Blutsverwandte: Thriller (German Edition)
Bruder durchsah.
»Der Staatsanwalt hat gesagt, Mason sei ins Atelier meines Vaters gegangen, mit ihm in Streit geraten und hätte erst ihn und dann Jenny umgebracht. Das kann nicht stimmen. Ich glaube, jemand hat ihn reingelegt.«
»Wie kommst du darauf?«, wollte ich wissen.
»Fangen wir mal bei Jenny an. Er hätte ihr nie etwas angetan – niemals. Der Staatsanwalt hat gemutmaßt, sie müsse ihn überrascht haben, als er meinen Vater umgebracht hat. Das ist ausgeschlossen.«
»Warum?«
»Wir hatten kein … wir waren keine Leute, die Kindermädchen haben. Wir haben uns selbst um Jenny gekümmert. Meine Mutter hatte sozusagen ihre zwei Babysitter im Haus. Mason und ich haben oft auf Jenny aufgepasst, vor allem Mason. Er war unheimlich gern mit ihr zusammen und hat sie sogar oft mitgenommen, wenn er gar nicht auf sie aufpassen musste. Ich … ich hatte nicht so viel Geduld wie er.«
»Kleinkinder können jeden noch so geduldigen Menschen auf die Probe stellen«, erklärte ich. »Sie hat mit dir unter einem Dach gewohnt, also hast du wahrscheinlich eine ganze Menge Geduld gebraucht. Du hast viel lernen müssen, weil du noch in der Schule warst, stimmt’s?«
»Ja«, sagte er, ohne sich auch nur das Mindeste zu verzeihen.
»Was hat Mason gemacht?«
»Er war – er ist Künstler.«
»Er hat bei eurem Vater gearbeitet?«
Caleb schüttelte den Kopf. »Nein, da wären sie sich nie einig geworden. Mein Dad wollte zwar, dass Mason bei ihm arbeitet, und er wollte ihm einiges über Kunst beibringen, aber Mason wollte selbständig sein. Er hatte schon ein paar Sachen verkauft.«
»Konnte er von seiner Kunst leben?«, fragte Frank.
»Nein, er hatte zusätzlich noch eine Band, in der er Keyboard gespielt hat. Damit hat er zwar keine Reichtümer angehäuft, aber sie hatten ein regelmäßiges Engagement in einem Club in der Stadt.«
»Du hast gesagt, er hat auf Jenny aufgepasst«, sagte ich. »Hat er sich damit auch Geld verdient?«
»Nein – ich meine, ja, er hat auf Jenny aufgepasst, aber er hat kein Geld dafür genommen. Meine Mom wollte ihm etwas dafür geben, aber das hat er nicht zugelassen.« Er holte tief Luft und atmete heftig aus. »Meine Mom hätte nie erlaubt, dass er auf Jenny aufpasst, wenn sie geglaubt hätte, dass Mason ihr etwas antun könnte. Wenn ihr Mason und Jenny je zusammen gesehen hättet … Auf jeden Fall hätte er gewusst, dass Jenny, wenn sie nicht bei mir oder Mom ist, bei Dad sein musste. Er kannte die Arbeitszeiten meiner Mom, und er wusste, dass ich in der Schule war.«
»Also war ihm klar, dass Jenny bei eurem Vater sein musste.«
»Genau – das hätte ihn garantiert nicht überrascht.«
»Okay«, sagte Frank. »Aber er wurde betrunken aufgegriffen …«
»Das ist noch so was, was hinten und vorne nicht stimmt«, erklärte Caleb.
»Betrunken und voller Barbiturate, soweit ich mich erinnere.«
»So wurde er gefunden, aber er hat sich nicht selbst in diesen Zustand versetzt. Er hat weder getrunken noch Drogen genommen.«
Ethan, der schon fast eingenickt war, setzte sich auf. »Was?«
Caleb verschränkte die Finger und legte die Hände auf die Papiere. »Das glaubt mir nie jemand«, sagte er, »außer denjenigen, die Mason kannten. Sobald die Leute hören, dass er Künstler war und in einer Band gespielt hat, gehen sie davon aus, dass er die ganze Zeit high war. War er aber nicht.«
»Das mit den Stereotypen kenne ich auch, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass manche Leute ihre Suchtgewohnheiten ziemlich gut vertuschen können«, erklärte Ethan.
Caleb sah zu ihm auf.
»Ein andermal«, sagte Ethan. »Erzähl weiter von Mason.«
Caleb seufzte. »Okay. Als Mason auf der Highschool war, ist er mit einem Mädchen namens Jadia gegangen. Sie war ziemlich wild, eine Art Einzelgängerin, und das war Mason in gewisser Weise auch. Du sprichst von Leuten, die ihre Süchte vertuschen können – Jadia hat getrunken und Gott weiß was noch alles, aber bis es längst zu spät war, hat man kaum etwas gemerkt.«
»Und war Mason lange mit ihr zusammen?«
»Eigentlich nicht. Es war eine typische Schülerliebe – hat nur ein paar Wochen gehalten. Allerdings lang genug für Mason, um herauszufinden, dass sie ein Alkoholproblem hatte.« Er hielt inne. »Ich weiß, dass er zwei Jahre, bevor er sie kennengelernt hat, mit ganz anderen Leuten … also, ich will ihn nicht in Schutz nehmen. Er hat alles Mögliche ausprobiert, und er hat auch hin und wieder mal getrunken, aber er hat sich
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