Bluttat
Schuldrückstände. Wie in dem Fall, an dem ich gerade arbeite. Die Frau konnte ihren Mann nicht ausstehen und tat alles in ihrer Macht Stehende, im Lauf der Scheidungsverhandlungen so viel aus ihm rauszuholen wie nur möglich. Aber sie ist völlig ausgeflippt, als sie ihn ausgeblutet in der Badewanne liegen sah, und jetzt erinnert sie sich an alle möglichen schönen Dinge im Zusammenhang mit ihm und macht sich Vorwürfe.«
»Hat Barnett irgendwelche Schuldgefühle zum Ausdruck gebracht, weil Lara seinen Revolver benutzt hatte?«, fragte Milo.
»Nein«, sagte Kramer. »Nichts dergleichen. Ich habe auch mit Laras Mutter gesprochen, und sie hat im Grunde das Gleiche gesagt.«
»Ist sie mit Barnett gut ausgekommen?«, fragte ich.
»Diesen Eindruck hatte ich nicht, aber sie ist nicht so weit gegangen, etwas Schlechtes über ihn zu sagen«, erwiderte Kramer. »Gesagt hat sie allerdings, dass Lara nach Kristals Tod wirklich schwer zu kämpfen hatte und dass sie sich machtlos fühlte, irgendetwas dagegen zu tun, die arme Frau. Ihr Name war Nina. Nina Balquin. Sie war völlig fertig. Was ja schließlich auch kein Wunder war.«
»Lara hat Medikamente geschluckt«, sagte ich. »Hat sie die von einem Hausarzt verschrieben bekommen?«
»Lara weigerte sich, zu einem Psychotherapeuten zu gehen, deshalb hat Nina ihr ein paar von ihren Pillen gegeben.«
»Mom hatte auch Depressionen?«
»Wegen Kristal«, sagte Kramer. »Vielleicht war das nicht alles. Auf mich machte es den Eindruck, als ob diese Familie im Lauf der Jahre einiges durchgemacht hätte.«
»Was zum Beispiel?«, fragte Milo.
»Es war nur so ein Gefühl - ich bin sicher, Sie haben das schon gesehen, Doktor. Über manchen Familien scheint eine dunkle Wolke zu hängen. Aber vielleicht ist meine Meinung auch nicht objektiv, weil ich sie zu einer ganz schlechten Zeit gesehen habe.«
»Zweimal«, sagte ich.
»Schlimmer geht’s nicht. Ich bekomme eine ernste Depression, wenn ich nur daran denke«, sagte Kramer. Sie lachte leise und streichelte den Pudel. »Fritzi ist meine Therapeutin. Sie liebt Überwachungen.«
»Geht auf einer geraden Linie und redet nicht«, sagte Milo. »Der perfekte Partner.«
»Und kann in aller Öffentlichkeit pinkeln.«
Milo kicherte. »Sonst noch etwas, womit du uns weiterhelfen könntest, Sue?«
»Das war’s, Jungs. Diese Fälle haben mich so verdammt traurig gemacht, dass ich es gar nicht abwarten konnte, sie abzuschließen. Daher hab ich vielleicht bei Lara etwas übersehen, ich weiß nicht. Aber es gab wirklich keinen Hinweis darauf, dass Barnett etwas damit zu tun hatte.« Sie seufzte.
Milo sagte: »Ich hätte es nicht anders gemacht, Sue.«
»Glaubst du wirklich, er könnte sie umgebracht haben?«
»Du kennst ihn besser als ich.«
»Ich kannte ihn als trauernden Vater.«
»Als wütenden trauernden Vater.«
»Ist es nicht Wut, womit Männer alle Dinge regeln?«
Keiner von uns beiden antwortete.
»Falls Barnett Lara vorgeworfen hat, sie wäre fahrlässig gewesen, hat er das zu mir nie gesagt. Halte ich es für möglich, dass er auf die Entlassung Duchays wartet und seine Rachenummer abzieht? Ich glaube schon. Ich weiß, dass er glücklich war, als der Turner-Junge im Gefängnis abgestochen wurde.«
»Hat er das gesagt?«, fragte Milo.
»Jep. Ich hab ihn angerufen, um ihn darüber zu informieren. Dachte mir, es käme vielleicht in die Zeitung, und auf diese Weise sollte er es nicht erfahren. Er hörte zu und sagte nichts, es entstand ein langes Schweigen. Da sagte ich: ›Barnett?‹ Und er sagte: ›Ich hab Sie verstanden.‹ Ich sagte: ›Alles in Ordnung mit Ihnen?‹ Und er sagte: ›Danke für den Anruf. Wie schön, dass wir ihn los sind.‹ Dann legte er auf. Ich muss sagen, das hat mir eine kleine Gänsehaut bereitet, weil Turner erst dreizehn Jahre alt war, und die Art und Weise, wie er gestorben ist, war ekelhaft. Trotzdem, es war nicht mein Kind, das er umgebracht hatte. Je länger ich über Barnetts Schmerzen nachdachte, desto mehr dachte ich, er hätte ein Recht dazu.«
»Hat Barnett je über Rand gesprochen?«, fragte Milo.
»Nur vor der Verkündung des Strafmaßes. Er sagte, dass sie das bekommen sollten, was sie verdienten. Was sie schließlich auch getan haben, nehme ich an.«
Milo blieb an einer Ampel an der Doheny stehen.
»Ich erinnere mich«, sagte Sue Kramer, »dass Turners Tod in der Zeitung stand, aber ich habe nichts über Duchay gelesen. Ist was darüber erschienen?«
»Nein«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher