Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
erklärt hatte. Franks Partner Pete war soeben in Urlaub gefahren und lag mittlerweile mit seiner Frau Rachel an einem hawaiianischen Strand, daher musste Frank diesen Fall allein bearbeiten.
Allerdings war Pete vermutlich zurück, noch ehe er irgendjemanden festgenommen hatte. Sie begannen verspätet mit ihren Ermittlungen, und der Tatort war längst freigegeben. Wenn es also Mord gewesen war, müssten sie Glück haben, um es zu beweisen, doch aller Wahrscheinlichkeit nach war der mutmaßliche Täter inzwischen über alle Berge.
Während ihm all dies durch den Kopf ging und er sich am Empfangstresen abmeldete, sah er einen blonden Mann im Anzug auf die gläsernen Eingangstüren zugehen, der ihm bekannt vorkam. Alles an ihm schrie nach Polizei, doch weder trug er eine Uniform, noch schien er bewaffnet zu sein. Er war ein bisschen jung für einen Detective, doch vielleicht ermittelte er ja verdeckt.
Die automatische Glastür glitt auf, und der Mann trat ein. An der Schwelle stutzte er kurz, als er Frank sah, doch danach ging er scheinbar unbeirrt weiter. Frank versuchte ihn einzuordnen. Er war eindeutig von der Polizei, allerdings kein Detective. In der Hand hielt er einen großen Umschlag.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Empfangsdame.
»Sie heißen Fletcher, stimmt’s?«, fragte Frank, dem der Name soeben eingefallen war. Fletcher war bei zwei Einsätzen im Westen der Stadt, zu denen Frank gerufen worden war, als Erster am Tatort gewesen.
Der andere warf ihm ein nervöses Lächeln zu und sah ihm nicht direkt in die Augen. »Ja, Detective Harriman. Dennis Fletcher.«
Frank wunderte sich über Fletchers Beklommenheit. Er konnte sich nicht erinnern, je irgendetwas zu dem Streifenpolizisten gesagt zu haben, das einen Anlass für diese Reaktion geboten hätte. Frank hatte ihn als intelligent und von rascher Auffassungsgabe in Erinnerung und nahm an, dass er bald befördert werden würde. »Ich dachte, Sie seien bei der Abteilung Westside …«
»Bin ich auch, Sir. Mein freier Tag.«
Harriman zog eine Braue hoch.
»Ich … ich bin wegen meiner Cousine hier, Sir. Ich … ich glaube, Ihre Frau hat sie gefunden.«
Erklärte das seine Nervosität? »Sheila Dolson war Ihre Cousine? Mein Beileid, Fletcher.«
»Danke, Sir.«
Frank ließ sich rasch durch den Kopf gehen, was Irene ihm alles über die Frau erzählt hatte. »Zu welchem Zweig der Familie gehören Sie denn?«
»Oh, wir sind – wir waren keine Blutsverwandten. Sie war von einem der Pflegekinder meines Großvaters adoptiert worden. Mein Großvater ist Graydon Fletcher.«
»Ah …«
»Offen gestanden, Sir, hatte sie eigentlich keinen Kontakt mehr zur Familie. Aber natürlich ist uns daran gelegen, dass die Beerdigung und das alles ordentlich erledigt werden, wissen Sie.«
»Ihr Großvater ist wirklich ein großzügiger Mann. Sie haben wahrscheinlich eine Menge Onkel und Tanten und Cousins und Cousinen.«
Dennis Fletcher lächelte, nun etwas entspannter. »Ja, Sir. Cousins und Cousinen ohne Ende, wie es bei uns heißt.«
»Jemand aus Ihrer Verwandtschaft war gestern zum Abendessen bei uns«, sagte Frank. »Ist mit Ben Sheridan vorbeigekommen.«
»Anna?«, riet Dennis.
Frank verbarg sein Erstaunen hinter gespielter Verlegenheit. »Nein, soweit ich weiß, haben sie sich kürzlich getrennt.«
»Oh, das ist aber schade.«
»Ja«, sagte Frank. »Wirklich ein Jammer.« Mann, dachte er, und was sage ich als Nächstes? Wie das Leben so spielt? Doch in diesem Moment bat die Empfangsdame Fletcher, sich einzutragen, und so schien ihm Franks Unbehagen zu entgehen. »Tja«, schob Frank rasch hinterher, »ich muss los. Machen Sie’s gut, Dennis.«
Eilig ging er zur Tür hinaus.
Er gab vor, nicht zu hören, wie Officer Dennis Fletcher ihm etwas nachrief, als sich gerade die Schiebetür zwischen ihnen schloss. »Wenn es nicht Anna war …«
Er verließ den Parkplatz, bog in eine Seitenstraße ein und hielt an, um sein Mobiltelefon herauszuholen.
Sie meldete sich nach dem zweiten Klingeln. »Kelly.« Eindeutig schwer beschäftigt. Ihre Tastatur klapperte im Hintergrund wie ein Maschinengewehr.
»Schaust du eigentlich nicht aufs Display, ehe du dich meldest?«
Das Klappern hörte auf, ehe er die Frage ganz ausgesprochen hatte.
»Frank!«
Er lächelte, als er die plötzliche Freude in ihrer Stimme vernahm.
»Zum Mittagessen schon was vor?«
»Nicht direkt, aber …«
Auch diesen Tonfall kannte er. »Du stehst unter Termindruck und kannst nicht
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