore mit zornigem Blick hinter seinem Schreibtisch stehend an.
»Sieh dir das an«, forderte er ihn auf und hielt ihm eine Fotokopie hin.
Bill Hampton ließ sich auf einen Stuhl fallen und las.
»Wie haben Sie das bekommen?«, erkundigte er sich, als er fertig war.
»Der Scheißkerl hat wieder angerufen und mir den Ort beschrieben … hier in der Nähe, St. Paul’s Chapel …« Er schaltete das Aufnahmegerät ein und spielte Bill das Gespräch vor.
»Kein Zweifel, es
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