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Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Blutsverwandte: Thriller (German Edition)

Titel: Blutsverwandte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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nie leicht. Außerdem habe ich mich freiwillig dafür gemeldet.«
    »Lass mich wissen, wie es mit Ethan läuft. Und grüß Doug Robinson von mir.«
    »Mach ich. Und sag du mir, wie es mit Ben läuft.« Worauf ihm wieder einfiel, dass er sich dafür auch freiwillig gemeldet hatte. »Vielleicht geht es uns gar nichts an«, sagte er und wusste schon, während er es aussprach, dass er lediglich nach einer Ausflucht suchte.
    Schweigen.
    »Ich glaube, Ben hat ein Recht darauf, es zu erfahren«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass er es von jemand anders erfährt.«
    »Soll ich es ihm sagen?«
    Es wäre ihm lieber gewesen, doch aus völlig falschen Gründen. »Nein, ich rede mit ihm.«
    »Danke«, sagte sie, eindeutig erleichtert.
    Sie verabredeten sich zum Abendessen und beendeten das Gespräch.
    »Anscheinend lasse ich langsam nach«, murmelte er und fuhr davon, während er sich fragte, wie zum Teufel er Ben die Neuigkeit beibringen sollte.

29. KAPITEL
     
    MITTWOCH, 26. APRIL, 15:40 UHR LAS PIERNAS
     
    »Was willst du noch haben?«, fragte mich der Fotograf. Er hatte soeben mehrere Aufnahmen von einem Stofftier gemacht – einem Löwen, dem der größte Teil der Mähne, die Barthaare und ein Auge weggeschmust worden waren. Der Löwe war eines von vielen Stofftieren, die er fotografiert hatte, teils in Gruppen, teils allein. Doch vor allem hatte er den Löwen abgelichtet, der Squeegee hieß – den Grund dafür hätte nur eine ehemalige Dreijährige erklären können, die aber mangels Anwesenheit nicht gefragt werden konnte.
    Der Fotograf zeigte sich an diesem Nachmittag außerordentlich geduldig. Er hatte selbst kleine Kinder, eine Tochter und einen Sohn, und obwohl seine Ehe gut in Schuss war, schien ihn die Geschichte von Blake Ives zu beängstigen.
    Während er auf Spielzeugsafari war, hatte ich drei CDs mit Fotos von Blake Ives an mich genommen. Ives hatte große blaue Augen und dunkelgoldenes Haar; die vielen gerahmten Fotos seiner Tochter an den Wänden zeigten, dass sie diese Merkmale von ihm geerbt hatte. »Ich habe es genau so gemacht, wie Sie es haben wollten«, sagte er, als er mir die digitalisierte Version der Fotos überreichte. »Es sind welche dabei, auf denen wir alle drauf sind – Bonnie, Carla und ich. Aber vor allem Carla. Bonnie fand, ich würde zu viele Bilder von Carla machen.«
    Er sprach die Worte gelassen aus, und aller Groll blieb dahinter verborgen. Der aufbrausende Mann, der mich ein paar Tage zuvor angerufen hatte, war verschwunden. Weit von einem Wutausbruch entfernt, wirkte er nun schmerzlich beherrscht. Wir waren alle drei gedrückter Stimmung, was auf den Grund für das Treffen zurückzuführen war – nämlich das Carla-Museum zu fotografieren.
    Das Phänomen war mir nicht neu. Im Lauf der Jahre hatte ich etliche Artikel über Vermisste geschrieben und schon mehrere solcher Museen gesehen. Manche würden sie Schreine nennen. Einige Eltern von vermissten Kindern hatten sie, andere nicht. Ein paar konnten keine Erinnerungsstücke ertragen und packten sie binnen weniger Wochen weg, sei es aus Wut, Kummer oder Resignation oder allem zusammen. Andere begingen den ersten Jahrestag des Verlusts, indem sie alles auf den Dachboden schafften oder es an diesem Tag wegbrachten, als würden diese endgültigen Handlungen einen Schlussstrich unter alles ziehen. Zweifellos wussten sie, dass man einen Schlussstrich nicht so ohne Weiteres herbeiführen konnte, obwohl ihnen diese Handlungen vielleicht eine Art Erleichterung verschafften.
    Andere Eltern bewahrten das Zimmer des Kindes, wie es war, und schrieben ihm magnetische Kräfte zu, mit denen es den verlorenen Liebling zurückziehen würde. Die Einrichtung des Kinderzimmers und die Spielsachen darin wurden zu etwas Greifbarem, an dem man sich festhalten konnte, nachdem der Sohn oder die Tochter unfassbarerweise verschwunden war. Für manche waren diese Räume eine körperliche Demonstration der Erinnerung, eine trotzige Weigerung, loszulassen. Ein Zeichen beharrlicher Hoffnung. Manchmal frage ich mich, ob es etwas Grausameres gibt als beharrliche Hoffnung.
    Ives war ein Bewahrer. Carlas Zimmer war genau so, wie es gewesen war, als sie noch hier gelebt hatte. Sauber und staubfrei. Die Lieblingsspielsachen auf dem Bett, einschließlich des Löwen.
    Er trat an einen Schrank und zog ihn auf. »Ich habe die meisten ihrer Kleider weggegeben«, sagte er. »Außer ihrem Lieblingsschlafanzug. Ich weiß, dass er ihr jetzt nicht mehr passen wird, aber

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