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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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ihn zwischen seinen Knien ein. Dann packte er die Pistole mit beiden Händen und entwaffnete ihn. Nun war er es, der die Waffe aus wenigen Zentimetern Entfernung auf sein Gegenüber richtete.
    »Ich bring dich um, du Arschloch. Willst du sterben?«, brüllte er.
    Diego rang nach Luft. Der Schmerz raubte ihm alle Kraft. Derweil tastete der Kalabrese seinen Arm nach Blut ab undwarf einen Blick darauf: Nichts zu sehen. Es war nur ein Streifschuss gewesen, der den Ärmel seines Jacketts berührt hatte. Trotzdem fluchte er und brüllte: »Leg dich auf den Boden. Runter! Ganz runter! Ich sag es nicht noch einmal.«
    »Was hast du vor, ’Ntoni?«, ächzte Diego und gehorchte.
    Antonio Russo stellte sich mit gespreizten Beinen über ihn, bückte sich dann und bohrte ihm den Pistolenlauf in den Nacken.
    »Ich mach dich alle«, sagte er und lud den Schlagbolzen. Das metallische Schnappen hallte im Zimmer wider.
    »Hey, mach keinen Scheiß, ’Ntoni! Bist du verrückt geworden? Du willst mich doch nicht wirklich umbringen?«
    »Du hast mit dem Scheiß angefangen, du Idiot! Jetzt reicht’s! Rühr dich nicht! Ah, mein Lieber, mit dir hab ich noch andere Pläne«, erwiderte der kalabrische Boss. Dann nahm er sein Handy und rief seine Männer herbei.
    »Bringt ihn in eure Suite«, befahl er, als sie eintrafen. »Nachher hauen wir ab.«
    Mit gesenktem Kopf ging Diego zwischen den beiden Gorillas hinaus.
    Nun blieb Antonio Russo gerade noch Zeit für eine schnelle Dusche vor seinem Stelldichein mit Natalie – ein Mädchen von knapp zwanzig Jahren, groß, schlank, mit brünetten langen Haaren und unglaublich schönen Augen, das ihn verhext zu haben schien. Jedes Mal gab er ihr tausend Dollar und ein paar Gramm Koks Trinkgeld.
    Manchmal nur für ein, zwei Stunden Beisammensein.
    So wie diesmal.



Mittwoch, 12. November
    Im noch schwachen Licht der Morgendämmerung zeichneten sich die Umrisse der Berge ab.
    Der von schwarzen Wolken bedeckte Himmel verhieß nichts Gutes. Obendrein wehte ein eiskalter Nordwind, der sich in den dichten Baumwipfeln verfing. Die Windstöße kamen mit durchdringendem Geheul, hin und wieder unterbrochen von tiefer Stille.
    Capitano Foti und drei Männer seiner Einheit, eingemummelt in Windjacken und dicke Wollpullover, bewegten sich auf langen, gewundenen Pfaden vorwärts, deren Verlauf wegen der hochstämmigen Bäume nicht zu überschauen war. Um sie herum nur Farne, Dornengestrüpp und Büsche, abgesehen von der disharmonischen Musik des Windes. Sie waren schon seit mehreren Stunden unterwegs. An den schwierigsten Stellen hatten ihnen ihre Infrarotferngläser gute Dienste geleistet, und so hatten sie sich in der Dunkelheit vorangekämpft, während die Kälte ihre Gesichter starr, die Augen rot und die Lippen bläulich werden ließ. Auf jedes noch so kleine Geräusch lauschend, waren sie nun fast auf dem Kamm eines Hügels angelangt. Von dort oben wollten sie Antonio Russos Hof überwachen, der ein paar Hundert Meter Luftlinie entfernt lag. Vom Beginn der Observierung an würden sie ihn nichtmehr aus den Augen lassen. Tag und Nacht. Rund um die Uhr. Ein überaus öder Posten in dieser gottverlassenen Gegend, aber sie waren an dergleichen gewöhnt.
    »Wie wär’s mit einem Kaffee?«, fragte Foti.
    »Genau das Richtige jetzt«, antwortete der älteste der Carabinieri.
    Die anderen nickten begierig.
    Als sie den Espresso aus der Thermoskanne in kleine Kunststoffbecher gossen, dampfte er noch. Die weißen Schwaden lösten sich bald in der klaren Luft auf. Sie schlürften ihren Kaffee mit Hochgenuss.
    Nachdem der Capitano seinen leeren Becher in einer Plastiktüte verstaut hatte, wiederholte er die Dienstanweisungen.
    »Also, ihr notiert jede Bewegung, jedes Lebenszeichen auf dem Hof und soweit möglich auch Typ, Modell und Farbe der dort auftauchenden Fahrzeuge. Und denkt daran, so viele Fotos wie möglich zu schießen.«
    »Uns wird nichts entgehen, Signor Capitano«, versicherten die drei mit Profimiene.
    Der Wind pfiff weiter dieselbe unheimliche Melodie, manchmal nur noch lauter. Es war ein stürmischer Herbsttag wie aus dem Bilderbuch.
    »Ihr werdet später hier auf dem Posten abgelöst. Also, Augen auf, Männer.«
    »Jawoll, Signor Capitano«, antworteten sie einstimmig.
    »Vergesst nicht, den Kollegen unten jeden Zwischenfall zu melden.«
    In der näheren Umgebung, aber mit einigem Sicherheitsabstand, wartete eine Patrouille in einem nicht gekennzeichneten Geländewagen. Sie würde Antonio Russo

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