Bluttaufe: Thriller
zwischen Ihnen und unserem Täter geben.«
»Woraus schließen Sie das?«
»Selbst planende Täter hinterlassen in der Regel eine persönliche Handschrift.«
»Das ist doch Unsinn«, sagte Weitz. »Da kann er sich ja gleich melden.«
Kaja Winterstein zögerte, sah Weitz ein paar Sekunden stumm an und fuhr fort.
»Diese persönliche Handschrift wird vom Täter meist unbewusst hinterlassen. Es ist das, was er außer der reinen Tötungshandlung tut. Ich hab das bereits erwähnt.
Etwa das Schließen der Augen der Leiche, eine bestimmte Handlung in der Wohnung oder der Umgebung des Tatortes. Vielleicht auch, dass er die Gläser abspült, bevor er geht, Wäschestücke mitnimmt. Es ist sein Markenzeichen. Doch genau das fehlt.«
»Er hat den Opfern die Augenlider festgeklebt«, sagte Hensen.
»Ja, und zwar vor der Tötungshandlung. Doch ob das wirklich ein wesentliches Merkmal seiner Handschrift ist, wird sich erst bei Leiche drei oder vier herausstellen. Noch hat er alles unter Kontrolle.«
»Warum überhaupt eine Handschrift?«, sagte Tannen.
Hensen räusperte sich.
»Sigmund Freud. Da ist etwas, das aus seinem Unterbewusstsein drängt und das er nicht steuern, nicht verhindern kann. Es ist so gut wie unmöglich, alle seine Handlungen am Tatort oder Ablageort festzulegen und nach diesem Plan vorzugehen. Es gibt immer dieses ›Darüber hinaus‹, nur, dass wir es finden müssen.«
»Also eine Botschaft wie ›Hey Leute, ich bin ein wirklich böser Junge und ich werde weitermachen, also erwischt mich‹?«, fragte Weitz und beugte sich dabei vor.
»Kommt hin. Ein Strafbedürfnis«, sagte Kaja Winterstein. »Bei diesem Täter allerdings …«
»Ist alles anders«, stöhnte Mangold.
»Möglich, dass bei ihm der psychische Apparat anders tickt. Dass es so etwas wie das ›Es‹ in der herkömmlichen Form nicht gibt«, sagte Kaja Winterstein.
»Das was?«, fragte Weitz.
»Das Gewissen. Es geht um die moralische Instanz, die dieses Töten bewertet. Also möglich, dass die bei ihm nicht oder nur rudimentär ausgeprägt ist. Es gibt keinerlei Erfahrungen mit einem tötenden Savant.«
Mangold stieß seinen Notizblock ein paar Zentimeter von sich.
»Und damit helfen uns alle Qualifizierungen, Serientäter-Statistiken oder Viclassysteme nicht weiter. Weil er mit seinen Savant-Fähigkeiten die Situation vollkommen kontrolliert, anscheinend in einem sterilen Overall zu Werke geht und sich in unseren Ermittlungsmethoden bestens auskennt.«
Kaja Winterstein seufzte.
»Ich erwarte, dass er seine Taten ausschlachten, seine
Macht demonstrieren will. Er wird sich schon bald an die Medien wenden.«
»Bekennerschreiben, Hinweise auf die stockenden Ermittlungen, Polizisten, die im Dunkeln tappen?«, wollte Mangold wissen.
»Ganz genau«, sagte Kaja Winterstein. »Das volle Programm. Letztlich geht es bei dieser Art von Taten um die Demonstration von Macht. Deshalb müssen wir die Ablageorte beobachten. Häufig kehrt der Täter dorthin zurück, um seinen Kick noch einmal zu genießen. Ich glaube das bei diesem Täter zwar nicht, aber wir müssen sichergehen.«
»Bei der Intelligenz des Täters sollten wir uns alle juristischen Klagen gegen die Polizei ansehen«, schlug Hensen vor. »Wenn es sich tatsächlich um einen Savant handelt, dann muss er aufgefallen sein.«
»Machen wir unsere Hausaufgaben und warten ab«, sagte Mangold.
»Ich denke, wir sollten sie sehr gründlich machen, denn er wird nicht aufhören. Nichts deutet darauf hin, absolut nichts. Er fühlt sich sicher. Und er fühlt sich wohl.«
»Dreckschwein«, sagte Weitz. »Ich würde ihm am liebsten einen Lötkolben in den Arsch schieben.«
»Genau das«, sagte Kaja Winterstein, »könnte die sexuelle Fantasie eines derartigen Serientäters sein.«
»Ich wusste doch schon immer, dass etwas Besonderes in mir steckt«, erwiderte Weitz und grinste.
Tannen starrte ihn böse an und wandte sich dann an Mangold.
»Was ist mit dieser Zahlen-Buchstaben-Kombination, die er uns übermittelt hat?«
Hensen sah von seinem Papier auf und sagte:
»Ja, die Adresse des zweiten Opfers ist Carlstraße 1 c. Und der Mann hat im vierten Stock gewohnt. Also 1 c 4. Wenn es sich beim Täter tatsächlich um ein Genie handelt, wäre das zu einfach. Warum sollte er uns die Adresse eines Opfers übermitteln, das wir längst gefunden haben?«
»Bremer Partie«, sagte Weitz. Dann blätterte er wieder in seinen Unterlagen.
»Was?«, sagte Mangold.
»Bremer Eröffnung,
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