Bluttat
Milo.
»Bei so was sollte man doch annehmen, dass darüber berichtet wird.«
»Das würde voraussetzen, dass ein Reporter tatsächlich herumschnüffelt«, erwiderte Milo.
»Das ist richtig«, sagte Kramer. »Diese Typen ernähren sich von Pressemitteilungen.« Kurze Pause. »Anders als wir, was, Milo? Wir rennen den Problemen hinterher. Stecken unsere Finger in Löcher, während die Welt überflutet wird.«
Milo brummte zustimmend.
Kramer sagte: »Ihr bringt mich besser wieder zurück, Jungs. Das hätte mir noch gefehlt, dass was Aufregendes passiert, wenn ich nicht da bin. Und Fritzi braucht eine Toilettenpause.«
Er zog seine Kreise zurück zum Rexford Drive.
»Lass mich in der Gasse hinter dem Haus raus, Milo. Ich hab ein kleines Stück Klebeband unten an der Wohnungstür festgemacht und will nachsehen, ob es jemand zerrissen hat.«
»Superschnüfflerin«, sagte Milo.
»Ich kann es kaum erwarten, diesen Fall abzuschließen. Sobald ich fertig bin, fährt Dwayne mit mir auf die Fidschi-Inseln.«
»Aloha.«
»Du solltest dir auch ein bisschen Sonnenschein gönnen, Milo.«
»Ich werde nicht braun.«
»Hier kannst du mich rauslassen, mein Großer.«
Milo ließ den Wagen hinter einem weißen, kastenförmigen Apartmentkomplex ausrollen, an dessen Rückseite Parkbuchten lagen. Kramer stieg aus, setzte den Pudel zu Boden, beugte sich in sein Fenster und berührte ihn an der Schulter. »Behandeln dich die hohen Tiere so einigermaßen?«
»Sie lassen mich in Ruhe«, sagte er.
»Das ist eine Art von einigermaßen.«
»Das ist eine Art von Nirwana.«
»Was hältst du davon?«, fragte er mich, als wir aus der Gasse rauskamen und auf dem Gregory Drive nach Westen fuhren.
»Sie hat gute Arbeit geleistet und nicht sehr tief gegraben.«
»Was ist mit der Bemerkung: Über der Familie hing eine dunkle Wolke?«
»Klingt ziemlich nah an der Realität.«
Er schnaubte. »Sehen wir uns mal nach der anderen lebenden Verwandten Lara Malleys um. Und stellen fest, wie ihre Realität aussieht.«
18
Nina Balquin war mit einer Adresse an der Bluebell Avenue in North Hollywood aufgeführt.
Nicht weit vom Schauplatz des Selbstmords ihrer Tochter. Auch nicht weit von dem Einkaufszentrum Buy-Rite oder dem Park, in den ihre Enkelin gebracht worden war, um dort ermordet zu werden.
Ebenfalls nur eine kurze Fahrt zum Haus der Daneys in Van Nuys.
Von Barnett Malleys Flucht in die ländliche Einsamkeit abgesehen, hatte der Fall ein enges Netz geworfen.
Milo bekam die Telefonnummer, sprach kurz mit ihr und schloss mit: »Vielen Dank, Ma’am, das machen wir.«
»Los geht’s«, sagte er. »Sie ist überrascht, dass ich mit ihr über Barnett reden möchte, nicht ärgerlich. Ganz im Gegenteil, sie ist verdammt einsam.«
»Das hast du während eines Gesprächs von dreißig Sekunden bemerkt?«
»Ich hab überhaupt nichts bemerkt«, erwiderte er. »Sie hat es mir ohne Umschweife gesagt. ›Ich bin eine einsame Frau, Lieutenant. Jede Gesellschaft wäre mir recht.‹«
Das Haus war ein Bungalow im Orange einer Honigmelone auf einer hellen, heißen Straße. Der Rasen sah aus wie grüne Kieselsteine. Ein Gartenschlauch lag lose aufgerollt neben der Eingangstreppe, vielleicht um damit die Wasserbrotwurzel zu gießen, die die halbe vordere Hauswand bedeckte. Auf dem Fußabtreter aus Sisal stand DJB über einem Wappen. Die Türglocke ließ Do-Re-Mi erklingen.
Die Frau, die die Tür aufmachte, war zierlich, unbestimmbaren mittleren Alters, hatte eng stehende blaue Augen und eine glänzende Spannung im Bereich der Wangenknochen, die die Vorzüge des Skalpells der Schönheitschirurgen hinaustrompetete. Sie trug eine taillierte Bluse aus orangefarbenem Krepp, schwarze Leggings und rote, mit Drachen bestickte Chinatown-Hausschuhe. Ihre braunen Haare waren kurz geschnitten wie bei einem Jungen, und die fedrigen Koteletten rollten sich nach vorn auf. In ihrer rechten Hand hielt sie eine Fernbedienung. Von einer Zigarette in ihrer Linken wehte Rauch nach unten, der sich auflöste, bevor er ihr Knie erreichte.
Sie klemmte sich die Fernbedienung unter den Arm. »Lieutenant? Das hat nicht lange gedauert. Ich bin Nina.« Ihr Mund lächelte, aber die glasige Haut in unmittelbarer Umgebung spielte nicht mit, wodurch das Lächeln seines emotionalen Gehalts beraubt wurde.
Das Haus hatte keine Eingangsdiele, und wir traten direkt in einen paneelierten Raum, mit einer schrägen, von Dachbalken durchzogenen Decke. Das gesamte Furnier war aus
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