Bluttat
oder der Schulpsychologe - hatte mehr als eine undeutliche Erinnerung an Troy oder Rand. Beide Jungen waren vor einem Jahr zum letzten Mal benotet worden. Mehrere Drei minus und zwei Vieren für Rand, was aus sozialen Gründen geschönt war; meine Tests hatten ihn als Analphabeten mit den mathematischen Kenntnissen eines Zweitklässlers ausgewiesen. Zweien, Dreien und Vieren für Troy. Er war als »intelligent, aber den Schulbetrieb störend« beurteilt worden.
Für die Sozialarbeiter waren die jungen Mörder Namen auf Formularen. Die Nachbarn stimmten alle darin überein, dass Rand Duchay vor seiner Verhaftung als harmloser Tölpel angesehen worden war. Jeder, mit dem ich sprach, war überzeugt, dass Troy Turner einen negativen Einfluss auf ihn gehabt hatte.
Auch im Hinblick auf Troy gab es keine geteilten Meinungen. Er wurde als gerissen, gehässig, gemein, »böse« angesehen. Erschreckend, trotz seiner geringen Größe. Mehrere Nachbarn behaupteten, er habe ihre Kinder bedroht, aber die Einzelheiten waren vage. Eine junge, nervöse Schwarze trat vor, als ich gehen wollte, und sagte: »Der Junge hat widerliche Sachen mit meiner Tochter gemacht.«
»Wie alt ist Ihre Tochter?«
»Nächsten Monat wird sie sechs.«
»Was ist passiert?«
Sie schüttelte den Kopf und eilte davon, und ich ging nicht hinter ihr her.
Ich bat darum, ein weiteres Gespräch mit den Jungen führen zu dürfen, wurde aber von Montez und Weider daran gehindert.
»Sie weigern sich hartnäckig«, informierte mich Tom Laskin. »Sie haben sogar eine einstweilige Anordnung beantragt, um Sie fernzuhalten.«
»Wo liegt das Problem?«, fragte ich.
»Meinem Gefühl nach liegt es vor allem an Weider. Sie ist von einer manischen Aggressivität.«
»Sie redet wie ein Maschinengewehr.«
»Alles läuft bei ihr auf einen Konflikt hinaus, auch wenn es gar nicht nötig ist«, sagte Laskin. »Sie sagt, Sie hätten mehr als genug Zeit mit ihrem Mandanten gehabt, und sie wolle nicht, dass Sie ihn durcheinanderbringen, bevor sie ihre eigenen Experten anschleppt. Montez ist ein Faulpelz, der geht den Weg des geringsten Widerstands. Ich könnte es vermutlich durchsetzen, Alex, aber wenn mein Urteil kassiert wird, dann lieber nicht wegen einer Lappalie. Brauchen Sie wirklich noch mehr Zeit?«
»Inwiefern sollte ich ihre Mandanten durcheinanderbringen?«
»Nehmen Sie’s nicht persönlich«, sagte er. »Das ist Anwaltsscheiße. Die beiden gehen grundsätzlich davon aus, dass Sie auf der Seite der Anklage stehen.«
»Ich habe kein Wort mit dem Bezirksstaatsanwalt gesprochen.«
»Das ist ein Ablenkungsmanöver. Sie bereiten alles vor, damit es von vornherein als anfechtbar gilt, wenn Sie etwas sagen, was ihnen nicht gefällt.«
»Okay«, sagte ich.
»Keine Sorge, ich werde Sie unter meine Fittiche nehmen, wenn Sie in den Zeugenstand treten. Wann darf ich also die Zusammenfassung Ihrer psychologischen Einsichten auf meinem Schreibtisch erwarten?«
»Bald.«
»Bald ist besser als die Alternative.«
Ich setzte mich hin, um meinen Bericht zu schreiben, wobei ich mit dem leichten Teil anfing - dem Tatort, den Hintergrundinformationen, den Testergebnissen. Aber selbst das war mühsam, und ich war noch nicht weit gekommen, als Lauritz Montez anrief.
»Wie geht’s, Doktor?«
Ich sagte: »Haben Sie Ihre Meinung geändert, was ein weiteres Gespräch mit Rand betrifft?«
»Vielleicht«, erwiderte er. »Mein Mandant hat beim ersten Mal rückhaltlos mit Ihnen zusammengearbeitet, nicht wahr? Sie werden nachdrücklich darauf hinweisen, stimmt’s?«
»Ich werde so unvoreingenommen sein, wie ich kann.«
»Sehen Sie«, sagte Montez, »die einstweilige Anordnung war Weiders Idee. Sie wissen, wie sie ist.«
»Eigentlich nicht.«
»Ist auch egal«, sagte er. »Sie erinnern sich, dass Rand rückhaltlos kooperiert hat.«
»Das tue ich.«
»Gut.« Seine Stimme klang angespannt. »Er ist ziemlich deprimiert.«
»Das überrascht mich nicht.«
»Der arme Junge«, sagte er.
Ich erwiderte nichts.
»Der Grund, weshalb ich anrufe, Dr. Delaware, ist der, dass Weider gerade eine separate Verhandlung beantragt hat. Verstehen Sie, was das heißt?«
»Sie will Troys Verteidigung von der Rands abtrennen.«
»Sie will mich bescheißen - Rand bescheißen. Ich dachte, wir wären auf derselben Wellenlänge, aber sie will uns übers Ohr hauen, verlegt sich darauf, alles meinem Mandanten in die Schuhe zu schieben, damit ihr kleiner Psychopath ungeschoren davonkommt. Ich dachte,
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