Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
gegebenenfalls folgen und notieren, wohin er fuhr.
»Jawoll.«
»Sehr gut. Jetzt sollte ich mich besser auf den Rückweg machen, bevor ich in den Regen komme. Außerdem erwartet mich der Colonnello«, sagte Foti und ging denselben Pfad talwärts.
Unterdessen waren die Vorbereitungen für die Überwachung der anvisierten Telefone bei der DIA abgeschlossen. Die Techniker hatten die Nacht durchgearbeitet, um die Anschlüsse zu programmieren und zu testen. Alles funktionierte. Jetzt warteten die Ermittler darauf, dass die Computer die im Abhörraum der Staatsanwaltschaft aufgezeichneten Gespräche auf ihre Festplatten übertrugen.
Während des Wartens sprachen sie mit Kennermiene über das gestrige Abendessen: gegrilltes Schweinefleisch und gebratene Steinpilze, heruntergespült mit einem hervorragenden Vino Novello. Auf diese Weise hatten auch sie den Martinstag gefeiert.
Zur gleichen Zeit warteten andere Polizisten von der Squadra Mobile in einem Hotel an der ionischen Küste, in Siderno, auf neue Anweisungen. Sie waren schon am Vorabend dorthin gefahren, um den bei Tag sehr dichten Verkehr auf der Staatsstraße 106, dem einzigen Verbindungsweg zwischen der Provinzhauptstadt und dem Einsatzgebiet, zu umgehen.
Das Handy des Gruppenleiters, Ispettore Grassi, klingelte. Es war Commissario Bruni. »Haltet euch bereit. Alles ist startklar, auch die Telefonüberwachung«, verkündete er.
Die Operation Bergamottblüte war nun in vollem Gange.
New York
Dick Moore führte wieder ein Junggesellenleben.
Jenny hatte am Telefon erneut betont, dass sie allein sein wolle, um darüber nachzudenken, ob es für sie noch eine gemeinsame Zukunft gäbe. Dieses Leben sei nichts mehr für sie … Angesichts ihrer eisernen Entschlossenheit begann er sich zunehmend Sorgen zu machen, dass sie nur noch einen Schritt von der Scheidung entfernt waren. Aber Jenny fehlte ihm jeden Tag mehr. Er fühlte sich wie ausgehöhlt. Als hätte er einen Teil von sich selbst verloren. Auch Sam fehlte ihm. Seine Freudensprünge, wenn er nach Hause kam, sein fast menschlicher treuer Blick, die Liebkosungen, die Spaziergänge im Central Park … Einfach alles.
An diesem Morgen fand er im Büro das Ergebnis der Laboruntersuchung des Briefes vor, den er bei der St. Paul’s Chapel abgeholt hatte. Nichts von Bedeutung. Nur die Bestätigung, dass er am Computer geschrieben worden war. Keinerlei Fingerabdrücke − wie der Unbekannte versichert hatte.
Weder die Laserabtastung noch die elektrostatische Analyse hatten durchgedrückte Wörter oder andere Zeichen auf dem Papier erkennen lassen. Nichts.
Alles negativ. Das Blatt war frisch und rein wie aus der Fabrik.
Dick Moore hatte keinen Zweifel mehr: Der anonyme Anrufer war ein verdammtes Schlitzohr, ein Profi. Ein ganz ausgekochter Hurensohn!
Als er den Bericht beiseitelegte, klingelte das Telefon.
Er hatte seit Tagen nichts mehr von seinem Informanten gehört und inzwischen die Hoffnung aufgegeben, dass er sich je wieder melden würde. Am Apparat war der Telefonist der Zentrale.
»Director Moore, ein Techniker des kriminaltechnischen Labors in Washington, möchte Sie sprechen.«
»Stellen Sie ihn durch … Hallo? Hier ist Dick Moore.«
»Mein Name ist Bell, von der Labortechnik.«
»Ich höre.«
»Ich arbeite gerade an den Beweisstücken vom Fundort des ausgebrannten Wagens. Die Schuhabdrücke entsprechen Größe 44, und eine der Sohlen weist eine Kerbe im Profil auf.«
»Was heißt das?«
»Das Profil ist an dieser Stelle vermutlich von einem scharfen Gegenstand eingeritzt worden. Von einem Stück Eisen oder Glas vielleicht. Man müsste feststellen, ob Eisen- oder Glasfragmente am Ort vorhanden waren.« Moore rief sich den Fundort ins Gedächtnis. Dieses Detail erschien ihm wichtig.
»Meiner Erinnerung nach nicht, aber ich werde das überprüfen«, sagte er. »Im Bericht der Spurensicherung jedenfalls wird nichts dergleichen erwähnt.«
»Das stimmt. Ich habe das Tatortprotokoll vor mir liegen, darin steht nichts davon«, bestätigte Bell.
»Kann man sonst noch was herausbekommen, die Marke der Schuhe, den Abnutzungsgrad oder Ähnliches?«, fragte Moore.
»Ich werde mein Bestes tun.«
»Gut, halten Sie mich auf dem Laufenden. Sie können mich im Übrigen jederzeit anrufen, auch nachts. Auf Wiederhören.«
Dann bestellte er Special Agent Mary Cook zu sich. Als sie mit strahlendem Gesicht eintrat, verspürte er einen Anflug von Neid. Ihm, der immer ein ausgesprochener Gegner des
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