Bluttaufe: Thriller
hinter der Sperre, die die ankommenden Fluggäste passieren mussten, bevor sie den Ausgängen entgegenstrebten. Drei Zöllner standen mit verschränkten Armen am Rand und beobachteten betont uninteressiert die Passagiere. Eine Frau mit einem Schleier sah sich um und versuchte in der Menge ein bekanntes Gesicht zu entdecken. Ihre Tochter presste einen Teddy an die Brust und begann dann freudestrahlend zu winken.
Mangold sah auf die Uhr. Zehn Minuten bis zur geplanten Ankunftszeit der Maschine aus Zürich. Änderungen waren auf der Tafel nicht vermerkt.
Er schlenderte zur kleinen Stehbar und bestellte sich einen Kaffee. Zwei Männer saßen auf ihren Hockern und blätterten in Zeitungen, ein anderer blickte angespannt auf sein Notebook.
Den Teddy immer noch fest an die Brust gedrückt, schleppte die Kleine ihre Oma zum Verkaufstresen der Bar. Aufgeregt zeigte sie auf ein Eis. Die Oma bestellte und die Kleine schob ihren mit einem Gurt befestigten Teddy auf den Rücken. Sie sah sich um, konnte aber keinen Mülleimer entdecken. Unbemerkt von Oma und Mama drückte sie die Verpackung gegen die Glasscheibe der Vitrine. Das Papier rutschte ab, sie leckte das Papier an und drückte es noch einmal fest gegen die Glasscheibe.
»So könnte es sein«, sagte Mangold. »Das würde allerdings bedeuten …«
Zwanzig Minuten später stürmte Kaja Winterstein durch die Tür.
Statt ihn zu begrüßen, sagte sie: »Sie geht nicht ans Handy. Warum ist es ausgeschaltet?«
»Akku leer und Ladekabel vergessen. Oder nicht daran gedacht, es wieder einzuschalten.«
»Was ist los?«, fragte Kaja Winterstein misstrauisch. »Warum das Begrüßungskomitee?«
»Wir haben eine Tote, der die Hände abgehackt wurden, aber es ist nicht Leonie.«
»Mein Gott«, sagte Kaja Winterstein und ließ sich auf ihren Koffer sinken.
»Eine Tote? Und ihr kommt auf die Idee, dass es Leonie sein könnte?«
»Die Fingerabdrücke wurden manipuliert.«
»Wie soll das gehen? Fingerabdrücke sind ebenso wie die DNS ein gerichtsverwertbarer Beweis!«
»Ich weiß es nicht. Noch nicht.«
Auf dem Rückweg ins Präsidium brachte Mangold sie auf den neuesten Stand der Ermittlungen. Als er die Sprache auf die an sie adressierte Samenspende brachte, zuckte sie zusammen. Sie fingerte eine Zigarette aus ihrer Handtasche und inhalierte tief. Nein, sie habe eine Probe oder ein entsprechendes Gefäß nie zu Gesicht bekommen. Auch die Klinik sei ihr unbekannt.
Im Präsidium wartete Tannen mit der Folie, auf der die Fingerabdrücke aus Leonies Kinderzimmer fixiert worden waren.
Bevor er sich setzte, winkte Mangold zu Sienhaupt hinüber. Doch der machte zum ersten Mal, seit sie ihn hier im Präsidium vor einen Computer gesetzt hatten, ein ernstes und angestrengtes Gesicht. Deutlich war eine Falte über seiner schief sitzenden Goldrandbrille zu erkennen. Seine Finger flatterten ein paar Zentimeter über der Tastatur,
als könnte er sich nicht entscheiden, was er eingeben sollte.
»Und jetzt?«, fragte Tannen.
»Geben Sie mir den Ausdruck, der uns von der griechischen Polizei geschickt wurde.«
Tannen reichte ihm das Fax.
Mangold öffnete eine Schublade seines Schreibtisches und förderte eine Lupe zutage.
»Ein bisschen aus der Mode gekommen«, sagte er.
Er blickte auf die beiden Fingerabdrücke vor sich.
»Kein Zweifel. Das, was uns die griechische Polizei geschickt hat und was von den Kollegen abgenommen wurde, ist nicht identisch.«
»Wie ist das möglich?«, sagte Tannen.
»Öffnen Sie einfach die Fingerabdruck-Datei auf Ihrem Computer.«
»Aber die haben Sie vor sich.«
»Sicher, die habe ich vor mir. Aber wenn Sie versuchen, die Datei mit Ihrem Computer zu öffnen, verändert sie sich. Verstehen Sie?«
Tannen schüttelte den Kopf.
»In Ihrem Computer steckt ein kleines, nettes Programm, das die Fingerabdruck-Datei verändert hat. So einfach ist das.«
Mangold blickte zu Sienhaupt hinüber, doch der hielt immer noch seinen Kopf gesenkt.
»Rufen Sie jetzt die gespeicherte Datei von den Abdrücken aus Leonies Kinderzimmer auf, und dann ausdrucken.«
Der Vergleich bestätigte Mangolds Verdacht. Der im Computer gespeicherte Abdruck war nicht der gleiche wie das Original.
»Der Computer spinnt«, sagte Kaja Winterstein.
»Keineswegs«, widersprach Mangold. »Er macht genau das, was man ihm sagt. Wird der Name der Datei aufgerufen, startet das Programm und der Fingerabdruck wird ersetzt.«
»Unsere Systeme sind abgeschottet, das ist nicht
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