Bluttaufe: Thriller
hat. Bis jetzt kam kein Hinweis ohne einen tieferen Sinn. Aber damit tappen wir völlig im Dunkeln.«
»Wir gehen durch den finsteren Wald, möglich, dass es nur eine Eröffnungsrede für sein perverses Spiel ist.«
Hensen befestigte den Zettel an der hinter ihm hängenden Pinwand.
»Ich kümmere mich mal um Kryptologie«, sagte er. »Wir wissen immer noch nicht, was er mit dieser Zeichenabfolge auf dem Tischtuch des Letzten Abendmahls meint, die wir auch im Wohnwagen-Rollo gefunden haben.«
Plötzlich sah Tannen auf, und Mangold konnte sehen, wie ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich.
»Wie kommst du hier rein?«, stammelte er.
Erst jetzt bemerkte Mangold die Frau, die ihm vom Eingang her zuwinkte. Eine atemberaubende Erscheinung.
Die weißblonden Haare fielen über ihre weiße Bluse bis zum cremefarbenen Rock. Die ohnehin langen Beine wurden mit einer weiß durchwirkten Strumpfhose verlängert. Auf ihren rosa Pumps schwebte sie an den Schreibtischen vorbei.
»Hendrik, hallo.«
Mangold sah erstaunt zu Tannen, der sich mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck von seinem Schreibtisch erhob. Selbst Sienhaupt blickte auf und winkte der Frau begeistert zu. Sie winkte fröhlich zurück.
»Das ist ja ein lustiger Verein, das hast du mir gar nicht erzählt«, sagte sie.
»Joyce, wie bist du hier reingekommen?«
»Ich massiere eurem Chef den Nacken.«
»Wirch?«
»Dem Präsidenten. Ich hab gedacht, wo ich schon mal da bin, kann ich auch was für deine Entspannung tun.«
Hensen ließ vor Begeisterung seinen Bleistift auf die Tischplatte fallen und sah Mangold viel sagend an.
»Wie iss es?«, sagte Joyce zu Tannen. Der schüttelte den Kopf und sagte: »Komm, wir gehen in die Kantine.«
»Keine Massage, keine Blitzentspannung?« Dann wandte sie sich an die gesamte Runde und rief: »Niemand hier, der eine Massage gegen den Stress gebrauchen kann?«
Zaghaft meldete sich erst einer, dann zwei der Kollegen, auch Hensen streckte seine Hand wie ein braver Schuljunge in die Höhe. Es folgte ein Gelächter, dem sich nur Tannen nicht anschließen mochte.
»Nein, im Ernst, ich wollte mal sehen, wo du arbeitest«, sagte sie.
Tannen stellte ihr Mangold vor.
»Das mit der Massage für den Chef war ein Scherz, oder?«, fragte Mangold.
»Absolut nicht«, sagte sie. »Ich bin so eine Art mobile Masseurin und Yoga-Lehrerin. Meine Massagebank steht draußen, wollen Sie sie sehen?« Mangold vertröstete sie auf ein andermal, denn im Moment sei es ganz schlecht.
Während sie sich auf Tannens Schreibtisch setzte, raunte Hensen Mangold zu: »Hätte ich Tannen gar nicht zugetraut.«
Mangold druckte die Zeichenfolge aus und sah sich den Zettel an. Was mochten diese Blütenform, der Kopf, eine Art Spaten, ein laufender Mensch und ein Baum bedeuten?
»Joyce, lieber nicht«, sagte Tannen, doch seine Freundin ließ sich nicht aufhalten und wandte sich an Mangold.
»Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich Ihrem Superhirn da hinten eine Nackenmassage verpasse?«
»Nur zu, wenn seine Schwester einverstanden ist«, sagte Mangold.
»Kryptologie?«, sagte sie und deutete auf den Zettel, den Mangold vor sich liegen hatte.
»Kennen Sie sich damit aus?«
»Leider nicht, ich hab im achten Semester von Ethnologie auf vergleichende Religionslehre umgesattelt. Keilschrift hab ich ja kennen gelernt, aber die ist in der Regel spärlicher gestaltet, schneller in Ton zu ritzen. Allerdings kommt mir das bekannt vor. Haben Sie es mal mit ägyptischen Hieroglyphen aus der Zeit des Alten Reiches probiert? 2707 bis 2639 v. Chr.?«
Dann trat sie auf Sienhaupt zu und fragte ihn mit einer
Geste, ob sie ihn anfassen durfte. Sienhaupt hüpfte begeistert auf seinem Knautschsessel.
Hensen gab Mangold ein Zeichen.
»Unglaublich«, zischte er. »Warum trifft man solche Frauen nicht einfach so … und bevor andere sie treffen?«
Tannen schielte zu seiner Freundin und wandte sich wieder seinem Computer zu.
Während Joyce den Nacken von Sienhaupt massierte, blickte der sie von unten über die Schulter an, als stände er kurz davor, ihr einen Heiratsantrag zu machen.
Mangold nahm den Zettel mit dem Ausdruck der Zeichen und brachte ihn Sienhaupt. Der räkelte sich unter den Händen der Masseurin wie eine Katze und griff sofort zu. Dann begann er, die Zeichen mit Buntstiften auszumalen.
»Er versteht sie besser, wenn sie farbig sind«, sagte Ellen Sienhaupt, die sich in ein Buch über Neurobiologie vertieft hatte.
»Hat er schon dran gerochen?«,
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