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Bluttat

Bluttat

Titel: Bluttat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Was präzise meinen Standpunkt Ihrem Bericht gegenüber wiedergibt: Eine frische Perspektive ist gefragt. Ich hoffe, Sie sind bereit, sie auch zu liefern.«
    Montez’ Augen folgten Weider, während sie zur Tür ging. »Wir sehen uns vor Gericht, Doktor.«
    Montez ging eine Sekunde später; er vermied es, mich anzusehen.
    Ich blieb eine Zeit lang sitzen. Fragte mich, was ich tun würde.
    Als ich das Parkhaus des Gefängnisses betrat, rief Sydney Weider meinen Namen. Sie stand neben einem eisblauen BMW-Kabrio und klopfte sich mit der Krokotasche gegen einen langen, mageren Oberschenkel. Links von ihr standen zwei Frauen und ein Mann.
    Weider winkte mir zu, als wären wir alte Kumpel. Ich ging zu ihnen hinüber. Als ich vor ihr stand, lächelte sie, als hätten wir gerade einen angenehmen Nachmittag miteinander verbracht. Sie zog eine der Frauen näher zu sich heran. »Dr. Delaware, das hier ist Troys Mom, Jane.«
    Jane Hannabee war einen Kopf kleiner als die Anwältin und schien unter ihrem Griff noch weiter zu schrumpfen. Meinen Unterlagen zufolge war sie achtundzwanzig Jahre alt. Ihr bleiches Gesicht war von tiefen Falten durchzogen. Ihr langärmliger Strickpullover wurde von einem breiten roten Streifen in zwei Teile geteilt und sah brandneu aus. Ihre zu weite Jeans und ihre weißen Freizeitschuhe ebenfalls. Eine tätowierte Schlange wand sich aus dem runden Halsausschnitt ihres Pullovers heraus. Der dreieckige Reptilienkopf lag unmittelbar hinter ihrem linken Ohr. Die Giftzähne gebleckt, eine Art Viper.
    Troys Mutter war schmal gebaut, hatte schmale Lippen, eine schmale Nase und strähnige Haare, die ihr über die Schultern fielen. Drei Löcher in jedem Ohr, aber keine Ohrringe. Ein winziger schwarzer Punkt neben ihrem rechten Nasenloch verriet, dass sie an dieser Stelle gepierct gewesen war. Eingefallene Wangen sprachen dafür, dass ihr einige Zähne fehlten. Ihre Augen waren blau und rot gerändert.
    Verkrustetes Make-up schaffte es nicht, einen blauen Fleck auf ihrer linken Wange zu verdecken.
    In dem Polizeibericht stand, dass Troy sie von Zeit zu Zeit geschlagen hatte.
    Sie sah älter aus als Weider.
    »Erfreut, Sie kennen zu lernen«, sagte ich.
    Jane Hannabee biss sich auf die Lippe, sah nach unten auf den ölfleckigen Boden des Parkhauses und gab mir flüchtig eine kalte, trockene Hand.
    »Doktor, ich bin sicher, Sie würden gern mit Ms. Hannabee reden«, sagte Sydney Weider.
    »Auf jeden Fall. Machen wir einen Termin.«
    »Warum nicht jetzt gleich?«
    Sie nahm die Sache in die Hand.
    Ich lächelte sie an, und sie erwiderte das Lächeln.
    »Sie haben doch Zeit für Troys Mutter, Doktor.«
    »Selbstverständlich«, sagte ich.
    Weider wandte sich den beiden anderen zu. »Vielen Dank, dass Sie sie hergebracht haben.«
    »Gern geschehen«, sagte der Mann. Er war Ende zwanzig, von stämmiger Statur und hatte wellige dunkle Haare, die mich an eine überreife Artischocke erinnerten. Ein breites, angenehmes Gesicht, fleischige Schultern, der kräftige Hals eines Ringers. Er trug einen Kordanzug in der Farbe von Erdnussbutter, schwarze Stiefel, ein marineblaues Hemd mit langem Kragen und eine babyblaue Krawatte.
    Sein weißgoldener Ehering war mit winzigen blauen Steinen besetzt und passte zu dem an der Hand der Frau neben ihm.
    Sie war ungefähr in seinem Alter, hatte ein wenig Übergewicht und sah mit ihren langen, toupierten Haaren, die fast weiß gebleicht und an den Seiten zurückgekämmt waren, äußerst hübsch aus. Ein weißes Leinenkleid leuchtete unter einer weichen, rosafarbenen Strickjacke. Eine dünne Silberkette mit einem Kruzifix hing um ihren Hals. Ihre Haut war bronzefarben und makellos.
    Der Mann machte einen Schritt nach vorn, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. »Drew Daney, Sir.« Dicke Finger, aber ein sanfter Griff.
    »Doktor, dies sind zwei Anhänger von Troy«, sagte Sydney Weider.
    Das klang so, als kandidiere der Junge für ein öffentliches Amt. Vielleicht war die Analogie nicht so weit hergeholt: Es handelte sich hier wirklich um eine Kampagne.
    »Das ist meine Frau Cherish«, sagte Drew Daney.
    »Ich kann nichts sehen, Schatz«, sagte die blonde Frau. Drew Daney machte einen Schritt zurück, und Cherish Daneys Lächeln wurde sichtbar.
    »Troys Anhänger«, sagte ich.
    »Seine geistlichen Berater«, sagte Cherish Daney.
    »Pfarrer?«
    »Noch nicht«, sagte Drew. »Wir studieren Theologie am Priesterseminar Fulton. Doktor, vielen Dank dafür, dass Sie sich um Troy kümmern.

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